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Corona-Zahlen steigenUmfrage zeigt massives Problem, das RKI nicht auf dem Schirm hat

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Ein Mitarbeiter des Gesundheitsamts der Stadt Köln demonstriert Mitte August bei einem Mann einen Corona-Test per Rachenabstrich. Rechts daneben steht ein Soldat der Bundeswehr, die das Gesundheitsamt unterstützt.

von Martin Gätke (mg)

Köln – Die Zahl der Corona-Infektionen in Deutschland steigt immer weiter, am Samstag waren es 2507, der höchste Wert seit April.

Auch Angela Merkel (CDU) zeigte sich alarmiert: Wenn sich die Zahlen wöchentlich so weiterentwickeln würden wie bisher, werde es zu Weihnachten 19.200 Neuinfektionen am Tag geben, sagte die Bundeskanzlerin am Montag. Sie will mit den Ministerpräsidenten am Dienstag über Maßnahmen beraten.

Es gebe lokal und regional „sprunghafte Anstiege“, sagte auch Regierungssprecher Steffen Seibert. Diese müssten „dringend wieder unter Kontrolle gebracht werden“.

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Und während das Robert Koch-Institut (RKI) die Lage in Deutschland noch gelassen sieht – Präsident Lothar Wieler erklärte in der „Welt am Sonntag“, alles sei unter Kontrolle – ist der Rechercheverbund von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR der Frage nachgegangen, wie gut eigentlich die Kontaktverfolgung in Deutschland funktioniert.

Das Ergebnis: Es gibt signifikante Unterschiede in den Bundesländern bezüglich der ermittelten Kontaktpersonen. Und die können so nicht stimmen.

Corona-Fälle in Deutschland (Stand: 28.09.2020)

Corona-Fälle in Deutschland (Stand: 28.09.2020)

Nach den Kriterien des RKI sind enge Kontaktpersonen grob gesagt jene, die einem Infizierten 15 Minuten lang näher als 1,5 Meter gekommen sind. Sie gehören zur „Kontaktpersonen Kategorie 1“, werden in Quarantäne geschickt.

Wie viele solcher Kontaktpersonen jeder Infizierte im Durchschnitt hat, ist bisher jedoch völlig unklar. Auf Nachfrage des Rechercheverbunds teilt auch das RKI mit, ihm lägen zu dieser Frage keine Daten und keine Erkenntnisse vor, auch nicht zum Erfolg der Nachverfolgung.

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Lothar Wieler, Leiter des deutschen Robert-Koch-Instituts (RKI), bei einer Pressekonferenz im Juli.

Auch unklar ist es, wie gut es den Gesundheitsämtern gelingt, diese Kontaktpersonen überhaupt ausfindig zu machen.

Sie sind es ja, welche die einzelnen positiven Befunde aus den Laboren bekommen. Und dann nicht nur den Betroffenen in häusliche Isolation schicken, sondern auch enge Kontaktpersonen ermitteln und verfolgen müssen.

Recherche offenbart mangelnde Datenbasis in Deutschland

SZ und die beiden öffentlichen TV-Anstalten stellten Anfragen bei allen 380 Gesundheitsämtern nach, Auskunft gaben am Ende aber nur 152 Ämter – nicht einmal die Hälfte.

Im August wurden rund 34.000 Menschen auf das neue Virus getestet, mehr als doppelt so viele wie im Juli. Corona-Infizierte hatten demnach durchschnittlich „engen" Kontakt mit 4,9 Personen. Einige Bundesländer gaben überhaupt keine Infos preis.

Nachverfolgung von Corona-Infizierten: Zahlen unterscheiden sich erheblich

Auffällig ist vor allem eines: Es gibt bundesweit eine mangelnde Datenbasis. Die Zahlen unterscheiden von Bundesland zu Bundesland erheblich – und das scheint unrealistisch. So hat Sachsen beispielsweise im Schnitt 9,8 Kontaktpersonen ermittelt, in Baden-Württemberg liegt der Wert bei 3,6, in Bayern, das mit NRW in Deutschland die höchsten Fallzahlen vorweist, gerade mal bei 1,7. Auf Landkreisebene gebe es laut Recherchen sogar noch größere Unterschiede.

Woher kommen diese enormen Differenzen? Ein Grund könne sein, dass es keine zentrale Stelle gibt, welche die Zahlen der Gesundheitsämter bündelt und analysiert. Ein weiteres Problem könnte in den Restaurants liegen: Viele Kunden nämlich schreiben auf die Gästelisten, seit Corona verpflichtend, falsche Namen und Adressen. Ein Verhalten, das die Nachverfolgung extrem erschwert.

Nachverfolgung in Deutschland: Hoher Wert im internationalen Vergleich

Immerhin steht Deutschland international gut da, die Gesundheitsämter melden auch Erfolge bei der Nachverfolgung: 84,5 Prozent gaben in ihren Antworten an, dass es ihnen gelungen sei, zu allen Kontaktpersonen Kontakt aufzunehmen. 14,9 Prozent gaben an, zu „fast allen“ Kontakt aufgenommen zu haben. Demnach haben die Gesundheitsämter fast 99 Prozent der Kontaktpersonen ganz oder fast ganz nachverfolgen können. Das ist, verglichen mit anderen Ländern, ein sehr hoher Wert. (mg/dpa)