Betrugs-Verdacht in KölnIrre Rechnung: So reich wird man mit Corona-Testzentren

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Mitarbeiter nehmen einen Abstrich in einem Corona-Testzentrum am 30. Juni 2020: In der Branche hat sich der Verdacht auf Betrug im großen Stil aufgetan.

Köln/Bochum – Schneller Test, schneller reich! Hinter dem Mega-Boom der Corona-Testzentren, allein in Köln gibt es mehr als 800 Stück, steckt wahre Goldgräberstimmung. Im EXPRESS packt ein Insider aus. Er sagt: „Es gibt kaum Kontrollen, Betrüger können Millionen machen.“ Gegen einen in Köln, Bonn und Düsseldorf tätigen Unternehmer laufen derweil nach einer Razzia Ermittlungen.

  • Verdacht auf Betrug in Corona-Testzentren
  • Machen mutmaßliche Betrüger große Kasse mit Steuergeldern?
  • Razzia in Corona-Testzentrum

Köln: Verdacht auf Betrug in Corona-Testzentren

Fakt ist: Für jeden Schnelltest zahlt die Kassenärztliche Vereinigung an die Betreiber 18 Euro. Zwölf für die Untersuchung, sechs für das Testkit. Doch der Einkauf der Testkits ist in Massen weitaus günstiger – je um die drei Euro.

Der Insider: „Wenn ein Betreiber also nur 100 Tests am Tag macht, was bei der Fülle der Testpflichten in verschiedensten Bereichen eher wenig ist, verdient er täglich 1800 Euro. Die Tests kosten ihn etwa 300 Euro. Drei Leute an Personal, also für Anmeldung, Abstrich und Auswertung, um die 450 Euro - wenn er überhaupt so viele Leute hat und diese so gut bezahlt.“

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Köln: Ermittlungen gegen Betreiber von Corona-Testzentren

Heißt: Wenn noch rund 50 Euro Kosten für Schutzausrüstungen, Formulare, Kulis abgezogen werden, bleiben 1000 Euro an Einnahmen. Jeden Tag.

Doch bei guten Lagen, etwa nahe Einkaufsmeilen oder vor Möbelmärkten oder Gastronomien werden schnell 300 oder mehr Personen vorstellig. Dann steigt der Tageslohn auf 3000 Euro. Macht ein Monatssalär, natürlich gegebenenfalls abzüglich Miete oder Standgebühr, von rund 100.000 Euro – gezahlt mit Steuergeldern.

EXPRESS fragte die für den Raum Köln und Düsseldorf zuständige Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO): Welche horrenden Summen fließen da jeden Monat? Sprecher Sven Ludwig: „Die KV Nordrhein hat im Monat Mai insgesamt 107 Millionen Euro mit dem Bundesamt für Soziale Sicherung abgerechnet.“

Köln: Testzentren dürfen bei Abrechnungen keine Personenangaben machen

Ob da jeder Euro zu Recht verdient wurde, will die KVNO nicht beurteilen. Man nehme lediglich Meldungen über Kosten entgegen: „Mehr ist nicht möglich, da die übermittelten Angaben der Anbieter keinen Bezug zu getesteten Personen aufweisen dürfen“, so Ludwig. Im Klartext: Aus datenschutzrechtlichen Gründen werden nur Zahlen übermittelt. Und die sind kaum überprüfbar.

Nach Recherchen von SZ, NDR und WDR lädt das System zum Abrechnungsbetrug ein, da eine entsprechende Kontrolle fehle. Stichproben hätten etwa an einer „Medican“-Teststelle in Marsdorf ergeben, dass statt weniger als 80 genommener Proben 977 abgerechnet wurden. Also rund 17.500 Euro!

Köln: Gesundheitsamt geht Verdacht auf Betrug in Corona-Testzentrum nach

Der Inhaber bestreitet dies, er habe mehrere Testungen in einer Abrechnung zusammengefasst, in Absprache mit den Behörden. Das Kölner Gesundheitsamt hat den Verdacht, dass falsche Angaben gemacht wurden, und will den Fall, sollten sich Beweise ergeben, der Polizei melden. Derweil hat die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wirtschaftskriminalität in Bochum Ermittlungen gegen zwei Medican-Verantwortliche aufgenommen und durchsuchte bereits Geschäftsräume und Privatwohnungen.

Der Insider: „Das Problem ist, dass im Prinzip jeder ein Testzentrum eröffnen kann. Es ist kein Hexenwerk. Eine schnelle Schulung, ein einfacher Antrag, ein paar Studenten für Abstrich und Auswertung - fertig.“ Und er fügt hinzu: „Es ist ärgerlich, dass seriöse Anbieter, die mit ihrer Arbeit effektiv im Kampf gegen die Pandemie helfen, nun auch in ein schlechtes Licht gerückt werden könnten.“