Entspannt und zufrieden wirkt Ute-Henriette Ohoven, als sie EXPRESS.de im Büro ihrer YOU Stiftung an der Grafenberger Allee zum Gespräch empfängt. Bei Kaffee und Käsekuchen kommt die Unesco-Sonderbotschafterin schnell auf ihre Familie zu sprechen.
Charity-LadyUte Ohoven nach Tod ihres Mannes: „Arbeit hält mich aufrecht“

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Ute und Mario Ohoven im Jahr 2007 auf dem Opernball in Frankfurt. Mario Ohohen kam 2020 bei einem Autounfall ums Leben.
Die Mutter von vier Kindern (Markus, Claudia, Michael und Chiara) hat inzwischen sieben Enkel. „Sieben tolle Enkel, mit denen ich ein schönes Verhältnis habe. Markus und Michaels Jungs sind alle im gleichen Alter zwischen 14 und 16 Jahren. Sie schreiben mir auch immer. Markus hat zudem noch eine Tochter bekommen. Marielle – ein kleines Engelchen. Sie ist jetzt vier. Von daher bin ich mehr als glücklich und mehr als gesegnet“, sagt sie lächelnd.
Doch dann wird sie ernster und nachdenklich: „Aber mein Herzthema ist nicht wegzudiskutieren. Er wird nicht mehr zurückkommen.“ Voller Wärme redet sie über ihren geliebten Mann Mario Ohoven. Ende Oktober war sein fünfter Todestag.
Am 31. Oktober 2020 starb er im Alter von 74 Jahren bei einem Verkehrsunfall auf der A44 bei Düsseldorf. Der Unternehmer Mario Ohoven war der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW).
„Ich muss mit diesem Leid leben. Wie andere Frauen und Männer auch, die dieses Schicksal haben. Wir waren 45 Jahre zusammen. Jetzt wären es 50 Jahre“, sagt Ute Ohoven.
Ute Ohoven über Tod ihres Mannes Mario: „Es lässt einen nicht los“
„Er ist immer noch mein Mann. Ich bin immer noch verheiratet mit ihm und das wird sich auch nicht ändern – mein Leben lang. Es lässt einen nicht los, wenn einen der liebste Mensch verlässt. Ich denke, so eine Situation, wie ich meinen Mann verloren habe, das ist die Schlimmste. Von jetzt auf sofort. Und dann noch durch einen schweren Autounfall. Ich konnte ihm da nicht helfen und nicht bei ihm sein. Ich habe es erst erfahren, wie er tot aus dem Auto geborgen wurde.“
Es ist noch immer unfassbar. „Wenn so ein vitaler Mensch geht, ein Mensch, der voller Energie und voller Gedanken war, was er noch alles machen will – er war ja kerngesund – dann ist es natürlich besonders schlimm. Wenn jemand schwer krank ist, und du kannst dich darauf einstellen, ist es auch noch anders. Man hat Zeit, sich zu verabschieden – miteinander zu reden, zusammen zu sein. Das hatte ich nicht. Uns hat es einfach überrollt. Aber auf der anderen Seite sage ich auch: Er hat in einem Tempo gelebt – er war am Tag in drei verschiedenen Städten, um drei verschiedene Vorträge zu halten. Er war immer auf tausend Volt. So wie er gelebt hat, so ist er auch gegangen. Er war ein Mensch, der sich nie mit dem Tod beschäftigte und nie gedacht hat, dass ihm etwas passieren könnte.“
Ute Ohoven: „Uns geistert die tägliche Angst im Kopf herum“
Eigentlich sei das die beste Einstellung, die man wohl haben kann. „Aber seit diesem Ereignis haben wir natürlich eine andere Einstellung. Uns geistert die tägliche Angst im Kopf herum: Es kann morgen sein, es kann jetzt sein. Das habe ich vorher auch nie gedacht. Und das ist schon belastend. Du beschäftigst dich auch selbst damit.“
Heute sage sie sich: „Du musst jeden Tag genießen. Jeden Tag dankbar sein, wenn du morgens gesund aufstehst und abends gesund ins Bett gehst.“
Und noch etwas habe sie aus dem Unglück gelernt: Mehr Zeit mit den Liebsten zu verbringen. Sie und ihr Mann hätten sich das immer vorgenommen. „Aber wir haben es nie gemacht. Weil er nie Zeit hatte. Wir haben viel Zeit weglaufen lassen, in der wir uns einfach mehr hätten sehen können. Es gab Zeiten, da haben wir uns nur am Flughafen getroffen. Er ist irgendwohin geflogen, ich bin wohin geflogen. Er war ein Workaholic. Und ich war ebenfalls in meine Arbeit total eingespannt. Ich liebe ja auch meine Arbeit. Und das ist ja auch das, was mich heute aufrechterhält. Durch meine Arbeit bin ich nach wie vor gefordert.“

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Ute Ohoven in ihrem Büro an der Grafenberger Allee in Düsseldorf.
