Corona-ChaosApotheker Simon Krivec (34) aus NRW packt aus: „Das glaubt mir keiner“

Apotheker Simon Krivec aus Moers ist Autor des Buches "Das Corona-Chaos. Ein Apotheker packt aus".

Apotheker Simon Krivec (34) packt in seinem Buch über seine Corona-Erlebnisse aus.

Als Apotheker hat Simon Krivec (34) aus Moers während der Corona-Pandemie viel erlebt. Darunter Geschichten, die wie aus einem Krimi anmuten. Jetzt hat er seine Erlebnisse in einem Buch zusammengefasst.

von Carolina Bosch ()

Simon Krivec (34) aus Moers leitet einen der größten Apothekenverbunde in NRW. Mit fast 200 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen beliefert er medizinische Einrichtungen wie Krankenhäuser und Altenheime und stellt selbst Desinfektionsmittel her.

Die Corona-Pandemie traf auch ihn überraschend und beförderte ihn mitten rein ins Geschehen von fehlender Ausrüstung über Impfungen bis hin zu für ihn bis heute fragwürdigen politischen Entscheidungen.

Krivec hat Geschichten erlebt, die sich teilweise anhören, als wären sie aus einem Film. „Ich dachte sehr oft, das glaubt mir keiner“, verrät er im Gespräch mit EXPRESS.de. Das führte ihn dazu, seine Erlebnisse in einem Buch festzuhalten und brachte ihn so sogar auf die Spiegel-Bestsellerliste.

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Apotheker aus Moers über Corona-Chaos: Eine Million Handschuhe für Wuhan

Der 34-Jährige trat zum ersten Mal ungewollt im Januar 2020 mit Corona in Kontakt. In Deutschland hatte man kurz vorher schon in den Nachrichten von einem neuen Virus in China gehört. Im Urlaub erhielt Krivec plötzlich eine ungewöhnliche Anfrage. Ein Bekannter wollte eine Million medizinische Handschuhe für ein chinesisches Unternehmen von ihm haben.

„Warum fragen die ausgerechnet uns?“, hatte er sich gedacht. Dass in China bereits Knappheit herrschte, konnte er sich zu dem Zeitpunkt nicht vorstellen. Dennoch besorgte er die Handschuhe, ließ sie in einem Privatjet nach Wuhan fliegen und zahlte die 15.000 Euro aus eigener Tasche. Er ahnte nicht, was da noch auf ihn zukommen würde.

Denn als sich das Virus dann in Deutschland ausbreitete, wurde die Schutzausrüstung auch hier schnell knapp. „Wir brauchten alleine für unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen rund 1000 Masken pro Tag. An unsere Kunden mussten wir aber auch liefern“, erzählt Krivec.

Als seine Händler nicht mehr liefern konnten, hörte er sich überall um. „So erfuhr ich an einem Tag von einer Maskenlieferung, die nachts am Neusser Hafen per Schiff ankommen sollte.“ Erst war Krivec skeptisch. Trotzdem kontaktierte er den Händler.

Dubiose Maskenhändler am Neusser Hafen

Er sollte noch in der Nacht zum Hafen kommen, um 100.000 Masken abzuholen und rund 70.000 Euro in bar mitbringen. „Für mich war das zu der Zeit ein fairer Deal, weil ich nicht in Vorkasse gehen musste, so wie es viele andere Händler verlangten.“

In einer Nacht-und-Nebel-Aktion holte er das Geld bei seiner Bank und fuhr zum Neusser Hafen, um die kostbare Ware abzuholen. Begleitet von drei Mitarbeitern als provisorische Bodyguards.

„Mir war schon etwas mulmig zumute“, gesteht Krivec. Manchmal müsse man auch unkonventionelle Wege gehen. „Im Pandemiegeschehen blendet man die Rationalität manchmal aus. Unter Abwägung aller Dinge war das ein Weg, um meine Kunden und Mitarbeiter zu versorgen.“

Krivec erzählt aber auch von unerwartet erfreulichen Geschichten. Gemeinsam mit seinem Team bereitete er im Dezember 2020 die ersten Impfungen in einem Altenheim im Kreis Wesel vor. Einer Kollegin gelang es, aus dem Biontech-Impfstoff sieben statt der ausgewiesenen fünf Impfdosen aufzuziehen. So konnten über die Heimbewohnerinnen und Heimbewohner hinaus mehr Menschen geimpft werden.

Apotheker aus NRW über Corona-Chaos: „Frustrierend für alle Beteiligten“

Der Apotheker ärgert sich über einige Entscheidungen, die während der Pandemie getroffen wurden. Zum Beispiel, als alle über 60-Jährigen gratis Masken aus den Apotheken erhalten sollten. „Das wurde verkündet und die Apotheken wussten noch nicht mal etwas davon.“ Solche Vorkommnisse seien frustrierend für alle Beteiligten.

In seinem Buch „Das Corona-Chaos. Ein Apotheker packt aus“ beschreibt Krivec zahlreiche solcher Erlebnisse. „Viele Dinge wurden falsch gemacht, vieles ist aber auch gut gelaufen“, betont er. „Mit Sicherheit haben meine Kollegen und Kolleginnen ähnliche Geschichten erlebt.“

Krivec hofft, dass man für mögliche zukünftige Pandemien aus der Corona-Pandemie gelernt hat. „Wir sollten für das nächste Mal besser vorbereitet sein.“