COVID-19-PandemieWelche Auswirkungen das Coronavirus auf die Todesrate hat

Köln – Nun also doch: Wochenlang war bei der Anzahl der Todesfälle in Europa keine Auffälligkeit zu entdecken. Angesichts der steigenden COVID-19-Fälle ein wenig zynisch. Woche 14 brachte jedoch die traurige Gewissheit.

Der Mediziner Wolfgang Wodarg redete die Corona-Pandemie lange Zeit klein, indem er auf die Zahl der Atemwegstoten verwies. Diese sei in den vergangenen drei Monaten nicht höher als die aus dem gleichen Zeitraum in den Vorjahren. Wodarg hatte rein mit Blick auf diese Zahlen recht. Zumindest bis Mitte März.

Denn laut EuroMOMO, ein Monitoringprogramm von 24 europäischen Ländern, das wochenweise erfasst, ob sich mehr Todesfälle, als normalerweise zu erwarten sind, ereignen, gab es bis Anfang März noch keine Auswirkungen. Da die COVID-19-Fälle erst zu dieser Zeit zunahmen und übermittelt werden mussten, ein logisches Ergebnis.

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Was die Corona-Zahlen aussagen

Bestätigte Fälle

Das sind jene, bei denen ein Test auf das Virus Sars-CoV-2 positiv ausfiel. Also die Zahl der Infizierten.

Wie viele Menschen tatsächlich mit Sars-CoV-2 infiziert sind, ist aber völlg offen.

Denn gezählt werden bei den „Bestätigten Fällen“ nur die Personen, die a) Kontakte zur Erkrankten hatten und Symptome zeigen, sowie Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten.

Dunkelziffer

Es sind oder waren deutlich mehr Menschen mit dem Coronavirus infiziert, als unter „Bestätigten Fällen“ angegeben werden. Dies liegt daran, dass nicht alle Menschen getestet worden sind.

Wie hoch die Dunkelziffer genau ist, kann daher niemand sagen. Mittels Antikörper-Tests kann man sie in Kürze ggf. näher bestimmen. Fachleute schätzen, dass die Zahl der Infizierten zwischen fünf und 20 Mal so hoch sind.

Todesfälle

Mit dieser Zahl werden diejenigen beziffert, bei denen eine Infektion mit Sars-CoV-2 nachgewiesen wurde und die verstorben sind.

Das Robert Koch-Institut erklärt, dass bei dieser veröffentlichten Zahl völlig unklar ist, ob diese Menschen direkt an der Erkrankung COVID-19 gestorben sind oder sie zwar infiziert gewesen sind, die Infektion mit Sars-CoV-2 aber nicht die unbedingte Todesursache gewesen ist.

Oder nochmals vereinfacht: Zu den „Corona-Toten“ zählen alle Verstorbenen, eben auch vorab positiv Getestete, obwohl sie nicht an COVID-19 verstorben sind.

Es werden ggf. sogar bereits Verstorbene, die zu Lebzeiten nicht auf das Coronavirus getestet worden sind, post mortem auf Sars-CoV-2 untersucht. Vor allem, wenn sie in Verdacht stehen, an COVID-19 gestorben zu sein.

Genesene

Entspricht der Zahl derjenigen, deren Gesundung nach einer bestätigten Infektion mit Sars-CoV-2 abgeschlossen ist. Ein ehemals Infizierter gilt als wieder genesen, wenn er eine symptomfreie Zeit von 14 Tagen erreicht hat.

Beim Coronavirus gab es bereits einige Fälle, bei denen Betroffene erst nach 14 Tagen über Symptome klagten, obwohl sie nach der Zählweise als gesund eingestuft worden sind.

Möglich ist es auch, 14 Tage symptomfrei zu sein, aber dennoch positiv auf Sars-CoV-2 getestet zu werden. Problem: Wenn symptomfrei, wird nicht getestet. Insofern gibt es auch bei der Zahl der Genesenen eine Grauzone.

Verdoppelungszeit

Der Wert beschreibt die Zeit, die das Virus gebraucht hat, um die Zahl der „Bestätigten Fälle“ zu verdoppeln. Je länger die „Verdoppelungszeit“ war, desto langsamer breitete sich das Virus aus.

Schwierigkeit: Die „Verdoppelungszeit“ blickt nur zurück, nicht voraus. Eine Prognose über die zukünftige Ausbreitung des Virus ist damit nicht möglich.

Mit ein wenig Verzögerung ist die deutliche Steigerung der Todesfälle jetzt jedoch deutlich zu sehen. Über alle Altersklassen hinweg hätte es in Woche 14 des Jahres 2020 nicht mehr als 60.000 Tote geben sollen. Es wurden aber 70.000!

Sars-CoV-2: Todesfälle vor allem bei Senioren

Vor allem Menschen im Alter von 65+ sind von dieser Entwicklung betroffen, ebenso aber auch die Gruppe zwischen 15 bis 64 Jahren. „Die Zahlen der letzten Schätzungen des EuroMOMO-Netzwerks zeigen einen deutlichen Anstieg der Gesamtmortalität in den teilnehmenden europäischen Ländern“, schreiben die Forscher auf der Website. Begründet sei der Anstieg mit der COVID-19-Pandemie.

Todesfälle in Europa: Deutlichster Anstieg seit Winter 2016/17

Besonders stark war die Ausprägung der Todesfälle in Italien, Spanien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, in der Schweiz und in England. Seit Beginn der Erfassung Ende 2015 hatte es zuvor nur im Winter 2016/17 einen derartigen Anstieg gegeben. Damals verzeichnete Europa viele Grippetote.

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Eine Einschätzung zu den deutschen Zahlen hat EuroMOMO noch nicht für die 14. Kalenderwoche getroffen. Die Zahlen aus Deutschland liegen noch nicht gesamt vor. Lediglich für Hessen und Berlin, bei beiden Bundesländern gibt es noch keine Auffälligkeiten.

Coronavirus in Deutschland: 1386 COVID-19-Tote in einer Woche

Zur Einordnung: Das Robert Koch-Institut meldet in der vergangenen Woche (4. bis 11. April) einen Anstieg der COVID-19-Todesfälle in Höhe von 1386. Laut dem Statistischen Bundesamt sterben täglich ca. 2500 bis 2600 Menschen in Deutschland insgesamt.

Die Forscher von EuroMOMO machen darauf aufmerksam, dass die vorliegenden Zahlen mit Vorsicht zu betrachten sind, da sie noch nicht alle Länder gemeldet hätten.