Krimi um Wikileaks-GründerVater von Julian Assange in Ehrenfeld: Wallraff hilft

Assange, Wallraff

John Shipton, Vater des Wikileaks-Gründer Julian Assange, mit Günter Wallraff in dessen Haus in Köln-Ehrenfeld.

von Ayhan Demirci (ade)

Köln – Eine hochbrisante, internationale Affäre – und plötzlich wird Köln zum Schauplatz.

Das Foto unten zeigt: Ein älterer Herr, links im Bild, sitzt mit Günter Wallraff (77) an einem Tisch in dessen Haus in Köln-Ehrenfeld. Das Bild ist Ausdruck einer dramatischen Entwicklung in einer weltpolitischen Affäre: dem Fall des australischen Enthüllungsjournalisten Julian Assange (48).

Der Fall Julian Assange und das Treffen in Köln

Der Mann neben Wallraff ist Assanges Vater, der bei Melbourne lebende John Shipton (75)  – er fürchtet um das Leben seines Sohnes!

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Vater Assange

Der Kölner Journalist Günter Wallraff und der Vater des Wikileaks-Gründers Julian Assange, John Shipton, in Wallraffs Haus in Ehrenfeld.

Shipton holte sich Rat in Köln, denn: Wallraff ist für seine Kontakte und seine Hilfsbereitschaft in schwierigsten Notlagen bekannt. Indem er sich Missständen selbst aussetzt, sie am eigenen Leib nachspürt und darüber berichtet, bringt er verborgen gehaltene Wahrheiten ans Licht – ähnlich wie Assange, wenngleich sich die Mittel deutlich unterscheiden.

Julian Assange: Inhaftiert in einem Hochsicherheitsgefängnis

Julian Assange, Mitgründer und über Jahre die treibende Kraft hinter der Internet-Enthüllungsplattform „Wikileaks”, ist inhaftiert in einem Hochsicherheitsgefängnis in London.

Julian Assange gilt

13. Januar 2020: Wikileaks-Gründer Julian Assange verlässt den Westminster Magistrates Court, wo er zu einer Anhörung zum Auslieferungsgesuch der USA erschien.

Die Liste der in der Vergangenheit durch Assange und seine Mitstreiter veröffentlichten geheimen Dokumente ist spektakulär, viele der brisanten Inhalte dominierten die internationalen Schlagzeilen.

Assange: Enthüllungen durch Verrat bringen Regierungen in Erklärungsnot 

Dazu zählen Enthüllungen über die Richtlinien der US-Armee für das Gefangenenlager Guantanamo, US-Geheimdienstberichte über Meinungsmanipulation zum Afghanistaneinsatz, der vorsätzliche gewaltsame Tod irakischer Zivilisten und Journalisten durch US-Militär.

An den Pranger gestellte Behörden und Staaten sehen in Assange eine Bedrohung – und einen Verräter: Die US-Justiz hat den Politaktivisten angeklagt und Großbritannien ersucht, Assange auszuliefern. In den USA drohen ihm bis zu 175 Jahre Einzelhaft.

Julian Assange im Jahr 2015

Julian Assange im Jahr 2015. Sein Vater John arbeitete als Projektmanager in der Bauindustrie. Julian Assange ist bei seiner Mutter, einer Künstlerin, aufgewachsen, er hat eine Schwester und drei Brüder. Seine Eltern lernten sich bei einer Anti-Vietnam-Demo kennen.

Günter Wallraff erklärt: „Julian Assanges Vater sieht seinen Sohn bereits jetzt in höchster Gefahr. Er hat sich eine Wohnung in London gemietet. Er hat Julian Assange im Gefängnis besucht und war erschüttert.“ Abgemagert und zeitweilig desorientiert habe er seinen Sohn vorgefunden. Unter diesen Umständen könne Julian sogar sterben.

