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Kölner Milieu-BeichteZementkopp: Ich habe mehr verprasst als alle anderen

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Rumms! Der Zementkopp macht im Klein Köln seinem Namen alle Ehre - Klein Köln-Wirt Hein Rockstroh (r.) und Vorgänger Will Holweg (l.) geben Hilfestellung.

von Markus Krücken (krue)

Köln – TV-Dokumentationen, Bücher wie „Wenn es Nacht wird in Köln“: Das berüchtigte Kölner Milieu der 70er und 80er Jahre.

Die einen halten die Protagonisten von einst wie Schäfers Nas für Haudegen mit Ganovenehre, viele empören sich dagegen, wenn die heute noch lebenden Gestalten wie „Pille Rolf“ auf der Straße jubelnd erkannt werden und sogar Autogramme geben.

Köln: Zementkopp schildert seine Milieu-Erfahrungen

Auf EXPRESS.de erinnern wir zum Jahresende mit Episoden an die wilde und oft kriminelle Vergangenheit, die als Chicago am Rhein zu Köln gehörte, aber nicht verklärt werden darf.

Heute veröffentlichen wir Anekdoten von Ex-Rotlichtgröße Zementkopp aus dem oben erwähnten Buch von Roland Bebak. Das Interview.

Wie kamen Sie zu diesem Spitznamen? Zementkopp: Es war die Zeit, in der der Schmitze Jupp noch da war. Wir waren ständig nachts unterwegs. Es gab das Café Geratz, da sind wir morgens immer hin, weil man hinter dem Vorhang ein frisches Kotelett bekam. Das war ein altes Café. Da haben wir immer durchgesoffen.

Und die hatten da noch diese alten Tische drin, mit den Marmorplatten drauf. Und irgendwie kam es mal zu einer Diskussion wegen der Platten. Da sagte der Schmitze Jupp: „Das kriegt man nicht durch.“ Ich sagte: „Sei nicht läbsch, da brauch ich keine Faust für, das hau ich mit dem Schädel weg.“ - „Du Jeck.“ „Moment“, sag ich, bumm war die Ecke weg. Geschwindigkeit ist keine Hexerei. Jupp sagte: „Das gibt‘s ja gar nicht, der hat ja 'nen Kopf wie Zement.“ Tja, seitdem war ich der Zementkopp.

Wie sind Sie nach Köln gekommen?

Zementkopp: 1958. Eigentlich bin ich in Kiel geboren. Ich war ab 1952 im Osten Bergmann, bis man mich aus der DDR ausgewiesen hat. 58 kam ich dann zum Eigelstein. Da habe ich den Jupp dann kennengelernt. Wir haben einiges zusammen erlebt.

Zementkopp Köln: Orgie im Schaufenster

Zum Beispiel?

Zementkopp: Einmal nachts waren wir auf der Weidengasse. Hatten durchgesoffen. Wir waren nicht die Hübschesten, aber stramme Jungs. Ich sagte Jupp: Reiss auf, ich habe keine Lust. Natürlich hat Jupp das gemacht. Er hatte den Schlüssel für ein Haus mit den Schaufenstern, da waren Schlafzimmer ausgestellt. In denen haben wir es dann mit den Weibern getrieben. Am nächsten Morgen um 6 Uhr gingen die Leute in die Kirche. Die gingen am Schaufenster natürlich vorbei und haben uns gesehen. Aber wir waren zu beschäftigt, wir haben das im Rausch gar nicht mitbekommen.

Bis Jupp schrie: „Mein Vater steht vor der Tür, mit der Peitsche“. Wir hatten ja nix zugezogen, im Suff haben wir das ja gar nicht gemerkt. Wir waren sozusagen lebende Schaufenster. Also alles raus. Die Weiber schrien vor Angst. So war das.

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Betriebsausflug in Las Vegas: Beckers Dieter (2. von r.), Willi Prumbaum (r.) und der Zementkopp (l.) waren die Smo-Kings.

Kannten Sie Schäfers Nas?

Zementkopp: Natürlich. Ich bin über 80 Jahre alt. Ich kannte ihn schon ganz früh. Ich hatte immer guten Kontakt zu ihm. Ich war ja Portier wie er auch. Ich weiß noch, Hein hatte immer einen Schäferhund dabei. Wenn einer kam und fragte: „Kann ich den streicheln?“, sagte Hein: „Mach es, und er beißt.“ Tja, einer hat es mal trotzdem gemacht. Ratsch war die Hand fast weg. „Wat packste den an du Idiot“, schrie Hein den an. So 1978 hatte ich mal Ärger mit ihm.

Zementkopp: Partner von Beckers Dieter im „Klein Köln“

Wieso?

Zementkopp: Ich war mal nachts unterwegs. Am Wasser. Da war das Calypso, das Schätzchen. Und der Steinbock. Eine von Heins Frauen war irgendwie läbsch zu mir, ich glaube ich hatte sie blöd angemacht. „Ich klebe dir 'nen Hunderter auf die Stirn, dann gehste“, sagte ich der. Und war weg.

