Partystimmung auf Sylt: Wo einst die High Society mit Champagner, Kaviar und Polo-Hemdchen die Insel genossen hat, stürmen nun Tausende Punks die Nordseestrände.
9-Euro-Wahnsinn auf SyltTausende Party-Punks stürmen die Insel – „Anarchie bricht aus“
Seit Jahrzehnten ist Sylt der Sehnsuchtsort für die Reichen, zwischen Nobel-Disko und Promi-Baden. Hier aalten sich Gunter Sachs, Romy Schneider oder Brigitte Bardot am Strand. Die Insel ist seit langer Zeit schwer angesagt bei der Champagner-Fraktion, hier werden die Luxus-Feriendomizile nicht gemietet, sondern gekauft.
Aber auch für weniger betuchte Menschen war die Insel immer ein Sehnsuchtsort. Watt, Dünen, Sport am Strand – hier wird jeder Urlaubertyp glücklich.
Und mit Einzug des 9-Euro-Tickets zieht es nun auch das gemeine Partyvolk und die Punks in den Norden. Sylt wird „geentert“.
16.000 Punks sollen nach Sylt kommen, heißt es. Bereits seit dem 1. Juni, an jenem Tag trat das 9-Euro-Ticket in Kraft, zieht es Tausende auf die Insel. Einige wollen nur über Pfingsten bleiben, andere wollen die gesamten drei Monate auf Sylt ausnutzen – so lange sind die Tickets gültig.
So oder so: Für Sylt werden die neuen Besucherinnen und Besucher mit Sicherheit entweder Stress pur – oder eine angenehme Abwechslung. Je nach Sichtweise.
Am Samstag jedenfalls trendete der Hashtag #Sylt auf Twitter. Zahlreiche Fotos und Videos wurden gepostet von Menschen, die die Plätze der Insel belagern. „Endlich mal normale, nette Menschen auf Sylt, die noch Höflichkeit kennen. Auch wenn man es ihnen nicht unbedingt ansieht“, schreibt eine Userin. Aberdutzende Menschen sitzen mit ihren Rucksäcken und Taschen auf dem Boden, Bierkästen stapeln sich, die Feierlaune ist groß.
Andernorts wird Flunkyball gespielt, in der Alkohol-Verbotszone. „Anarchie bricht aus in der letzten Heimstadt der Reichen und Verschnippelten“, schreibt ein Nutzer. Ferien mal anders. Wo einst schicke Damen und Herren flanierten, sind nun Partyzonen entstanden. „Möchte nicht wissen, wie viel Kinder in den nächsten Jahren zu hören bekommen, du bist auf Sylt entstanden“, unkt eine Nutzerin.
Auch die Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands, eine deutsche Kleinpartei, die dem Spaß nicht ganz abgeneigt ist, postet Impressionen aus Westerland. Vor einem Edeka-Markt hat sich eine riesige Menschentraube versammelt, es wird gefeiert, getrunken, hier strömt das Bier in Massen. Zwischen zwei Laternen wird kurzerhand eine Hängematte gespannt, einige schlafen ihren Rausch auf dem Boden aus – daneben bietet eine Boutique seine Edel-Ware an. Kuriose Szenen auf der Insel.
Sylt: Punks stürmen die Insel – „Solange sie harmlos sind“
Bis Sonntag wird hier schönes Wetter versprochen, immer mehr Party-Touristen kommen auf die Insel. „Ich bin hier, um Spaß zu haben und einfach den Leuten auf den Sack zu gehen“, erklärt ein junger Mann offen der Deutschen Presse-Agentur vor der Kamera (oben das Video ansehen). Aber das habe nicht geklappt. „Hier sind einfach nur freundliche Leute hier. Jeder spendiert dir einen Zehner oder einen Zwanni, du kriegst eine Kiste Bier gesponsert. Ist super hier.“
An anderer Stelle haben zwei junge Feierwütige die Musik aufgedreht, sinken und tanzen. Mallorca-Stimmung kommt auf. „Solange sie harmlos sind“, lächelt eine ältere Urlauberin an der Seite ihres Mannes. „Aber wir haben heute am Strand Gruppen gesehen und das war alles ganz friedlich.“ Ein weiterer Punk zeigt sich da überraschter, er habe mit Randalen gerechnet. „Doch es ist friedlich“.
Allein an den Abendstunden zeigt die Polizei Präsenz, muss die ein oder andere Party am Strand auflösen. Lärmbelästigung. Die Lage sei aber ruhig, sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Eine Gruppe von 50 bis 80 Punks sei mal „ein wenig laut gewesen“, nichts Besonderes. Das große Chaos bleibt bislang aus. Urlaub auf Sylt – so geht es auch.