Seit 40 Jahren ist Ute Ohoven, die auch Unesco-Sonderbotschafterin ist, ehrenamtlich engagiert. Gefordert ist sie heute stärker denn je. Ute Ohoven: „Die wirtschaftlich schlechte Situation ist verheerend. Doch die Not wird immer größer. All die Kriege um uns herum und die Naturkatastrophen, die wir haben.“
Ute Ohoven: „Es ist wichtiger denn je, Menschen in Not zu unterstützen“
Das Fatale: Not und Leid werden mehr, aber die Spenden werden weniger – oder bleiben aus. „Viele Unternehmen, darunter viele, mit denen wir in der YOU Stiftung intensiv zusammengearbeitet haben, müssen viele Mitarbeiter entlassen. Bei denen kann ich nicht nach Spenden fragen. Die Regierung, mit der wir auch sehr gut zusammengearbeitet haben, ist auch nicht mehr reich an Spendengeldern. Jetzt müssen wir schauen, wo wir Spendengelder herbekommen. Denn ich sage: Es ist wichtiger als jemals zuvor, die Menschen zu unterstützen, die in ihren Ländern in tiefer Not sind. Wenn wir sie nicht weiter in ihren Ländern unterstützen und die Kinder und die Mütter fördern – in dem wir ihnen durch Bildung und Berufe - Hilfe zur Selbsthilfe ermöglichen, damit sie sich vor Ort ernähren können – dann kommen noch mehr zu uns.“

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Charity-Lady Ute-Henriette Ohoven im Gespräch mit EXPRESS-Redakteurin Nathalie Riahi.
Natürlich sei ihr bewusst, dass es auch in Deutschland viele Sorgen und viel Leid gebe. „Aber nicht so wie bei den Menschen, für die ich sorge. Die haben entweder kein Dach über dem Kopf oder leben in einer Wellblechhütte. Sie leben meistens in Slums ohne Kanalisation und Wasser. Sie haben kein Einkommen, keine medizinische Versorgung, die Kinder gehen auf die Straße, um zu klauen, damit sie abends ein Stück Brot haben. Sie vegetieren vor sich hin und versuchen, wenigstens irgendeinen Job zu ergattern, um wenigstens die Familie satt zu kriegen. Das Schlimme ist aber: Kinder, die hungern, können weder zur Schule gehen, noch nachts schlafen. Dass solche Menschen keine Zukunft für sich haben, ist das Schlimmste, was es gibt. Zukunft haben sie aber sofort, wenn sie in die Schule kommen. Wenn die Mütter ausgebildet werden. Wir bringen die Mütter in den Job.“
Neue Kampagne der YOU Stiftung: Mit Ein-Euro-Spende Gutes tun
„Wir hatten zum Beispiel eine wunderbare Weihnachtsaktion letztes Jahr: Da haben wir den Frauen jeweils eine Box mit fünf Hühnern und einem Hahn geschenkt. Wir haben sie gelehrt, wie sie die Tiere richtig und sauber halten. Das war eine der erfolgreichsten Aktionen, die wir gemacht haben. Dadurch produzieren sie Eier. Ein Ei rettet einem Kind das Leben: Für ihre Kinder gab es jeden Tag ein hartgekochtes Ei. Den Rest der Eier haben sie verkauft. Dadurch hatten sie ein kleines Einkommen. Die Frauen haben sich zusammengetan, haben einen gemeinsamen Stall organisiert. So hatten die Kinder die Mindestmineralien, waren gesund und erhielten Bildung in der Schule.“
