Neue AnalysePutin bereitet womöglich „groß angelegten Krieg mit der Nato“ vor – auch Pistorius warnt

Der russische Präsident Wladimir Putin besucht am 17. Dezember eine vor dem Parteitag von „Einiges Russland“ in Moskau am 17. Dezember 2023.

Der russische Präsident Wladimir Putin besucht am 17. Dezember eine vor dem Parteitag von „Einiges Russland“ in Moskau am 17. Dezember 2023. 

Es sind durchaus drastische Worte, welche das US-Thinktank „Institute for the Study of War“ in seiner aktuellen Analyse zum Ukraine-Krieg findet. Während der russische Präsident versucht haben soll, in seiner jüngsten Ansprache Bedenken hinsichtlich der Bedrohung, die Russland für die NATO darstellt, zu zerstreuen, warnen US-Fachleute.

von Martin Gätke (mg)

Das Bild soll eine klare Botschaft in Richtung Osten senden: Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) steht vor einem Leopard 2 aus der Ukraine. Mit ihm stehen mehrere Bundestagsabgeordnete vor dem Panzer, der im Einsatz beschädigt und am Instandsetzungshub Lithuanian Defence Services (LDS) in Litauen repariert worden ist. Bereit, wieder in den Kampf zu ziehen gegen Putins Truppen.

Seit 663 Tagen nun kämpft die Ukraine gegen die russischen Invasoren, aktuell üben Putins Truppen vor allen Dingen rund um Awdijiwka massiven Druck aus, können immer weiter an Boden gewinnen. Gleichzeitig rücken die Nato-Verbündeten Deutschland und Litauen zusammen, vereinbaren einen Fahrplan zur dauerhaften Stationierung einer kriegstüchtigen Brigade an der Nato-Ostflanke.

Pistorius: „Putins Drohungen müssen wir ernst nehmen“

Pistourius erklärt, Deutschland müsse die Gefahr, die aus Russland droht, ernst nehmen. Putin könnte es nicht nur auf die Ukraine abgesehen. Und der Verteidigungsminister ist da nicht der Einzige: Das US-Thinktank „Institute for the Study of War“ erklärte in seiner jüngsten Analyse, dass sich Putin auf eine Ausweitung seines Kriegs vorbereite.

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In einem „Bild“-Interview sagte Pistorius, dass Putin Russlands Rüstungsproduktionen derzeit ganz erheblich steigere. In der NATO und in Deutschland herrsche da massiver Nachholbedarf.

Putins Drohungen gegen die baltischen Staaten, Georgien und Moldawien müsse man „sehr ernst nehmen“, so Pistorius. Das sei nicht nur Säbelrasseln. Pistorius: „Wir haben jetzt ungefähr fünf bis acht Jahre, in denen wir aufholen müssen – sowohl bei den Streitkräften als auch in der Industrie und in der Gesellschaft.“

Putin bereitet „groß angelegten Krieg mit der Nato“ vor

Putin selbst hatte erst am Wochenende dem neuen Nato-Mitglied Finnland mit nicht näher beschriebenen „Problemen“ gedroht und erklärt, die Militärpräsenz an der Grenze zu verstärken. „Probleme gab es bisher nicht, aber jetzt wird es sie geben“, so Putin. 

Das US-Thinktank „Institute for the Study of War“ erklärte in seiner aktuellen Analyse, dass Putins Erklärung eigentlich dazu gedacht war, Bedenken hinsichtlich der Bedrohung, die Russland für die NATO darstellt, zu zerstreuen. Doch nach Putin vermeintlicher „Beruhigung“ folgte der Vorwurf, dass die NATO-Mitgliedstaaten den Konflikt zwischen Russland und Finnland künstlich herbeigeführt und Finnland in das Bündnis „gezwungen“ hätten.

„Das russische Militär teilt derzeit den westlichen Militärbezirk (WMD) neu auf, um den Leningrader Militärbezirk (LMD) und den Moskauer Militärbezirk (MMD) im Rahmen einer langfristigen Umstrukturierung und Erweiterung zu reformieren, die darauf abzielt, Russland auf einen möglichen künftigen groß angelegten konventionellen Krieg gegen die Nato vorzubereiten“, so die besorgniserregende Analyse.

„Die Bedrohung ist groß, wir müssen uns vorbereiten“

Putins Begründung diese Umstrukturierung lege nahe, dass er eine militärische Antwort auf die „Probleme“ aktueller und zukünftiger NATO-Mitglieder in Skandinavien suche. „Putins Beteuerungen über seine friedlichen Absichten gegenüber der NATO wirken angesichts der Drohungen, die er und Kreml-Experten kürzlich gegen NATO-Mitgliedstaaten ausgesprochen haben, hohl“, heißt es vom ISW weiter.

Fest steht: Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Sicherheitslage auch für den Westen radikal verändert. Innerhalb von vier Jahren soll deshalb die Kampfbrigade der Bundeswehr an der Ostflanke der Nato vollständig einsatzbereit sein. Pistorius' litauischer Amtskollege warnte jedoch: Die Zeit könnte drängen. 

Der litauischen Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas erklärte, Russland sei die größte Gefahr für das Baltikum und könne nach unterschiedlichen Szenarien in drei, acht oder zehn Jahren zu einer Aggression fähig sein. „Die Bedrohung ist groß und egal wie wir den Zeitrahmen einschätzen, wir müssen uns vorbereiten“, sagte er.