Assange: „Beweise für systematische Folter veröffentlicht“

Vor kurzem hatten bereits Aussagen des UNO-Sonderberichterstatters für Folter die Öffentlichkeit hellhörig gemacht: nach Einschätzung des Schweizers Nils Melzer werde Assange misshandelt und weise Symptome von psychologischer Folter auf. In einem Interview mit dem Schweizer Magazin „Republik“ sagte Melzer: „Der Mann hat Beweise für systematische Folter veröffentlicht. Statt der Folterer wird nun aber er verfolgt.“ (das ganze Interview: hier lesen Sie mehr)

Günter Wallraff: Vergewaltigungsvorwürfe gegen Julian Assange sind konstruiert

John Shipton, Günter Wallraff, Nils Melzer und mittlerweile über 100 andere Mitstreiter aus der Gesellschaft wollen die Öffentlichkeit für den Fall Assange sensibilisieren. Wallraff ruft zu Solidarität mit dem verfolgten Enthüller auf.

Nils Melzer

Der Schweizer UN-Sonderberichterstatter zu Folter, Nils Melzer

Seit Jahren würde Julian Assange durch Streuen von Gerüchten gezielt diskreditiert, auch Ermittlungen wegen Vergewaltigung durch die schwedische Polizei seien zu diesem Zweck planmäßig konstruiert worden.

UNO-Berichterstatter Nils Melzer: Manipulation der öffentlichen Meinung

UNO-Berichterstatter Melzer erklärte dazu weiter: „Assange ist der Mann mit dem Scheinwerfer. Die Regierungen sind einen Moment lang schockiert. Dann drehen sie mit den Vergewaltigungsvorwürfen den Lichtkegel um. Ein Klassiker in der Manipulation der öffentlichen Meinung.“

Assange lebte sieben Jahre in ecuadorianischer Botschaft

Schweden hat 2010 anschließend einen internationalen Haftbefehl gegen Assange ausgestellt. Ecuador gewährte dem Journalisten daraufhin politisches Asyl in der Londoner Botschaft. Dort lebte Assange sieben Jahre lang –  formal frei, und doch wie ein Gefangener: eine Extremsituation.

Zwei Frauen in einem bizarren Fall: Die Vergewaltigungsvorwürfe im Detail– hier lesen Sie mehr

Die konstruierten Vorwürfe erwiesen sich nachweislich als haltlos, allerdings wurde das Verfahren erst im November 2019 auf mehrfache Intervention des UN-Berichterstatters eingestellt. Doch das Gerücht war längst weltweit verbreitet. Im April 2019 entzog ihm der ecuadorianische Präsident Lenín Moreno das Asylrecht. Die britische Polizei nahm Assange daraufhin fest.

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Anhänger des Wikileaks-Gründer Assange halten vor dem Westminster Magistrates Court ein Banner mit der Aufschrift «Befreit Assange, keine U.S. Auslieferung» hoch.

Weil er sich durch die Flucht in die Botschaft der britischen Justiz entzogen hätte, verurteilte ihn ein Gericht zu einer Haftstrafe von 50 Wochen. Julian Assange erscheint heute als gebrochener Mann.

Wallraff vergleicht dessen Situation mit der von Regimekritikern in der DDR: „Bei Dissidenten wandte der Staat die sogenannte Zersetzung an. Das hier ist Zersetzung in perfidester Form.“

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Die Pressekonferenz zum Fall Assange: Mitinitiatorin Sevim Dagdelen (Die Linke), Ex-Innenminister Gerhart Baum (FDP), Ex-Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) sowie Günter Wallraff.

Ex-SPD-Chef und -Vizekanzler Sigmar Gabriel unterstützt Julian Assange

Der Besuch von Julian Assanges Vater bei Günter Wallraff im Dezember 2019 wurde zur Initialzündung. Es folgten Telefonate, Treffen, Verknüpfungen. Am Donnerstagvormittag nahmen mehrere prominente Persönlichkeiten auf einer in Berlin anberaumten Bundespressekonferenz zum Fall Assange Stellung, darunter Ex-Vizekanzler und –Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, der Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum – und Günter Wallraff.