WDR berichtetBehörden finden gravierende Mängel bei Tönnies

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Die Arbeitsumstände in der Fleischfabrik Tönnies in Rheda-Wiedenbrück sind für einen Bericht der Bezirksregierung Detmold kontrolliert worden. Das Foto zeigt einen Lastwagen, der am 20. Juli 2020 das Betriebsgelände der Firma Tönnies verlässt. 

Rheda-Wiedenbrück – Verunreinigte Toiletten, Arbeiter ohne Mund-Nasen-Schutz, kein ausreichender Abstand in der Kantine – die Liste der Mängel in der Fleischfabrik Tönnies ist lang. Das hat der Arbeitsschutz der Bezirksregierung Detmold festgestellt.

  • Gravierende Mängel in der Fleischfabrik Tönnies
  • Auch nach Corona-Lockdown kein Mund-Nasenschutz bei Mitarbeitern
  • Katastrophale hygienische Verhältnisse

Es seien „gravierende Mängel“ festgestellt worden heißt es in einem internen Prüfbericht, der dem WDR-Magazin Westpol vorliegt. Demnach wurden deutlich mehr Mängel festgestellt als bisher angenommen. Offenbar trug  kein einziger Mitarbeiter im Schlacht-Bereich einen Mund-Nasen-Schutz.

Wie Westpol berichtet, war die Firma Tönnies im Mai 2020 kontrolliert worden. Die Bilanz: Im gesamten Bereich der Schlachtung trugen die Mitarbeiter keine Mund-Nasen-Bedeckung.

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Gravierende Mängel auch in der Kantine, wo laut Bericht keine Maßnahmen getroffen worden waren, um die Anzahl der Sitzplätze zu reduzieren. Möglichkeiten zur Zwischenreinigung und Desinfektion – Fehlanzeige.

Fies: Auch in den kontrollierten Toilettenräumen sollen Desinfektionsmittelspender gefehlt haben. Westpol zitiert aus dem Bericht der Kontrolleure: „Die Toiletten waren zum Teil erheblich verunreinigt.“

Tönnies war erst kürzlich wieder wegen eines Horror-Videos aus einem Schweine-Betrieb eines Zulieferes in die Schlagzeilen geraten

So reagiert Tönnies auf die Vorwürfe

Gegenüber der Bezirksregierung habe Tönnies eingestanden, dass diese Mängel „nicht akzeptabel“ seien. Man könne aber nicht nach jedem Toilettenbesuch reinigen. Das hausinterne Hygienekonzept sehe aber den Mund-Nasen-Schutz als „eine Basis-Anforderung des Hygienekonzepts“. Tönnies versprach schriftlich Besserung.

Ex-Schalke-Boss Tönnies bei sich 0:8-Klatsche auf der VIP-Tribüne.

Wissenschaftler und Arbeitsschutz-Experte Stefan Sell von der Hochschule Koblenz bemängelte, dass bis zur nächsten Vor-Ort-Kontrolle zuviel Zeit vergehe. Dem WDR sagte er: „In Pandemie-Zeiten hätte man viel schneller reagieren müssen.“ Die Bezirksregierung teilte auf WDR-Anfrage mit, die „schwerwiegenden Mängel“ seien im Mai abgestellt worden. Auch Tönnies betonte gegenüber dem Sender, das Unternehmen habe die Corona-Standards Ende Mai „fast vollständig erfüllt.“

Warum der Arbeitsschutz erst nach dem Corona-Ausbruch bei Tönnies so gründlich hingesehen hat, ist für Norwich Rüße, landwirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im NRW-Landtagnicht nachvollziehbar. „Arbeitsschutz kann nicht verhandelbar sein“, kritisierte gegenüber dem WDR. Die Fleischindustrie, so Rüße weiter, sei der Politik über Jahre „entglitten“.

Gegenüber dem WDR-Magazin rechtfertige sich die Bezirksregierung Detmold. Eine „umfängliche Prüfung“ habe nur während der vorübergehenden Schließung des Betriebs stattfinden können. Inzwischen würde aber engmaschiger kontrolliert. So sollen allein im Juli neunmal Kontrollen stattgefunden haben.