Am nächsten Morgen, nur ein paar Stunden später, um 9 Uhr morgens, saß dann minge Hein bei mir im Spielclub am Tisch. Oh, da läuteten die Glocken. „Oh, da haste einen kleinen Fehler gemacht“, dachte ich. „Hein wat is“, fragte ich ihn. Er war ja nie zuvor dagesessen. „Dat frage ich dich ,wat is“: „Is irgendwas passiert, ne?“ „Ja, sagt er, bei jedem anderen gibt es Hiebe.“ „Wehren würde ich mich, aber ich hätte wohl kaum Chancen.“ „Ne, du hast trotzdem keine Chance“, sagte Hein.

Ich sagte: „Wat is nu, ist es jot oder nicht?“ Wir haben nie wieder darüber gesprochen. Er wollte meine Entschuldigung haben. Und seine Ahl vertreten, er war ja ihr Beschützer.

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Sorgte im Milieu für Angst und Schrecken: Hein Schäfer, alias Schäfers Nas.

Was war das für ein Begriff?

Zementkopp: Als Lude wird man nicht geboren. Man wird dazu gemacht. Vor allem im Ruhrpott haben die Frauen Bock auf starke Jungs. Das war damals so. Die Frauen sagten auch: „Ich gehe auf Maloche. Auf Schicht.“ Und gingen richtig pünktlich in den Puff rein. Ob es in Dortmund Lilienstraße war, Essen Stahlstraße. Die wollten einen echten Freund haben, einen Beschützer. Damals herrschte untereinander auch viel mehr Respekt, man hat sich nicht an die Ahl eines anderen rangewagt. Auch nicht im Flachs. Sonst gab es einen Hammer und die Sache war erledigt. Ich kenne sogar ein paar Jungs, die haben ihre Alten geheiratet. Ich kannte genug, aber ich habe lieber meine eigenen Geschäfte gemacht. Ich hatte mit Beckers Dieter zusammen das Klein Köln, auch mit Willi Prumbaum.

Und später war ich Aufpasser in meinem Spielclub. 1986 bin ich nach Nippes gekommen mit meiner Dame, die ich vorher kennengelernt hatte. Eine solide Geschäftsfrau aus Junkersdorf, tiptop. Wir haben hier aus einer Absteige ein Hotel Garni aufgemacht. Wir haben uns mal getrennt, aber sind bis heute irgendwie zusammen. Wie das geht, weiß der Teufel, das kann man keinem erklären.

Wieviel Frauen haben Sie in den größten Zeiten gehabt?

Zementkopp: Satt. Genug. Meine Mädels grüßen mich heute noch.

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Starke Jungs: Beckers Schmal, Zementkopp und ein anderes Mitglied der Kölner Luden-Mannschaft FC Johnny.

Waren Sie mal in Lebensgefahr?

Zementkopp: Ich hab ein paar Stichwunden, mein linker Arm ist ziemlich am Arsch. Aber nicht der Rede wert alles.

Ihr richtiger Name ist Erich?

Zementkopp: Ja. In Nippes nennt man mich auch so. Hier bin ich der Erich. Hier weiß auch niemand was von meiner Vergangenheit außer zwei Freunde. Sonst überall bin ich der Zementkopp.

Stimmt die Hierarchie? Schäfers Nas, dann Dummse Tünn, dann der Prumbaum?

Zementkopp: Hundert Prozent. Tünn wollte es immer wissen, aber wenn Hein reinkam, wurde es im Raum dunkel. Dass der so früh gestorben ist, hätte ich nie gedacht.

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Bis heute gut am Glas: Zementkopp mit einem Kumpel auf dem Oktoberfest em Hähnche, das Foto zeigt die Beiden 2016.

Kannten Sie auch den Heinz Flohe?

Zementkopp: Klar, er hat ja in unserer Fußballmannschaft mitgespielt. Beim FC Johnny. Ein toller Mann, ein leeve Kerl. Der war auch mit in Vegas. Wir waren zusammen im MGM. Becker, Hanne, Flocke, Säbel, ein türkischer Journalist, der Willi Zöller und ich.

Aber viele Bilder gibt es von mir nicht. Damals lief immer der Fotograf Lorenz rum. Dem hab ich mal 'ne Ansage gemacht. Mich hat der nie geknipst.

Wie denken Sie heute über die Zeit allgemein?

Zementkopp: Im Grunde sind wir alle ordentliche Leute geblieben. Ich habe immer Konzessionen für meine Läden bekommen. Dann ist man schon was. Und damals war ich schon ein bisschen mehr. Ich habe mehr verprasst als die alle. Aber ich hab früh genug angefangen, ein paar Mark festzuhalten und mich so abzusichern, dass ich mal nicht zum Amt muss. Es ist nicht die Welt, aber ich komme damit hin und damit hat es sich. Und mit Drogen hatte ich nix.