„Riesige Dimensionen“Neue Details über ausgehobene IS-Terrorzelle in NRW

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Ein Polizist steht im Rahmen einer Razzia an einem Polizeifahrzeug. Das Symbolbild wurde im März 2020 bei einer Durchsuchung in Gummersbach aufgenommen.

Köln – Dieser Artikel wurde am 15. April zuletzt um 13:53 Uhr aktualisiert - 350 teils schwer bewaffnete Polizisten haben in Nordrhein-Westfalen eine mutmaßliche Terrorzelle des Islamischen Staats (IS) ausgehoben. Der Zugriff auf Anweisung der Bundesanwaltschaft fand am Mittwochmorgen an einer Reihe von Orten in NRW statt.

  • In Essen, Siegen, im Kreis Heinsberg und in Neuss wurden mutmaßliche Terroristen festgenommen
  • Die vier Männer aus Tadschikistan sollen Anschläge in Deutschland geplant haben
  • Die Männer sollen sich im Januar 2019 dem IS angeschlossen haben

„Wir hatten die Beschuldigten schon recht lange im Blick“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Der Fall habe „riesige Dimensionen“.

Durchsuchungen seien in Solingen, Kreuztal, Neuss, Essen, Werdohl, Wuppertal und Selfkant erfolgt. Insgesamt seien 13 Objekte durchsucht worden. Dabei seien Geld und Datenträger sichergestellt worden.

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Die fünf Beschuldigten, von denen vier am Mittwoch festgenommen wurden und einer schon länger in U-Haft sitze, seien Tadschiken und alle als Flüchtlinge eingereist, sagte Reul.

IS-Zelle in NRW asgehoben: Verdächtige hatten scharfe Munition und Baupläne für Bomben

Drei seien von den Behörden als islamistische Gefährder eingestuft gewesen und zwei als sogenannte „relevante Personen“. Sie hätten zwei US-Militärbasen in Deutschland ausgekundschaftet und einen Mordanschlag auf einen Islamkritiker geplant.

„Nach unseren derzeitigen Erkenntnissen stand ein Anschlag in Deutschland aber nicht unmittelbar bevor“, so der NRW-Innenminister. Die Gruppe habe sich aber bereits scharfe Schusswaffen, Munition und Bombenbauanleitungen beschafft.

Zwei der Beschuldigten wurden laut Bundesanwaltschaft in Siegen festgenommen, einer im Kreis Heinsberg und einer im sauerländischen Werdohl (Märkischer Kreis).

Terrorverdächtige aus NRW werden Haftrichter vorgeführt

Die Männer im Alter zwischen 24 und 32 Jahren sollten im Laufe des Tages in Karlsruhe einem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden. Dieser entscheidet darüber, ob die Terrorverdächtigen in U-Haft kommen.

Der fünfte Mann saß bereits seit März 2019 zunächst wegen anderer Vorwürfe in Wuppertal in U-Haft. Die Anschlagspläne seien nach seiner Festnahme ins Stocken geraten. Wegen des Terrorverdachts hatte die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen von der Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf übernommen.

Die Männer sollen sich im Januar 2019 dem IS angeschlossen haben. Ursprünglich sollen sie geplant haben, nach Tadschikistan in den Heiligen Krieg zu ziehen. Dann hätten sie ihre Pläne geändert. Nach Angaben von Reul unterhielt die Gruppe Kontakt zu zwei IS-Terroristen der Führungsebene in Syrien und Afghanistan.

Irrfahrt in Essen löste bereits 2019 Terror-Alarm aus

Die Terrorverdächtigen waren bereits vor einem Jahr in die Schlagzeilen geraten. Damals hatte ein 19-jähriger Tadschike mit einer Irrfahrt durch eine Fußgängerzone in Essen einen großen Anti-Terror-Einsatz ausgelöst (hier mehr lesen).

Die Ermittler hatten damals befürchtet, die Irrfahrt könnte der Auftakt für mehrere Anschläge sein. Bei dem Einsatz waren damals in zehn Orten in NRW sowie in Ulm in Baden-Württemberg Objekte auf Waffen und Sprengstoff durchsucht worden.

Elf Männer wurden festgenommen, kamen aber alle wieder auf freien Fuß. Waffen und Sprengstoff wurden nicht gefunden. Später hatten die Ermittler eingeräumt, dass der 19-Jährige nicht zur mutmaßlichen Terrorzelle gehört. Die Ermittlungen gingen aber weiter. Was den Verdacht seither erhärtete, blieb zunächst offen. (dpa)