Hotspot in KölnPartylärm, Sex-Attacken, Drogen: Anwohner zeigen „untätige“ Behörde an

Auf einer Mauer an der Zülpicher Straße auf dem Universitätsgelände sitzen zahlreiche Menschen.

Volles Haus auf der Mauer an der Zülpicher Straße in Köln. Die Stelle ist ein beliebter Treffpunkt von jungen Leuten, wie auf dem Foto vom 2. Juni kurz nach Mitternacht zu sehen ist.

Anwohner im Kwartier Latäng verzweifeln an einem Party-Hotspot in Köln und den aus ihrer Sicht untätigen Behörden. Die Bürger versuchen alles, damit Stadt und Polizei ihre Situation endlich ernst nehmen. 

von Adnan Akyüz (aa)

Köln. Gewalttätige Übergriffe, Drogenhandel, Lärm bis in die Morgenstunden: Der Kölner Party-Hotspot Zülpicher Straße wird für Anwohner immer unerträglicher. Besonders der Bereich am „Mäuerchen“ nahe der Uni-Mensa ist ein Brennpunkt. Die Bürger plagen seit fast drei Jahren regelmäßig schlaflose Nächte. Sie klagen auch über die aus ihrer Sicht untätigen Behörden. Die zugespitzte Lage gipfelte jetzt in einer Strafanzeige gegen das städtische Ordnungsamt.

Der Kölner Andreas Gebauer (50) und seine Nachbarn haben die Schnauze voll. Er erlebt den Party-Hotspot als Anwohner der Zülpicher Straße seit 2006 mit, sagt aber, dass sich die Situation in den vergangenen drei Jahren deutlich verschlimmert habe und nicht mehr auszuhalten sei. Gerade der Bereich zwischen der Unterführung des Bahnhofs Süd und der Uni-Mensa sei nicht mehr zu ertragen.

Das große Problem der dortigen Anwohner erklärt der Postangestellte so: „Wir können nicht schlafen. Wir werden nachts vom Party-Lärm aus dem Schlaf gerissen. Ich muss mich oft montags ausruhen, weil wir hier nachts nicht zur Ruhe kommen. Die Partys laufen vor unserer Tür teilweise bis 9 Uhr morgens.“

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Dazu kommen noch die ganzen Auswüchse des Party-Hotspots. „Hier wird auch in Hauseingänge wildgepinkelt und noch mehr. Wir Anwohner haben mittlerweile Angst, nach 21 Uhr vor die Tür zu gehen. Unter den Leuten, die sich hier aufhalten, gehen auch schon mal welche mit abgebrochenen Flaschen aufeinander los. Der Gestank von Marihuana zieht ständig in unsere Wohnungen. Auch junge Studentinnen, die hier wohnen, haben Angst, weil es schon sexuelle Übergriffe gegeben hat. Hier muss doch endlich jemand was tun, damit sich die Situation verbessert“, klagt er. Ein eingesetzter privater Sicherheitsdienst helfe nur bedingt.

Köln: Anwohner beklagen schlaflose Nächte wegen Party-Lärm an der Zülpicher Straße

Das ist nämlich ein Punkt, der die Anwohner wurmt. „Wir suchen schon seit Jahren Hilfe bei den Behörden. Doch niemand schenkt uns Gehör. Weder die Stadt noch die Polizei. Wir fühlen uns verarscht“, sagt er deutlich. Einziger Lichtblick sei, dass die Stadt auf Bitten der Anwohner Winkeleisen am Rand der Grünfläche vor der Uni-Mensa anbringen ließ. Diese Stelle wurde von Feiernden oft als Sitzgelegenheit genutzt und sei jetzt ruhiger.

Die Anwohner versuchen alles: In der Nachbarschaft wurden 108 Unterschriften gesammelt, die am Dienstag (27. Juli) per Einschreiben an Stadtdirektorin Andrea Blome gesendet wurden. Die Anwohner hoffen jetzt auf eine Reaktion.

Auf EXPRESS-Anfrage erklärte ein Stadtsprecher, dass die Unterschriften noch nicht bei der Stadtdirektorin angekommen sind. „Gleichwohl nimmt die Verwaltung die Beschwerden ernst, wird sie prüfen und Kontakt zu den Anwohner*innen aufnehmen“, so der Sprecher.

Andreas Gebauer ist noch weiter gegangen und hat auch die NRW-Minister Laumann, Reul und Biesenbach angeschrieben. Er beklagt sich bei den Politikern über die Situation sowie die Untätigkeit der Behörden in Köln. Zuvor hatte er die Situation auch dem Kölner Polizeipräsidenten Uwe Jacob in einem Brief geschildert.

Köln: Anwohner der Zülpicher Straße erstatten Anzeigen gegen Ordnungsamt

Bereits im April hat Gebauer Strafanzeige wegen Unterlassung und Verletzung der Verkehrsaufsichtspflicht gegen das Amt für Öffentliche Ordnung erstattet. „Aus der Not heraus“, wie Gebauer sagt. Die Kölner Polizei bestätigte das auf EXPRESS-Anfrage. Die Ermittlungen laufen.

Die Anwohner haben klare Forderungen: „Wir wünschen uns mehr Polizeipräsenz und mehr Ordnungskräfte, die auch einschreiten und nicht nur zugucken. Zudem muss es ein Musikverbot ab 22 Uhr oder 23 Uhr geben. Wir hoffen, dass die Stadt unser Anliegen endlich ernst nimmt und eine Lösung mit uns findet.“ Beispiele wie der Brüsseler Platz oder Ebertplatz zeigten, dass Lösungen werden gefunden werden könnten.

Ein erster Schritt scheint unterdessen eingeleitet: Als EXPRESS am Mittwoch (28. Juli) vor Ort mit den Anwohnern sprach, rief ein Polizist der Wache Sülz bei Andras Gebauer an und lud ihn zu einem Gespräch ein. Der Anwohner war überrascht: „Zuvor wurde mir gesagt, dass man mir nicht helfen kann. Jetzt geht es auf einmal.“