Unsere Heimat FinkenbergDie Stadt hat uns vergessen

Trotz aller Widrigkeiten: Franz Homscheid (70) betreibt seit 41 Jahren seine Lotto-Annahmestelle in Finkenberg.

Trotz aller Widrigkeiten: Franz Homscheid (70) betreibt seit 41 Jahren seine Lotto-Annahmestelle in Finkenberg.

Köln – Manchmal kann man es einfach nicht erklären, wieso Menschen an bestimmten Orten hängen. Vor dem Kiosk von Franz Homscheid werden Drogen verkauft, bei ihm wurde bereits 80-mal eingebrochen. Und trotzdem ist Finkenberg seine Heimat.

Seit 41 Jahren betreibt der 70-Jährige seinen Kiosk mit Lotto-Annahmestelle. Ein Ort der Hoffnung, mit sechs Richtigen der Trostlosigkeit von kaputten Fassaden, einem Urwald aus Satellitenschüsseln und Sperrmüll auf der Straße zu entfliehen, ein neues Leben anzufangen. Bereits zweimal erfülle sich hier diese Hoffnung, zwei Männer knackten hier schon mal den Jackpot.

Doch der Alltag in Finkenberg sieht anders aus. Und für Franz Homscheid beginnt er mit dem Griff zum Wischmopp: „Vor dem Eingang ist immer eine Urinpfütze. Dadurch ist bereits die Metalltür verrostet, die habe ich erst vor kurzem einbauen lassen.“

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Mehrfach meldete er das stinkende Problem bei der Stadt, aber: „Für solche Probleme hier in Finkenberg fühlt sich keiner zuständig.“

Als nächstes schaut sich der Büdchenmann in seinem Laden um. Wurde schon wieder eingebrochen? Unglaubliche 80 Einbrüche gab es in den vergangenen 41 Jahren in seinem Kiosk. Und Franz zahlt jeden Schaden aus eigener Tasche. „Die Versicherung hat mir bereits nach dem zweiten Einbruch gekündigt.“

Trotz Kameraüberwachung werden die Täter, die meist zwischen 1.50 Uhr und 2.15 Uhr einbrechen und Zigaretten und Alkohol stehlen, fast nie gefasst. Auch bei seiner Nachbarin Zehra, die den Klamottenladen nebenan betreibt, wurde bereits mehrmals eingebrochen.

Franz: „Zunächst schmissen sie Gullideckel in das Schaufenster, bis ich bei der Stadt erreicht habe, dass sie festgeschweißt wurden. Dann Mülleimer.“ Wieder zähe Verhandlungen mit der Stadt. „Jetzt wurden alle Mülleimer entfernt.“

Am meisten tut dem 70-Jährigen weh, dass ihm keiner helfen will. „Vor einigen Jahren stand ein junger Mann bei mir im Laden und bot mir gefälschte Zigaretten zum Kauf an. Ich habe abgelehnt. Da er weiter vor meiner Tür stand, rief ich die Polizei. Eine Stunde verging, zwei, die Beamten kamen aber nicht. Ich rief noch mal an.

Und wissen Sie, was man mir dann sagte? Die Polizisten hätten meinen Kiosk nicht gefunden und seien wieder weg gefahren. Da fühlte ich mich richtig veräppelt!“ Trotzdem will er nicht wegziehen: „Wo soll ich denn hin, mit meinen 70 Jahren?“