Zu wenig Bier getrunkenBrauerei will von Stadt über eine viertel Million Euro Strafe

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Unser Symbolbild zeigt halbgefüllte Biergläser auf einem Tisch einer Brauerei: Wein in Vellmar (Hessen) zu wenig Bier konsumiert wird, fordert die Radeberger-Gruppe Schadenersatz.
Vellmar – Das ist mal eine ganz andere Art von Alkoholproblem: Weil eine Stadt zu wenig Bier getrunken hat, befindet sie sich nun in einem Rechtsstreit mit einer großen Brauerei. Die fordert jetzt 42.000 Euro. Die Gesamtforderung könnte sich sogar bis auf über einer viertel Million Euro belaufen. Was für eine Bierposse.
- Vellmar muss 42.000 Euro an Radeberger-Gruppe zahlen
- Grund sind Altverträge aus den 70ern und 80ern
- Die Gesamtforderung könnte bis zu 260.000 Euro betragen
Vellmar ist eine Kleinstadt im nordhessischen Landkreis Kassel. Und die hat ein echtes Alkoholproblem – nicht weil ihre Bürger zu viel Bier trinkt, sondern viel zu wenig. Wegen zu geringer Bier-Absatzmengen befindet sich Vellmar deshalb in einem Rechtsstreit mit der Radeberger-Gruppe, wie „HNA“ berichtet. Es geht um einen großen Batzen Geld.
Die Gründe für den Streit finden sich bereits in den 70er und 80er Jahren: Damals wurden in der Stadt Bürger- und Dorfgemeinschaftshäuser gebaut, mit dem Bau wurden auch gleich Verträge mit Bierproduzenten geschlossen. Die statteten die Brauereien im Gegenzug mit Theken und Zapfanlagen aus. Dafür wurden auch bestimmte Absatzmengen vereinbart.
Vellmar trinkt zu wenig Bier, Brauerei will Schadensersatz
Die Zeiten haben sich geändert – und das schon vor Corona. Und weil die Vellmarer 4365,33 Hektoliter zu wenig Bier getrunken haben (das sind umgerechnet rund 8730 50-Liter-Fässer oder 43.653 Kisten Bier), will die Radeberger-Gruppe die fehlenden Restabnahmemengen geltend machen.
Konkret gehe es um Bierlieferungen an die Ratsschänke, zwei Bürgerhäuser, eine Mehrzweckhalle und eine Gaststätte. Die hatten einst Verträge mit Binding abgeschlossen, die in Kassel braute. 2002 wechselte Binding zur Radeberger-Gruppe, es entstand der größte Brau-Konzern Deutschlands. Doch weil die Biermengen nicht mehr stimmen, forderte die Radeberger-Gruppe 2019 für ein seit fast zehn Jahren geschlossenes Bürgerhaus Schadensersatz.
Vellmar muss über 42.000 Euro zahlen
Dort sollen 1212,80 Hektoliter Bier zu wenig durch die Zapfanlage geflossen sein. Auf Grundlage eines pauschalierten Schadenersatzes ergebe sich deshalb eine Forderung von 60.640 Euro. Vor Gericht einigte man sich auf einen Vergleich über 42.000 Euro.
Für die Brauerei nichts Ungewöhnliches, so scheint es. Eine Sprecherin der Binding-Brauerei laut RTL: „Wenn eine Brauerei eine gastronomische Einrichtung finanziert, sind damit verschiedene Rechte und Pflichten verbunden. So kann beispielsweise die Bereitstellung finanzieller Mittel, technischer Anlagen und Inneneinrichtungen unter anderem mit einer Bezugsverpflichtung von definierten Biermengen verbunden sein.“
Vellmar: Bürgermeister versucht seit Jahren, alte Verträge zu kündigen
Laut „HNA“ versucht Vellmars Bürgermeister bereits seit über sechs Jahren die alten Verträge zu kündigen – erfolglos. Das könnte Vellmar insgesamt bis zu 260.000 Euro kosten, wenn weitere Bürgerhäuser oder Einrichtungen geschlossen würden. Wie viel Schadensersatz die Stadt noch zahlen muss, bleibt noch offen. Darüber muss verhandelt werden. (mg)