Hilfe im Corona-DschungelKölns Impfpapst rät: Wann sie dringend zum Boostern sollten

Dr. Jürgen Zastrow in seinem Büro. Foto: Madeline Jäger
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Ex-Impfzentrums-Chef Jürgen Zastrow 2021 in seiner HNO-Praxis in Köln-Riehl

Die Impfkampagne der Bundesregierung läuft, doch nicht einmal die Hausärzte sind sich sicher: Wann ist eine vierte Impfung sinnvoll? Spielt das Alter eine Rolle? Welchen Einfluss hat eine Infektion? Kölns Impfpapst Jürgen Zastrow hat eine Formel parat.

von Alexander Haubrichs (ach)

Die Bundesregierung kämpft mit einer großangelegten Impfkampagne gegen die Impfmüdigkeit an, die Ständige Impfkomission aber ist zurückhaltend. Doch kaum einer weiß noch: Wann soll ich mich impfen lassen? Was ist bei einer Infektion zu berücksichtigen?

Express.de sprach mit HNO-Arzt Jürgen Zastrow, bis 2021 Leiter des Kölner Impfzentrums. Und der hilft im Impfdschungel mit einer einfachen Faustformel.

Pandemie vorbei? „Liegt an der Psychologie der Angst!“

Jürgen Zastrow, es wirkt manchmal, als sei die Pandemie vorbei. Dabei sprechen die Zahlen eine andere Sprache…

Alles zum Thema Corona

Jürgen Zastrow: Das hat etwas mit der Psychologie der Angst zu tun. Der Mensch kann sich mit zwei Krisen beschäftigen, derzeit wahrscheinlich der Ukraine-Krieg und die drohende Klimakatastrophe. Das dritte Thema wird verdrängt. Das sehen wir derzeit bei Corona.

Aber es sterben immer noch viele.

Jürgen Zastrow: Ja, und jeder Tote ist eigentlich einer zu viel. Deshalb ist es aus epidemiologischer Sicht eigentlich Wahnsinn, die Isolationspflicht aufzuheben. Es gibt aber noch einen zweiten Blickwinkel: Wenn ich einen sehr hohen Bestand an Infizierten und Genesenen habe, sinkt der R-Wert, weil sich das Virus nicht weiter verbreiten kann. Dann gehen die Zahlen insgesamt zurück.

Allerdings zu einem hohen Preis.

Jürgen Zastrow: Das kann man so sehen. Da sind die Toten. Dann die Long-Covid-Opfer. Allein da dürften uns immense Folgekosten – alleine in den Niederlanden rechnet man mit 160 Milliarden Euro – drohen. Aber es wird noch viele mehr geben, die nach überstandener Infektion nicht mehr richtig auf die Beine kommen, nicht mehr so leistungsfähig sind. Da gibt es eine hohe Dunkelziffer.

Bleibt die Impfung als einziger Schutz. Woher weiß ich, wann ich mich impfen lassen sollte?

Jürgen Zastrow: Sie können das beim RKI nachlesen, allerdings braucht man da ohne wissenschaftliche Ausbildung Stunden, um das zu verstehen. Deshalb als Faustformel: Wer sich im vergangenen Jahr zuletzt hat impfen lassen, dessen Schutz liegt nur noch bei fünf bis zehn Prozent. Mehr ist es nicht. Als Faustformel gilt: Der Schutz hält je nach Alter und körperlicher Konstitution sechs Monate plus x. Das x ist größer, je jünger und fitter ich bin. Ein sportlicher Mensch mittleren Alters dürfte also rund neun Monate nach der Impfung geschützt sein.

Viele haben allerdings schon eine Infektion hinter sich. Was sollten diese Personen beachten?

Jürgen Zastrow: Schon kurz nach überstandener Infektion hat man einen sehr hohen Schutz. Aber im Gegensatz zur Impfung fällt der nicht langsam, sondern relativ schnell ab. Deshalb sollte man hier drei Monate plus x nach einer Infektion impfen.