Achtung, verstörende FotosFlüchtling zieht Kleidung aus, Menschenrechtler geschockt
Velika Kladuša – Achtung, diese Fotos sind nichts für schwache Nerven. Es sind Aufnahmen, die von fürchterlichen Qualen zeugen. Sie zeigen einen Mann mit blutigen Striemen am Rücken, Hämatomen und Schürfwunden am ganzen Körper, schweren Verletzungen im Gesicht.
Der Mann, der sich so zeigt, ist ein Flüchtling, der von Bosnien-Herzegowina nach Kroatien auf der Balkanroute in die Europäische Union flüchten wollte – heimlich. Und dabei erwischt wurde. Die Täter, die den Mann so zugerichtet haben sollen, arbeiten womöglich für die kroatische Polizei.
Nun schlägt eine Menschenrechtsorganisation mit den Fotos Alarm. Ihr Vorwurf: Es soll in den letzten Tagen zu brutalen Übergriffen auf Migranten gekommen sein.
Der „Danish Refugee Council“ (DRC) dokumentierte mit den Bildern Menschen, die von den Polizisten ausgepeitscht, ausgeraubt und sogar sexuell missbraucht worden sein sollen. Darüber berichtet der britische „Guardian“. Die Vorfälle sollen zwischen dem 12. und 16. Oktober passiert sein. Die Menschenrechtler seien „schockiert“ von den Verletzungen gewesen, heißt es.
„Die Aussagen der Opfer dieser Übergriffe sind schrecklich", sagte auch Charlotte Slente, Generalsekretärin der Demokratischen Republik Kongo. „Mehr als 75 Personen in einer Woche haben unabhängig voneinander unmenschliche Behandlung, brutale Schläge und sexuellen Missbrauch gemeldet.“
Schwere Misshandlungen an der kroatischen Grenze
Nach Angaben der Migranten kam es auf kroatischem Gebiet im Grenzgebiet von Velika Kladuša (in Bosnien-Herzegowina) in der Nähe von Šiljkovača – einer Zeltwaldsiedlung mit rund 700 Flüchtlingen und Migranten – zu den Misshandlungen. Sie erlitten Schläge, Schnittwunden, seien erniedrigt worden und persönliche Gegenstände seien zerstört worden.
Am 12. Oktober überquerten laut Menschenrechtlern fünf Afghanen die kroatische Grenze, darunter zwei Minderjährige. Ein uniformierter Polizist hielt die Männer an, rief zwei weitere Beamte hinzu. Ein Mann konnte flüchten, die anderen vier wurden auf die Polizeistation mitgenommen.
Das Geld wurde abgenommen, die Habseligkeiten verbrannt
Die Beamten hätten die Männer dann „an einen unbekannten Ort gebracht“, hieß es, wo sie in einen Lieferwagen mit zehn bewaffneten Männern gesteckt wurden. Sie alle seien schwarz gekleidet gewesen, das Gesicht voll maskiert. Sie trugen Armeestiefel und Stirnlampen. Sie nahmen den Flüchtlingen das Geld ab, so der Vorwurf, ihre restlichen Habseligkeiten seien verbrannt worden. Danach seien sie angewiesen worden, sich bis auf die Unterwäsche auszuziehen.
Die Männer behaupten, sie seien dann gezwungen worden, sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden zu legen. „Ein Mann in Schwarz stand auf den Händen des Opfers und verhinderte, dass er sich bewegen konnte“, heißt es in dem Bericht. „Dann wurden sie geschlagen, getreten und ausgepeitscht.“ Medizinische Berichte bestätigen, dass die Verletzungen durch Peitschen hervorgerufen worden sein könnten.
Ein Mann sagt, er sei mit einem Ast sexuell angegriffen worden.
Arzt untersucht misshandelte Flüchtlinge: „Habe so etwas noch nie gesehen”
Ein Arzt, der das Opfer in Velika Kladuš untersuchte, bestätigte dem „Guardian“: „Der Patient hatte Wunden am ganzen Körper, am Rücken und an den Beinen. Ich kann die Anzeichen klarer sexueller Gewalt bestätigen… Ich habe so etwas noch nie gesehen. Auch wenn es nicht das erste Mal für mich als Arzt ist, dass ich Anzeichen sexueller Gewalt gegen Migranten gesehen habe, die nach Angaben von Asylbewerbern auf kroatischem Gebiet von kroatischen Beamten in schwarzen Uniformen verübt wurden. “
Ein anderer Migrant schildert, wie sich Flüchtlinge nackt ausziehen mussten und dazu gezwungen wurden, sich übereinander zu legen wie gestapelte Baumstämme.
Der UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) hat die kroatische Regierung dazu aufgefordert, eine unabhängige Bewertung der Grenzsituation vorzunehmen. Weder die kroatische Polizei noch das Innenministerium haben bislang auf Anfragen reagiert oder die Vorwürfe kommentiert.
Menschen erleben im gesamten Balkan massive Gewalt, kroatische Polizei besonders brutal
Dass Migranten bei dem Versuch, ohne gültige Papiere nach Kroatien zu kommen, von der kroatischen Polizei aufgegriffen und in der Regel undokumentiert nach Bosnien zurückgebracht werden, ist ein Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, kroatisches, sowie europäisches Recht, das auch Menschen ohne gültige Papiere vor Willkür schützt.
Dass die Menschen bei diesen sogenannten Push-Backs teils massive Gewalt erleben, ist schon länger bekannt: Das haben bereits Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Flüchtende inzwischen zehntausendfach berichtet und dokumentiert. Grenzgewalt gebe es zwar auf dem gesamten Balkan, doch die kroatische Polizei gehe an der EU-Grenze zu Bosnien-Herzegowina besonders brutal vor, so Amnesty. (mg)