„Steht unmittelbar bevor“Russischer Weltmeister sagt Putins Ende voraus – und nennt einen Zeitraum

Schachweltmeister Garri Kasparow (r.) bei einer Pressekonferenz in Norwegen (August 2014).

Schachweltmeister Garri Kasparow (r.) bei einer Pressekonferenz in Norwegen (August 2014). Kasparow sagt Putins Ende in wenigen Jahren voraus.

Der russische Schachweltmeister und Schachbuchautor Garri Kasparow ist sich sicher: Der Zusammenbruch Russlands steht unmittelbar bevor. Putins imperialen Ambitionen werden seiner Meinung nach dazu führen, dass das Land für viele Jahre darunter leiden wird.

von Martin Gätke (mg)

Vor über zwei Jahrzehnten sorgten seine Wettkämpfe weltweit für riesigen Wirbel, damals hieß es: Russland gegen die Welt. Die Rede ist von Schach und von Garri Kasparow, dem legendären Schach-Profi, der sich mit den weltbesten Spielerinnen und Spielern gemessen hat. Russland wollte an die erfolgreiche Schach-Vergangenheit aus sowjetischen Tagen anknüpfen.

Heutzutage, über 20 Jahre später, versucht Wladimir Putin ebenfalls, eine UdSSR-Vergangenheit wiederherzustellen – und sieht in ihr ein Modell für seine eigenen imperialen Absichten. Nachdem er im Februar 2022 die Ukraine überfallen hat, verschiebt sich die Weltordnung. Schach-Profi Kasparow, der heute nicht mehr am Schachbrett kämpft, sondern für mehr Demokratie in Russland, erklärt, welche Konsequenzen der Krieg auch für seine Heimat haben – und wie die Zukunft des Landes aussehen könnte.

Kasparow über Russland: „Wird innerhalb der nächsten fünf Jahre kleiner sein“

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass Russland innerhalb der nächsten fünf Jahre erheblich kleiner sein wird“, sagte Kasparow gegenüber „Newsweek“. Und ergänzt: „Ich denke, der Zusammenbruch des russischen Imperiums steht unmittelbar bevor“ – spätestens bis zum Jahr 2028. 

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Den Krieg in der Ukraine bezeichnet er als „Völkermord“, dessen Folgen Russland „noch jahrzehntelang begleiten werden“. Er meint, dass autonome russische Gebiete wie die Republiken Tatarstan, Baschkortostan und Tschetschenien „sehr wahrscheinlich abwandern werden“. 

Putin habe seine imperialen Ambitionen offen zur Schau gestellt, so Kasparow, und das bereits seit der Einnahme der Krim im Jahr 2014.

„Es ist ganz klar, dass das russische Imperium aufhören muss zu existieren“, so Kasparow. „Die Frage ist nur, ob die freie Welt eine Politik mitentwickeln wird, die anderen Kräften in Russland dabei helfen könnte, den Staat so zu reformieren, dass er künftig ein Verbündeter der euro-atlantischen Welt wird – oder ob es völlig außer Kontrolle geraten wird?“

Russlands Zukunft: „Wir müssen bei Null anfangen“

Deshalb ist Kasparow der Meinung, dass die Ukraine alle Waffen erhalten sollte, die sie braucht, um einen Sieg zu erringen, denn dies würde Putins Regime beenden. „Und zwar zu einem Zeitpunkt, an dem wir noch einige Elemente des russischen Regierungsmechanismus haben, die in ein neues Regierungssystem eingebracht werden könnten“.

Der Schach-Profi selbst stellt sich das neue Russland als parlamentarische Republik oder lose Föderation vor, sicher sei aber in jedem Fall: „Wir müssen bei Null anfangen“.

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Der einstige Schachweltmeister wandte sich nach seinem Rücktritt vom Sport der Politik zu, gründete die „Vereinigte Bürgerfront“, eine soziale Bewegung, die sich für den Erhalt der Demokratie einsetzt. Seit Jahren warnt Kasparow vor der Bedrohung, die Putin für die Weltordnung darstellt, verglich ihn 2015 in seinem Buch „Winter is Coming“ gar mit Adolf Hitler.

Kasparow lehnt die russische Opposition in seinem eigenen Land ab, hält ihnen vor, sie würden unter der Schirmherrschaft des Kreml agieren. Für ihn muss eine echte Opposition drei wichtige Zusagen machen: „Der Krieg ist kriminell, das russische Regime ist illegitim. Die Krim gehört zur Ukraine.“

Seit Beginn des Krieges hat sich das Vorgehen gegen Kritikerinnen und Kritiker, gegen Andersdenkende extrem verschärft, Tausende wurden inhaftiert. Putin-Gegner, die nicht ins Exil gehen konnten, leben gefährlich. Für Kasparow sind diese Menschen „Helden“: „Der Moment wird kommen, in dem das System zusammenbricht, und dann brauchen wir diese Menschen. Wir brauchen diese Wut.“