„Was geht bloß in deren Köpfen vor?“Putin-Moderator hetzt gegen beliebtesten Film in Deutschland

Andrey Norkin, russischer TV-Moderator im Sender NTV, hetzt in seiner Talksendung "Treffpunkt" gegen den Hollywood-Film "Barbie".

Andrey Norkin, Moderator des russischen Staatssenders NTV, hetzt in seiner Talksendung „Treffpunkt“ gegen den Hollywood-Film „Barbie“.

Nachdem Wladimir Putin im vergangenen Jahr seinen Angriffskrieg in der Ukraine gestartet hat, haben große Hollywood-Studios den Vertrieb ihrer Filme in Russland untersagt. Auch zwei der beliebtesten Kinofilme des Jahres laufen offiziell nicht auf russischen Leinwänden – Putins Propaganda reagiert mit Häme.

von Martin Gätke (mg)

Während die ganze Welt völlig verrückt war auf die Hollywood-Blockbuster „Oppenheimer“ und „Barbie“, während die sozialen Medien wegen der unzähligen „Barbenheimer“-Memes und -Anspielungen aus allen Nähten geplatzt sind und der „Hype-Train“ durch die gesamte Welt düste, machte er um ein Land einen großen Bogen: Russland.

In Putins Reich sind beide Hollywood-Filme nicht auf den Leinwänden zu sehen, zumindest nicht offiziell. Der Grund auch hier: sein Krieg gegen die Ukraine. Die Produktionsriesen Universal und Warner Bros. hatten den Vertrieb ihrer Filme untersagt. 

Russland: „Barbie“ und „Oppenheimer“ sorgen für Diskussionen

Zwar gab es keinen branchenweiten Boykott von US-Filmen, viele kleine und mittelgroße Produktionen sind in Russland weiterhin zu sehen und auch einige Blockbuster wie „John Wick 4“ mit Keanu Reeves liefen in den Kinos – aber jene Filme, die wohl in diesem Jahr am meisten abräumen, eben nicht. Keine „Barbiemania“ in Russland. 

Alles zum Thema Wladimir Putin

Dabei hat „Barbie“ allein weltweit bereits rund 1,4 Milliarden US-Dollar (1,3 Milliarden Euro) eingespielt und ist damit der momentan erfolgreichste Film des Jahres. Auch in Deutschland ist Greta Gerwigs Film der beliebteste – mit knapp 5,3 Millionen Kinobesucherinnen und -besuchern und knapp 50 Mio. Euro an den Kassen.

Das russische Kulturministerium hat seinerseits erklärt, keine entsprechenden Lizenzen für beide Filme zu vergeben. Man glaube, dass weder „Barbie“ noch „Oppenheimer“ den Zielen entsprächen, „die das Staatsoberhaupt festgelegt hat, um die traditionellen russischen spirituellen und moralischen Werte zu bewahren und zu stärken“, heißt es in einer Erklärung vom stellvertretenden Kulturminister Andrej Malyschew. 

Über den Inhalt des knallpinken Films wird schon länger diskutiert. Die staatliche Nachrichtenagentur „RIA Novosti“ hat dem Film die niedrigstmögliche Bewertung gegeben, warf ihm vor, „feministische Werte zu verzerren“ und Männer als „dumm“ darzustellen. Barbie habe ohnehin einen schlechten Einfluss auf die russische Gesellschaft, heißt es von staatlicher Seite. Sie werbe für „moralisch herabwürdigende westliche Werte“, fördere Magersucht.

Russisches Staatsfernsehen: Morderator hetzt gegen „Barbie“

Auch im russischen Staatsfernsehen waren beide Hollywood-Filme Thema: Andrey Norkin, ein bekannter Moderator im russischen Staatssender NTV, hetzte am Montag (4. September 2023) in seiner Talksendung „Treffpunkt“ gegen „Barbie“.

„Zwei Filme haben es nicht geschafft, eine Vertriebslizenz zu bekommen, zwei aufsehenerregende Filme: ‚Barbie‘ und ‚Oppenheimer‘“, erklärt Norkin in der Sendung. Beide seien in einem bestimmten Sinne Biopics, fährt der Moderator fort. Und ergänzt: „Ich verstehe einfach nicht, was in dem Kopf von einem erwachsenen Menschen vorgeht, der ‚Barbie‘ schaut. Aber das ist ein anderes Thema.“ 

Ryan Gosling als Ken and Margot Robbie als Barbie in einer Szene der Films „Barbie“.

Ryan Gosling als Ken and Margot Robbie als Barbie in einer Szene der Films „Barbie“.

Russland habe etwas „Wertvolles, Traditionelles und Gutes“, so Norkin. Dinge, die man unterstützen und vorantreiben wolle. Und dann gebe es da etwas, „das ist nicht unseres, es ist nicht traditionell und nicht gut.“ Der Moderator fragt seine Gäste: „Sollten wir dieses Schlechte, Nicht-Traditionelle bannen?“

Russland: Skurille Diskussion über westliche Filme und russische Werte

Einer seiner Studiogäste, Wladislaw Dawankow, Mitglied der Staatsduma, erklärt: Wenn jemand etwas unbedingt schauen wolle, dann werde er Wege finden. „Jetzt diskutiert ganz Russland darüber, ob man ‚Barbie‘ zeigen sollte. Dadurch entsteht doch nur ein noch größerer Hype und eine größere Nachfrage nach dem Film.“ 

In dem Film werde doch nicht einmal geküsst, so Dawankow. „Das macht alles doch noch verdächtiger“, wirft der Moderator ein. 

Ebenso skurril wurde es dann, als ein anderer Gast, der Dramatiker Waleri Petscheikin, zu Wort kam: „Jetzt mal ehrlich!“, sagte er. „Wir zeigen die Filme doch deshalb nicht, weil sie uns von Warner Bros. nicht angeboten worden sind. Wir bannen etwas, das uns nicht einmal angeboten worden ist“.

Sofort tippte der Co-Moderator der Show hektisch auf seine Uhr: „Nein, nein, nein, nein, Entschuldigung. Unsere Zeit wird jetzt knapp.“

Russland: Einige Menschen verfielen trotzdem dem Hype

Und während das Land über „Barbie“ debattiert, schauen einige Russinnen und Russen trotzdem den Film – an einigen ging die „Barbiemania“ eben doch nicht vorbei: Während die großen Kinos Margot Robbie und Ryan Gosling wegen fehlender Lizenzen verschmähten, zeigten kleinere Kinos Raubkopien – in furchtbarer Qualität, berichtet CNN.

Das Gorkiy Cinema in Tjumen habe sogar auf seinen sozialen Kanälen damit geworben: „Wir haben die beste Kopie gefunden, die es im Internet gibt.“ Die Reaktionen: In einigen Kommentaren zu dem Beitrag hieß es, die Eintrittskarten seien „ausverkauft“, andere Zuschauerinnen und Zuschauer beklagten sich über die „furchtbare, unguckbare Qualität“ der Raubkopie.