Kommentar zu Karl LauterbachWarum gerade sein „Markus Lanz“-Debakel Grund zur Hoffnung ist

Karl Lauterbach am Dienstag (5. April) bei „Markus Lanz“.

Karl Lauterbach am Dienstag (5. April) bei „Markus Lanz“.

Bei Markus Lanz in der Sendung muss Karl Lauterbach Fehler eingestehen. Seine Politik der Lockerungen könnte falsch verstanden werden. Ist der „Gesundheitsminister der Herzen“ zurück?

von Jan Voß (jv)

Karl Lauterbach war der Mahner, der Fels in der Corona-Brandung, einer, der immer wieder den Finger in die Wunde legte und sich nicht zu schade war, auch drastische Forderungen auszusprechen. Für viele war er eben auch die Hoffnung auf einen geradlinigen, verlässlichen, einen sicheren Weg durch die Pandemie. Mit dem Chaos bei „Markus Lanz“ ist wohl auch der letzte Funken Hoffnung endgültig erloschen – oder etwa doch nicht? Denn vielleicht ist genau dieses Debakel Grund zur Hoffnung, meint unser Autor. Ein Kommentar.

Vor seiner Zeit als Bundesgesundheitsminister war der exaltierte SPD-Gesundheitsexperte geradezu omnipräsent in den Talkshows. Ob Anne Will, Maybrit Illner, Frank Plasberg oder Markus Lanz, Karl Lauterbach war immer dabei. Und nicht ohne Grund, denn der aufstrebende Polit-Stern aus Köln wusste es, Meinungen zu vertreten.

Karl Lauterbach, der „Gesundheitsminister der Herzen“ – vor seinem Amtsantritt

Unermüdlich stellte er Forderungen auf. Risikogruppen müssten stärker geschützt werden. Die Maßnahmen seien zu locker, wissenschaftliche Erkenntnisse müssten bei den aktuellen Corona-Regelungen endlich ihre Berücksichtigung finden. Und obwohl es eher unangenehme, unpopuläre Ansichten waren, die Karl Lauterbach mit flammendem Mut zum Besten hielt, noch vor seinem Amtsantritt war er bereits der „Gesundheitsminister der Herzen“.

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Denn genau das war es doch, was viele in der deutschen Corona-Politik vermissten: Die klaren Regeln, den festen Standpunkt, den sicheren Schutz vor dem Coronavirus. Stattdessen sorgte ein Flickenteppich aus sich ständig verändernden Maßnahmen für größtmögliche Verunsicherung.

Karl Lauterbach nur noch der Schatten seiner selbst

Sicher, die Erwartungen an Karl Lauterbach als Bundesgesundheitsminister waren hoch, zu hoch. Natürlich kann kein Politiker einfach seine Überzeugungen durchdrücken wie es ihm passt. Ein gewisses Maß an Realpolitik ist nicht nur nötig, sondern auch angebracht im politischen Diskurs. Gerade in einer großen Ampel-Koalition.

Und doch machte es bereits kurz nach Amtsantritt den Anschein, als sei Karl Lauterbach nur noch der Schatten seiner selbst. Trotz täglich neuer Rekorde bei den Infektionszahlen lobt der neue Gesundheitsminister die neu beschlossenen Corona-Lockerungen als einen guten Kompromiss. Sogar die Maske – vielleicht die einzige Konstante, auf die alle Virologinnen und Virologen, Expertinnen und Experten sich einigen können – fällt.

Karl Lauterbach: Holt ihn sei Debakel bei „Markus Lanz“ von Twitter zurück in die echte Politik?

Dabei glüht das Herz des Gesundheitsexperten weiter, allerdings nur noch auf Twitter. Dort warnt Lauterbach vor den Gefahren für Risikogruppen und den unberechenbaren Abgründen von Long Covid.

Vielleicht ist es kein Zufall, dass gerade bei „Markus Lanz“, also in einer Talkshow, nun die ganze neue Widersprüchlichkeit und Uneindeutigkeit des Karl Lauterbach brutal ans Licht gekommen ist.

Denn es macht die doppelte Rolle rückwärts nur noch drastischer deutlich, die der SPD-Mann für diesen Schritt vollziehen musste. Der Mahner für strengere Regeln musste eben durch die öffentliche Kritik dazu zurückgeholt werden, Lockerungen wieder zurückzunehmen.

Und gerade das ist vielleicht der Anlass zu neuer Hoffnung. Vielleicht hat sich Karl Lauterbach nun doch endlich wieder an das erinnert, wofür er steht. Ist der „Gesundheitsminister der Herzen“ zurück? Wir können es nur hoffen – aber zumindest haben wir nun wieder einen Anlass dazu.