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Ein bemerkenswerter DealEhemalige Nazi-Villa rückt in Zentrum einer Kölner Affäre

Villa Fürst-Pückler-Straße 58

Die repräsentative Villa Fürst-Pückler-Straße 58 wurde von 1937 bis 1945 vom Kölner Gauleiter Josef Grohé bewohnt. Später zog hier der Amtsgerichtspräsident und spätere Oberstadtdirektor Heinz Mohnen als neuer Besitzer ein.

von Ayhan Demirci (ade)

Köln – Das Haus Fürst-Pückler-Straße 58 in Braunsfeld ist eine Adresse der Spitzenklasse: Viel besser kann man in Köln nicht leben. Die Straßenbahn ist nicht weit, der Verkehr sehr ruhig, man ist zentral und doch abgeschieden. Der Stadtwald liegt gleich gegenüber.

Auch die Geschichte der Villa ist bemerkenswert - und die ihrer Hausherren. Heinz Mohnen, Kölner Oberstadtdirektor von 1965 bis 1977, gehört dazu. Mohnen, der im Zentrum der Affäre um das nach ihm benannte Sülzer Kinderheimgelände steht und dessen SA- und NSDAP-Vergangenheit EXPRESS vor wenigen Tagen enthüllte (lesen Sie hier die Dokumentation). Das NS-Dokumentationszentrum hat eine gründliche Untersuchung des Falles eingeleitet.

Die Vorgänge um das Haus Fürst-Pückler-Straße 58 werfen ein Licht auf die Person Mohnens und sein früheres Verhältnis zur Stadt - die Villa rückt so als ein Schauplatz der Mohnen-Biografie mit ins Zentrum der Affäre.

Das Haus wurde 1914 vom Kölner Notar Josef Krauß erbaut. Die Stadt Köln kaufte ihm das herrschaftliche Anwesen 1937 für den Preis von 130000 Reichsmark ab.

Kölner Villa im Bezirk Lindenthal hat eine wechselvolle Geschichte

Die Villa wurde im „Dritten Reich“ zur ranghöchsten Adresse der Stadt: Der Kölner NSDAP-Chef und Gauleiter Josef Grohé (†1987) zog ein und residierte hier mit seiner Familie – bis zu seiner Flucht im April 1945. Grohé hatte von hier eine Standleitung zu Adolf Hitler, im Stadtwald hatte er, 20–30 Meter vom Hauseingang entfernt, einen eigenen Führungsbunker unter der Stadtwaldwiese.

Als Grohé noch auf der Flucht war, knüpfte der Kriegsheimkehrer Heinz Mohnen an seine Karriere in der Justiz an. Er hatte einen Doktor in Jura. In der Entnazifizierungsakte urteilt der Landgerichtsdirektor über ihn: „Landgerichtsrat Dr. Mohnen ist ein sehr befähigter Richter. Er erfasst rasch das Wesentliche und verbindet mit umfassenden Rechtskenntnissen ein sicheres, lebensnahes Urteil. (...) Sein Auftreten ist sicher und gewandt, seine Führung tadellos. (...)“

1945: Verfolgte ziehen in die ehemalige Gauleiter-Villa

In der Fürst-Pückler-Straße 58 wehte mittlerweile ein anderer Geist. Der „Property Control Officer“ der Amerikaner, Samuel Weiss, hatte mit dem Wohnungsamt der Stadt Köln entschieden, wer in die ehemalige Nazivilla zur Miete ziehen sollte: Dr. Max-Leo Schwering, Historiker und Zentrums-Mann, von den Nazis verfolgt, von der Gestapo verhaftet, im EL-DE-Haus verhört. Im Juni 1945 gehörte Schwering zu den Mitbegründern der CDU.

Auch Dr. Heinz Mohnen bahnte sich seinen Nachkriegsweg. Vom Richter am Kölner Landgericht zum Oberregierungsrat im NRW-Justizministerium, vom Präsidenten des Landesarbeitsgerichtes in Hamm (1954) zum Präsidenten des Amtsgerichts in Köln (1957). Als solcher zog Mohnen 1960 in die Wiethasestraße in Braunsfeld. Die ehemalige Nazivilla befand sich ganz in der Nähe.

Kölner Amtsgerichtspräsident schreibt Brief: Er will der Stadt die Villa abkaufen

Im Juli 1959 wandte sich der Präsident des Amtsgerichts an die Stadt Köln und bekundete sein Interesse an einem Kauf des 1285 Quadratmeter großen Anwesens. In der Verwaltung gab es darauf einen Meinungsbildungsprozess. Mit dem Ergebnis, dass man sich von solch repräsentativen Gebäuden wie der Fürst-Pückler-Straße 58 doch trennen wolle.

Schon im September wurde ein Bewertungsgutachten erstellt. Die Villa konnte für 155 000 DM an Dr. Mohnen verkauft werden. Auch die zu erwartenden künftigen Mieteinnahmen wurden berechnet. Am 9. März 1960 kam es zum Kaufvertrag. Der Oberstadtdirektor, eingruppiert in die Beamtenbesoldungsgruppe B9, bezog zu dieser Zeit ein monatliches Salär von etwa 4100 DM, zuzüglich gab es eine Aufwandsentschädigung (bei Adenauer hatte diese 430 DM betragen).

Mieter klagen über Verkauf der Villa, Dr. Max Adenauer schlichtet

Der Bewohner Dr. Schwering äußerte schon bald sein Unverständnis darüber, dass das Haus verkauft wurde. Es entstand ein Vorgang, in dem sogar der Oberstadtdirektor Dr. Max Adenauer (CDU) schlichtend eingreifen musste. Letztlich war es so: Die Schwerings zogen aus, die Mohnens zogen ein.

Ein Jahr darauf, 1964, wechselte Heinz Mohnen, mittlerweile auch Honorarprofessor an der Uni, überraschend in die Stadtverwaltung – er wurde Stadtdirektor, ein Jahr darauf Oberstadtdirektor.

Sein Gönner und Förderer war John van Nes Ziegler, der Fraktionschef der seit den Kommunalwahlen von 1956 mächtig erstarkten SPD (46 Prozent, bis 1964 Anstieg auf 56 Prozent). „Big John“, wie der spätere Kölner OB genannt wurde, war von Beruf Anwalt und kannte Mohnen vom Gericht. Er war es, der den versierten Juristen zur Stadt holte.

Als die SPD zur neuen Macht am Rhein wurde

Mohnen, der zwischen 1937 und 1945 Mitglied der NSDAP war, wurde jetzt Mitglied der SPD – der neuen Macht am Rhein.

Er beerbte erst den Stadtdirektor Berger, dann den Oberstadtdirektor Adenauer, den Sohn des ersten deutschen Bundeskanzlers, der einst von den Nazis als Kölner OB aus der Stadt gejagt worden war.

Professor Dr. Mohnen, der Chef der Stadtverwaltung, bewohnte seine herrschaftliche Villa an der Fürst-Pückler-Straße bis 1973. In dem Jahr zog der Hausherr in ein neues Domizil in Müngersdorf.