„Nicht Ukraine ist der Feind, sondern diese Monster“Putins Rede deutet an, auf welchen Krieg er sich vorbereitet

Der russische Präsident Wladimir Putin spricht am Dienstag (5. September 2023) während einer Sitzung des „Pobeda“-Organisationskomitees.

Der russische Präsident Wladimir Putin spricht am Dienstag (5. September 2023) während einer Sitzung des „Pobeda“-Organisationskomitees.

Der russische Präsident Wladimir Putin sprach am Dienstag in Moskau während einer Sitzung des „Pobeda“-Organisationskomitees über seinen Angriffskrieg in der Ukraine. Dabei zog er Vergleiche mit dem Zweiten Weltkrieg, die darauf hindeuten, dass sich Russland auf einen langen Krieg vorbereitet.

von Martin Gätke (mg)

Was Putin zu Beginn seiner Rede zu sagen hat, während er via Video in die Sitzung des „Pobeda“-Organisationskomitees zugeschaltet ist – einem Komitee, das sich um die patriotische Erziehung in Russland kümmert – gleicht sehr dem üblichen Propaganda-Geschwafel.

Doch dann zieht er einen bemerkenswerten Vergleich – einen, der laut Fachleuten darauf hindeutet, wie der Krieg aus seiner Sicht verlaufen wird. 

Ukraine: Putin zieht in Rede Vergleich mit Zweitem Weltkrieg

Der zugeschaltete Putin erklärte bei dem „Pobeda“-Treffen (zu Deutsch: „Sieg“), dass Russland nicht gegen die Ukraine kämpfe. „Sondern gegen ‚Banderiten‘-Monster und ihresgleichen“, so Putin. „Es ist notwendig, die Beweise auszugraben und sie der Welt zu zeigen, damit es keine Missverständnisse darüber gibt, wen wir bekämpfen. Damit klar und verständlich ist, welche Ziele wir verfolgen und wer unser Feind ist. Es ist nicht das ukrainische Volk, sondern diese Monster und ihre Anhänger.“

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Der Begriff „Banderit“ erinnert an den einstigen ukrainischen Partisanenführer Stepan Bandera und die radikalnationalistische und antisemitische OUN-B, ein Teil der „Organisation Ukrainischer Nationalisten“. Das „B“ steht für Bandera-Leute, auch „Banderiten“ genannt. Sie beteiligten sich während des Zweiten Weltkriegs an der Ermordung von Hunderttausenden Jüdinnen und Juden durch die Deutschen in der Westukraine.

Bandera wird vom Kreml immer wieder propagandistisch ausgeschlachtet, so auch diesmal. Der Präsident will in seiner Rede erneut klarmachen, dass es ihm um eine „Entnazifizierung“ der Ukraine gehe – seit Tag eins nennt der Kreml dies als Vorwand für den Überfall des Landes.

Anschließend zog Putin während seiner Rede den Vergleich zwischen der eigenen „Spezialoperation“ und dem sowjetischen Kampf gegen Nazi-Deutschland. Er erinnerte an die Opfer, die in den wichtigsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs, der in Russland als „Großer Vaterländischer Krieg“ bekannt ist, erbracht wurden.

Ukraine: Putin legt ideologischen Grundstein für längeren Krieg

Er erwähnte etwa die Schlacht von Stalingrad, die Schlacht von Kursk, die größte Panzerschlacht der Geschichte. Er erinnerte an den August 1943, als von Nazi-Deutschland besetzte Gebiete in Russland wieder befreit wurden und die Infrastruktur wiederaufgebaut wurde. „All dies steht natürlich im Einklang mit der aktuellen Situation“, so Putin. „Die spezielle Militäroperation geht weiter.“ Auch dort würden Mittel bereitgestellt, um Häuser, Schulen, Krankenhäuser wiederaufzubauen. 

Diese Parallelen, die Putin zieht, zeigten laut dem US-Thinktank „Institute for the Study of War“, dass der Kreml damit beginne, die „Spezialoperation“ als „echten Krieg“ anzuerkennen. „Diese Parallelen signalisieren auch dem russischen Publikum im Inland, dass die laufenden russischen Kriegsanstrengungen trotz des Beharrens auf der beschönigenden Bezeichnung ‚spezielle Militäroperation‘ wirklich ein Krieg sind“, heißt es in dem jüngsten Bericht. 

Die Parallelen zielten zudem darauf ab, den Russinnen und Russen vor allem zwei Dinge zu vermitteln: Dass sich das Land zum einen tatsächlich in einem Krieg befindet. Und Putin wolle mit den Worten einen ideologischen Grundstein für einen längeren Kriegseinsatz legen.

Dabei ist die Beschwörung längst vergangener Siege und Erfolge ein immer wiederkehrendes Thema in Putins Propaganda, der Vergleich des angeblichen Nazi-Regimes in der Ukraine mit dem Kampf gegen Nazi-Deutschland ist nicht neu. Dennoch scheint sich etwas in der Ausrichtung der Propaganda zu wandeln: Putin scheint angesichts der ukrainischen Gegenoffensive und ihrer jüngsten Erfolge zu merken, dass der Krieg länger dauern könnte. Darauf scheint er das russische Volk vorbereiten zu wollen.