Warum sie ihm niemand abkauftMann sitzt auf 17.000 Flaschen Desinfektionsmittel

Handdesinfektionsmittel

Die Brüder häuften einen immensen Vorrat an Desinfektionsmitteln an, jetzt werden sie sie nicht mehr los.

von Madeline Jäger (mj)

Chattanooga/Tennessee – Nach der Bekanntgabe des ersten Coronavirus-Toten in den USA haben sich die Brüder Matt und Noah Colvin auf den Weg gemacht, um Handdesinfektionsmittel zu kaufen. Und zwar nicht nur ein paar Flaschen. Die Brüder fuhren quer durch den US-Bundestaat Tennessee zu Walmart und anderen Märkten. Überall räumten sie die Regale aus.

Danach unternahm Noah Colvin eine 1.300 Meilen lange Reise quer durch Tennessee und nach Kentucky. Er füllte seinen Lastwagen mit tausenden von Flaschen von Handdesinfektionsmitteln und Packungen mit antibakteriellen Tüchern auf.

Ihre Intention: die Sachen zu überteuerten Preisen verkaufen und möglichst viel Geld scheffeln.

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Mit dieser Aktion sind die Brüder in den USA aktuell nicht alleine. Doch nun sitzen sie auf diesen unglaublichen Vorräten, die ihnen keiner abkauft, fest.

Amazon nimmt Desinfektionsmittel aus dem Angebot

Denn schon am nächsten Tag der dreisten Aktion zog Amazon tausende Artikel für Desinfektionsmittel, Tücher und Gesichtsmasken aus dem Angebot. Das Unternehmen suspendierte sogar einige der Verkäufer hinter den Angeboten und warnte viele weitere, dass sie ihre Konten verlieren würden, wenn sie weiterhin die Preise erhöhen. Auch Ebay folgte bald mit noch strengeren Maßnahmen und verbot ebenfalls den Verkauf von Masken und Desinfektionsmitteln.

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Während in Amerika Menschen vergeblich nach Handdesinfektionsmitteln suchen, um sich vor der Verbreitung des Coronavirus zu schützen, sitzt Colvin auf 17.700 Flaschen davon und weiß nicht, an wen er sie verkaufen soll.

„Was zum Teufel werde ich mit all dem machen?“

„Es war eine riesige Menge“, sagt er. Er habe sich in einer verzwickten Situation befunden. „Ich hätte meine Familie in eine finanziell wirklich gute Lage bringen können, dachte aber auch: Was zum Teufel werde ich mit all dem machen?“ Colvin ist einer von wahrscheinlich tausenden Verkäufern in den USA, die Lagerbestände an Handdesinfektionsmitteln und wichtigen Atemschutzmasken angehäuft haben.

Desinfektionsmittel

Desinfektionsmittel, Mundschutze und Einmalhandschuhe erfreuen sich reger Nachfrage wegen des Coronavirus.

Viele Krankenhäuser rationieren diese Vorräte jetzt, wie aus „New York Times“-Interviews mit Amazona-Verkäufern und Beiträgen in privaten Facebook- und Telegram-Gruppen von Dutzenden weiteren hervorgeht.

Coronavirus: Amazon berichtet von Preisspionage

Amazon sagt, der Konzern habe kürzlich Hunderttausende von Angeboten entfernt und Tausende von Konten von Verkäufern wegen Preisspionage im Zusammenhang mit dem Coronavirus gesperrt. Jetzt seien sowohl die physischen als auch die digitalen Regale fast leer.

Die Maßnahme von Websites wie Amazon und Ebay haben zu einer wachsenden Industrie unabhängiger Verkäufer geführt, die sich rabattierte oder schwer zu findende Artikel in Geschäften schnappen, um sie online zu stellen und weltweit zu verkaufen.

New York Times Analyse: Erst erhöhte auch Amazon die Preise

Anfangs hat die zweifelhafte Strategie der Verkäufer gut funktioniert. Mehrere Wochen lang stiegen die Preise für einige der Top-Ergebnisse bei der Suche nach Desinfektionsmitteln, Masken und Tüchern bei Amazon nach oben, so eine Analyse der „New York Times.“ Die Daten zeigen, dass sowohl Amazon als auch Drittanbieter wie Colvin ihre Preise erhöht haben, die dann meist gesunken sind, als Amazon gegen die Preistreiberei vorgegangen ist.

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Nach den Maßnahmen der vergangenen Woche ging Amazon noch weiter und schränkte den Verkauf von Coronavirus-bezogenen Produkten bestimmter Anbieter ein.

„Preistreiberei ist ein klarer Verstoß gegen unsere Politik, unethisch und in einigen Bereichen illegal“, sagte Amazon in einer Erklärung.

USA: Generalstaatsanwaltschaft untersucht Preistreiberei

Die Generalstaatsanwaltschaften in Kalifornien, Washington und New York untersuchen nun die Preistreiberei im Zusammenhang mit dem Coronavirus – auch im Falle der Gebrüder Colvin, die ihre Vorräte nicht weiterverkaufen dürfen.

In Kalifornien verbietetes das Preisangriffsgesetz allen Verkäufern die Preise um mehr als 10 Prozent zu erhöhen, nachdem Beamte den Notstand ausgerufen haben. Auch das New Yorker Gesetz verbietet es Verkäufern, in solchen Notfällen einen „unverschämt überhöhten Preis“ zu verlangen. Colvin versucht nun seine extremen Vorräte zu spenden. (mj)