Kult aus den 1960ernKünstler befreit Köln von Schandfleck in Domnähe

Thomas Otto Schneider will die Schaukästen an der Burgmauer in der Innenstadt. wieder zum Leben erwecken.

Thomas Otto Schneider will die Schaukästen an der Burgmauer in der Innenstadt. wieder zum Leben erwecken.

Schmuddelecken und Schandflecke ärgern die Bürger. Aber manchmal wird etwas auch wieder gut. Nicht weit vom Kölner Dom tut sich jetzt etwas.

von Ayhan Demirci  (ade)

Der Anblick ist grässlich. Drei stufenartig angebrachte, runtergekommene Schaukästen am Haus Burgmauer 16 geben nur 100 Meter vom Dom entfernt seit vielen Jahren ein hässliches Bild ab.

Dabei waren die Vitrinen mit der pittoresken Treppe schon seit den 1960er Jahren ein Kleinod der Stadt. Jetzt will eine kölsch-chinesische Kooperation die Verwahrlosung in zentraler Kölner Lage beenden.

Der kölsche Part in dieser aufmunternden Geschichte ist der Künstler und Buchautor Thomas Otto Schneider (67), den die versifften Kästen in schöner Lage schon lange störten. Er gab sich einen Ruck und suchte das China-Restaurant „The Great Wall“ auf, das sich seit bald 20 Jahren im Haus befindet. Was ihn antreibt, erzählte Schneider gegenüber EXPRESS: „Ich möchte diesen lange vergessenen Ort für Kölns Kulturlandschaft gewinnen.“

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Damit stieß er auf offene Ohren, nicht nur das. Just in dieser Zeit hatte auch Gastronom Yinan Yan (50) genug von der Tristesse am Gebäude: „Ich habe diese hässliche Wand gehasst.“ Nachdem er mit dem Hausbesitzer übereingekommen war, hatte Yan für die Sanierung der Schaukästen vom Handwerker kürzlich einen Kostenvoranschlag über 8000 Euro bekommen.

16.07.2025 Köln. Schöne Kunststory an der Burgmauer in der Innenstadt. Die Schaukästen sollen wieder zum Leben erweckt werden. Claus Dieter Geissler.Foto: Alexander Schwaiger

Der Künstler und Fotograf Claus Dieter Geissler erzählt eine besondere Hammer-Geschichte.

Als dann der Künstler Thomas Otto Schneider ins Spiel kam, entstand die kölschinesiche Gesamtlösung – und die funktioniert so: Bis zum Oktober gestaltet Schneider die verwahrlosten Vitrinen in Eigenregie und auf eigene Kosten. Einen Großteil der Aufkleber auf den Kästen hat er gerade entfernt. „Ich mache die Schaukästen wieder präsentabel, schleife sie ab, sie bekommen frische bordeauxrote Farbe und eine neue Innenbeleuchtung.“ Kommende Woche kommt der Schlosser und installiert neue Schlösser für die Vitrinen - die alten Schlüssel waren nicht mehr zu finden.


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Der zweite Teil der Vereinbarung: Als Gegenleistung für die Sanierung der Kästen darf Schneider sie künstlerisch inszenieren und sie als unkonventionellen Ausstellungsraum nutzen. „Ich erhalte bis März 2026 mietfreie Nutzungsrechte und dauerhaft die kuratorische Verantwortung für mindestens eines der drei Fenster. Ab Frühjahr 2026 können die beiden verbleibenden Flächen temporär von Yinan Yan an Werbepartner vergeben werden.“ Schneider freut sich: „Die Burgmauer wird ab jetzt eine Adresse für unerwartete Entdeckungen.“

Den Kunst-Vitrinen hat er einen besonderen Namen verliehen: Die „Heiligen Drei Kästen“ (H3K)“ – dies sei in unmittelbarer Nähe zum Dom eine Hommage an die stadtprägenden Heiligen Drei Könige.

Die ersten Aussteller stehen bereits fest. Den Anfang macht der Künstler und Fotograf Claus Dieter Geissler, der eine rührende Anekdote mitbringt: Sein Vater war Dekorateur und 1965 dekorierte er tatsächlich die drei Kästen an der Burgmauer – und nahm seinen damals 12-jährigen Sohn mit.

„Als er die Vitrinen aufschloss, fand er einen Hammer darin, den wohl ein Handwerker vergessen hatte. Diesen Hammer hat er mir geschenkt. Das hatte für mich als Jungen eine Bedeutung wie ein Fahrtenmesser – etwas ganz Besonderes.“ 60 Jahre später wird der Hammer im Mittelpunkt von Geisslers kleiner Ausstellung stehen.