Neue EU-EingreiftruppeDeutschland bekommt wichtige Rolle – Experte hält Einsatz in Ukraine für möglich

07.03.2022, Bayern, Wildflecken: Zwei Soldaten sichten eine Karte im Rahmen einer Übung eines simulierten Gefechts am Computer für die Nato-Einsatzgruppe im Gefechtssimulationszentrum des Heeres in Wildflecken (Landkreis Bad Kissingen).

Im ersten Einsatz-Jahr 2025 will Deutschland die EU-Eingreiftruppe mit bis zu 5000 Soldaten stellen. Das Foto, aufgenommen Anfang März 2022 in Bayern, zeigt zwei Soldaten, die im Rahmen einer Übung eine Karte eines simulierten Gefechts begutachten.

Bundesverteidigungsministerin Lambrecht machte ihren EU-Kolleginnen und Kollegen in Brüssel ein Angebot: 2025 will Deutschland Soldatinnen und Soldaten für das erste Einsatz-Jahr einer neuen EU-Eingreiftruppe stellen.

Die Außen- und Verteidigungsminister der EU-Staaten wollten am Montag, 21. März 2022, bei einer gemeinsamen Sitzung in Brüssel die neue Sicherheitsstrategie beschließen.

Dabei betonte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), eine größere Schlagkraft und Geschlossenheit der EU sei nicht nur in den kommenden Wochen und Monaten wichtig, sondern voraussichtlich auch in den kommenden Jahren.

Der sogenannte Strategische Kompass des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell sieht unter anderem eine Eingreiftruppe mit bis zu 5000 Soldatinnen und Soldaten vor. Ein Berliner Experte hält es für denkbar, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen erstmals in der Ukraine eingesetzt werden könnte.

EU-Eingreifgruppe: Deutschland will 2025 5000 Soldatinnen und Soldaten stellen

Im ersten Einsatz-Jahr 2025 will Deutschland die EU-Eingreiftruppe mit bis zu 5000 Soldatinnen und Soldaten stellen. Das bot Bundesverteidigungsministerin Lambrecht am Montag in Brüssel ihren EU-Kolleginnen und Kollegen an.

Damit sende die Bundesregierung angesichts des Ukraine-Kriegs ein „klares Signal“: „Wir stehen füreinander ein“, betonte Lambrecht. Sie wolle ihren Kolleginnen und Kollegen anbieten, dass „das militärische Herzstück“ der neuen EU-Sicherheitsstrategie, also die schnelle Eingreiftruppe, „im Jahr 2025 dann für ein Jahr von Deutschland gestellt werden kann“.

Was ist der Strategische Kompass?

Dabei handelt es sich um ein Strategiepapier, das die Leitlinien der EU-Verteidigungs- und Sicherheitspolitik für die nächsten zehn Jahre festlegt. „Es ist nicht die Antwort auf den Ukraine-Krieg, aber Teil der Antwort“, sagte der EU-Außenbeauftragte Borrell am Montag in Brüssel. Erstmals vorgestellt hatte der Spanier seine Strategie im Herbst. Wegen des Ukraine-Kriegs mussten nun zentrale Passagen überarbeitet werden.

Was sieht die Strategie vor?

Angesichts der dramatisch verschlechterten Sicherheitslage sieht sie einen „Quantensprung“ bei der Handlungsbereitschaft der EU vor sowie bei der gegenseitigen Unterstützung der 27 Mitgliedsländer. Größte Neuerung ist eine schnelle Eingreiftruppe (EU Rapid Deployment Capacity). Die Krisen-Interventionstruppe soll bis zum Jahr 2025 bis zu 5000 Soldatinnen und Soldaten aus den Mitgliedsländern umfassen.

Wo soll die Truppe zum Einsatz kommen?

Das ist bisher nicht festgelegt. Vor allem der französische Präsident Emmanuel Macron pochte bisher auf eine solche Krisen-Interventionstruppe, um die EU unabhängiger von den USA zu machen und die „strategische Autonomie“ von Europa zu stärken. Der überstürzte Afghanistan-Abzug im August hatte der Debatte neue Dringlichkeit verliehen.

Könnte die neue Eingreiftruppe auch in die Ukraine geschickt werden?

Das hält der Sicherheitsexperte Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin grundsätzlich für denkbar. Er sagte der Nachrichtenagentur AFP, die neue Truppe könnte beispielsweise zur Absicherung einer „Schutzzone in der Ukraine“ eingesetzt werden – etwa wenn die UNO nach einem Waffenstillstands-Abkommen zwischen Russland und der Ukraine ein Mandat für eine Friedenstruppe beschließen würde.

Und was ist mit der Nato?

Im aktuellsten Entwurf des gut 40-seitigen Strategiepapiers heißt es, die Nato bleibe „das Fundament der kollektiven Verteidigung ihrer Mitglieder“. Darauf hatten die Bundesregierung und osteuropäische Länder wie Polen und die Baltenstaaten gepocht. Sicherheitsexperte Kaim hält das für folgerichtig, denn auch der Ukraine-Krieg habe wieder gezeigt: „Die kollektive Verteidigung ist keine Stärke der EU.“

Welche Verteidigungsausgaben sind geplant?

Die Ausgaben bleiben weiter Sache der EU-Staaten - anders als bei der Nato, wo die Mitgliedsländer rund zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung anpeilen sollen. Mit dem Strategischen Kompass einigen sich die EU-Länder aber auf eine stärkere Nutzung der sogenannten Europäischen Friedensfazilität. Das ist ein Fonds, der aktuell für Waffenlieferungen an die Ukraine genutzt wird. Die Mittel für die Ukraine sollen nun auf eine Milliarde Euro verdoppelt werden.

Wie geht es weiter?

Wenn die EU-Außen- und Verteidigungsminister das Papier gebilligt haben, geht es an die Staats- und Regierungschefs. Diese könnten die neue Strategie beim EU-Gipfel zum Ukraine-Krieg am Donnerstag und Freitag in Brüssel beschließen. (dpa)