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Kölns treuester Wahlhelfer (93)Seine Motivation ist eine schreckliche Erinnerung

Albert Politz steht an einer Wahlurne

Albert Politz ist seit 61 Jahren immer als Wahlhelfer zur Stelle.

Seit unglaublichen 61 Jahren hilft Albert Politz (93) bei jeder Wahl in Köln. Sein Antrieb: Die schrecklichen Erinnerungen an den Krieg und ein Versprechen an sich selbst.

Die Bilder der Bombennächte in Köln haben sich bei Albert Politz (93) für immer eingebrannt. Der Lärm, das grelle Licht, die verzweifelte Flucht in den Luftschutzkeller. Als 13-Jähriger erlebte er das Ende des Zweiten Weltkriegs, musste mit ansehen, wie Kameraden und Kameradinnen ausgebombt wurden, sah die vielen Toten. „Man muss alles tun, um Krieg zu verhindern. Frieden um jeden Preis – so etwas darf nie wieder passieren“, sagt er dem „Köln Stadt-Anzeiger“ mit fester Stimme. Sein persönlicher Beitrag für die Demokratie: Seit 1964 ist er Wahlhelfer – ohne eine einzige Wahl zu verpassen.

An seinen ersten Einsatz kann er sich noch gut erinnern. „Ich habe damals im Radio gehört, dass da Leute gesucht wurden, und dann hab ich im Wahlamt angerufen“, erzählt der rüstige Senior, der sich auf eine Krücke stützt. Seit diesem Anruf ist er bei jeder Wahl dabei. Eine unglaubliche Leistung, denn das Leben meinte es nicht immer gut mit ihm: Zwei Schlaganfälle musste er überwinden, musste danach sogar das Sprechen neu lernen. Doch aufgeben kam nie infrage. „Für mich ist jede Wahl, die ich schaffe, ein echtes Erfolgserlebnis“, sagt Politz stolz.

Auch an diesem Stichwahlsonntag (28. September 2025) ist er wieder im Einsatz, diesmal in der Grundschule Lebensbaumweg in Heimersdorf. Er ist einer von Hunderten Wahlhelferinnen und -helfern, die dafür sorgen, dass in Köln alles glattläuft. Sein Platz ist an der Wahlurne, wo er mit einem Lächeln die Stimmzettel entgegennimmt. Seinen Humor hat er auch mit 93 Jahren nicht verloren. „Meinen Humor lasse ich mir niemals nehmen, und ich nehme immer auch ein bisschen Kontakt auf zu allen“, verrät er sein Geheimnis.

Der gelernte Elektriker, der 38 Jahre bei Ford arbeitete, ist Kölner mit Leib und Seele. „Ich bin hier in Köln geboren, und ich möchte hier auch bleiben“, sagt Politz. Seine Liebe zur Stadt ist sein zweiter großer Antrieb: „Ich liebe Köln.“ Für ihn ist klar: „Wenn dann meine Vaterstadt um Hilfe ruft, bin ich natürlich da.“

Sein Zuhause ist nur 500 Meter vom Wahllokal entfernt. Dort wartet seine Frau, mit der er seit 1956 verheiratet ist. Alle zwei Stunden rufen sie sich an, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung ist. „Man muss Rücksicht nehmen und immer aufeinander aufpassen“, erklärt er. Diese Treue zeigt sich nicht nur am Wahltag. Lachend fügt er hinzu: „Ich habe noch keinen einzigen Hochzeitstag vergessen.“ (red)