In 92 Ländern auf der ganzen Welt arbeitet die YOU Stiftung – Bildung für Kinder in Not. Und weltweit werden auch die Spenden der jüngsten Aktion eingesetzt. „Mein Euro zählt“ heißt die Kampagne, in der man einen Euro pro Monat spendet – für ein Jahr. Macht zwölf Euro im Jahr. „Eine kleine Geste, die im Miteinander große Wirkung entfaltet.“
Die Aktion ist auf drei Grundpfeilern aufgebaut: „Hunger bekämpfen“, „Gesundheit stärken“ und „Bildung fördern“. Die Idee zu der Kampagne hatte übrigens Claudia Jerger, engagierte Vize-Kuratoriumspräsidentin der YOU Stiftung und Tochter von Ute Ohoven.

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Ute-Henriette Ohoven mit Rainer Calmund, der die „Mein Euro zählt“- Kampagne“ unterstützt.
„Wir haben uns überlegt: Was können wir in dieser schwierigen Zeit machen, wo die Wirtschaft einfach nicht genügend Geld hat und wir auf der anderen Seite die Menschen nicht im Stich lassen dürfen? Der nächste Aspekt war für uns: Wir müssen versuchen, in unserem Land ganz viele Menschen gemeinsam zu motivieren, sie für Frieden und die Zukunft für Menschen in anderen Ländern zusammenzuführen. Ich möchte, dass Deutschland mal zusammensteht! Wir alle jammern nur, beschweren uns nur – aber wir tun nichts dafür. So können wir mal alle was gemeinsam tun“, sagt Ute Ohoven.
Viele Prominente wie Reiner Calmund unterstützen neue Spendenkampagne
„Ein Euro kann jeder für Nächstenliebe spenden, das ist für keinen zu viel. Ein Kaffee kostet mehr. Nur: Ein Euro allein bringt nichts. Es kann nur in der Menge etwas bewegt werden. Ich wünsche mir deshalb, dass auch viele junge Menschen mitmachen, die alle übers Internet vernetzt sind. Das ist eine gute Chance, große Summen zusammenzubringen.“
Schnell und unkompliziert kann jeder mitmachen. Einfach auf die Homepage www.mein-euro-zählt.de gehen, dort den Giro-Code scannen oder per Dauerauftrag oder Paypal überweisen – fertig. „Und es dann an seine Freunde weiterleiten und sie motivieren, ebenfalls mitzumachen. Sodass es eine rollende Welle wird, die ganz Deutschland erfasst!“
Wer mitmachen will, kann auf Instagram @meineurozaehlt folgen und gleich aktiv werden und helfen unter www.mein-euro-zählt.de.
Mit ihrer Motivation angesteckt hat Ute Ohoven schon viele Promis. So konnte sie direkt Fußball-Legende Reiner Calmund zum Mitmachen und Bewerben der Aktion gewinnen. Auch Modedesigner Thomas Rath und Comedian Oliver Pocher sind überzeugt von der Kampagne und werben für sie. Viele weitere Promis haben ebenfalls zugesagt. Ute Ohoven: „Wir sind zuversichtlich, dass es etwas Großes wird.“
