„Wird zu wenig getan“Virologe Streeck in Sorge: Er hat deutliche Forderung an Politik

Hendrik Streeck, Direktor des Institut für Virologie an der Uniklinik in Bonn, spricht während einer Pressekonferenz der Landesregierung.

Virologe Hendrik Streeck kritisiert die unzureichende Vorbereitung auf den Corona-Herbst 2021. Das Foto zeigt ihn bei einer Pressekonferenz der Landesregierung in Düsseldorf.

Die Corona-Infektionszahlen steigen langsam, aber stetig. Im Herbst könnte eine neue Welle drohen. Virologe Hendrik Streeck warnt nun eindringlich, dass wir uns in Deutschland nicht genug darauf vorbereiten.

Köln. Was kommt in den kommenden Wochen und Monaten auf uns zu? Diese bange Frage stellen sich nach eineinhalb Jahren Corona-Pandemie – davon viele Monate im Lockdown – viele Menschen in Deutschland. Aktuell, Mitte Juli 2021, steigen die Infektions- und Inzidenzzahlen täglich. Langsam, aber stetig. Im Herbst könnte uns eine neue Virus-Welle drohen. Das weiß auch der Bonner Virologe Prof. Hendrik Streeck, der jetzt eindringlich warnt.

Wie Streeck im Interview mit RTL erklärt, versäumen wir es nämlich erneut, uns auf die kalte Jahreszeit vorzubereiten. Schon 2020 schlug das Coronavirus nach den Sommermonaten mit der zweiten Welle voll zu.

Streeck meint: „Es wird zu wenig getan, um sich auf den Herbst vorzubereiten.“ Der Virologe rechnet fest mit „einem deutlichen Anstieg“ der Infektionszahlen im Herbst. „Wie im letzten Jahr im Oktober werden wir einen deutlicheren Anstieg sehen. Wir können es natürlich nicht vorhersagen, aber wir müssen damit rechnen“, so Streeck.

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Corona im Herbst: Mediziner rechnen nicht mit einer neuen Überbelastung der Intensivstationen

Doch wie hart wird sie uns dieses Mal treffen? Darüber streiten die Experten. Der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, erwartet wegen der vielen bereits geimpften Erwachsenen bei einem erneuten Anstieg der Inzidenzen eine deutlich flachere Kurve mit Blick auf die schwer erkrankten Patienten.

Das sieht der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, ähnlich. Mit Blick auf den Herbst sagte er der „Bild“: „Wir erwarten bei gleicher Inzidenz viel weniger Corona-Patienten in den Kliniken.“ Deshalb sieht er auch den Begriff der „vierten Welle“ kritisch: „Das sorgt bei den Bürgern nur für die Angst, dass mit steigenden Fallzahlen die Intensivstationen wieder mit Covid-Patienten volllaufen – dank der Impfung wird das aber nicht der Fall sein.“

Vorbereitung auf Corona-Herbst: Virologe Hendrik Streeck fordert Maßnahmen

Um dieses Risiko gar nicht erst einzugehen und auch die Zahl der Infektionen möglichst gering zu halten – denn wer das Virus hat, dem drohen auch langfristige Folgen – fordert Virologe Hendrik Streeck nun weitere Maßnahmen.

„Eine Impfkampagne muss da sein, vor allem in sozial schwachen Regionen, dass man die Leute aufklärt darüber, wie man sich am besten schützt und was der Impfstoff macht“, sagt er RTL.

Außerdem meint er, dass Restaurants, Bars und Geschäfte in der Pandemie teils gute Hygienekonzepte entwickelt hätten. „Eigentlich braucht es ein Zertifikat dafür, dass man sagt ‚das ist ein gutes Hygienekonzept, unter diesen Bedingungen kann ein Geschäft auch geöffnet bleiben‘. Das muss entwickelt werden, das muss herausgegeben werden von den Hygienikern und das haben wir bislang noch nicht“, kritisiert Streeck.

Von den aktuell viel diskutierten Luftfiltern für Klassenräume hält er dagegen wenig. Zumindest dürfe man sie nicht als „Wundermittel gegen ein Ansteigen der Infektionszahlen“ sehen. Vielmehr müsse man sich Gedanken machen, wie man auf einen Anstieg der Infektionszahlen bei Kindern reagieren wolle. Denn der werde nach den Ferien nicht ausbleiben. (so mit dpa)