Tradition voller GeheimnisseIm Kölner Dom ist eine letzte Corona-Beschränkung gefallen

Treffen mit dem Geistlichen Monsignore Markus Hofmann zum Thema 'Beichte'

Der Geistliche Monsignore Markus Hofmann im März 2023 im EXPRESS-Gespräch zum Thema „Beichte“ im Kölner Dom.

Lautlos ist nach drei Jahren Unterbrechung eine alte Tradition im Kölner Dom neu aufgelebt: Die Beichtstühle sind wieder in Benutzung.

von Ayhan Demirci (ade)

In Zeiten der Corona-Pandemie war die Nähe zwischen dem Priester, der die Beichte abnimmt, und der beichtenden Person, die den Geistlichen von der Seite anspricht, problematisch geworden. Beichten wurden daher noch bis vor kurzem in der Sakramentskapelle abgenommen — zwar von Angesicht zu Angesicht, aber unter Wahrung größerer Distanz.

Der Beichtstuhl – ein Relikt aus vergangenen Hoch-Zeiten der Kirche? Wird überhaupt noch gebeichtet – gerade in Zeiten des schweren Vertrauensverlusts in die Kirche als moralische Autorität (Missbrauch und Woelki-Krise)? Was ist, wenn ein Mensch ein schweres Verbrechen beichtet? Der Kölner Priester und Domkapitular Monsignore Markus Hofmann (55) gab EXPRESS interessante Antworten auf spannende Fragen. Er ist einer von 17 Geistlichen, die im Dom die Beichte hören.

Köln: Beichtstühle im Dom sind wieder in Benutzung

Ja, es wird noch gebeichtet, sagt Hofmann, 70 bis 100 Menschen kämen in der Woche, vielleicht etwas mehr Frauen als Männer.

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Über allem steht das Nonplusultra des Beichtens: das Beichtgeheimnis. „Ich darf niemandem etwas sagen, was ich aus der Beichte weiß. Davon kann mich weder der Papst noch irgendeine andere Autorität dispensieren (entbinden). Der Staat in Deutschland, Gott sei Dank, respektiert und akzeptiert das Beichtgeheimnis.“

Es gibt feste Zeiten für das Beichten, montags bis freitags zwischen 7.45 Uhr und 8.45 Uhr, samstags bis 9.45 Uhr und zusätzlich noch von 15 Uhr bis 17.30 Uhr. Es kommt auch vor, dass Hofmann, am Kragen als Priester erkennbar, im laufenden Betrieb angesprochen wird. „Wenn es sich einrichten lässt, mache ich das“, erzählt er.

Gerade auch internationalen Gästen erweist er so seine Dienste. Er könne die Beichte auch in Englisch und Italienisch abnehmen. „Wenn es sein muss, auch in Spanisch. Das wird hier auch häufiger gefragt.“

Die Beichte, das ist das persönlich vorgebrachte Sündenbekenntnis vor einem ordinierten, also für Beichtfragen zuständigen kirchlichen Amtsträger, wie es Hofmann seit dem Alter von 26 Jahren ist. In der katholischen Kirche ist die Beichte eines der sieben Sakramente und hat damit einen hohen Stellenwert. Im Grunde geht es darum, Dinge mit sich und mit Gott in Ordnung zu bringen.

Hofmann erzählt von den Menschen, die ihn aufsuchen: „Ich kenne eine ganze Reihe, die alle vier oder fünf Wochen kommen, ohne dass jetzt etwas riesig Schlimmes passiert ist. Das sind Menschen, die einfach für eine Art Grundhygiene in ihrer Seele sorgen. Das bewahrt sie dann leichter davor, in größere Dummheiten zu geraten.“

Die Geschichten, die der Priester hört, handeln von allen denkbaren Themen, sagt Hofmann, „so bunt oder so vielfältig, wie das Leben ist“. Was sie eint: Sie handeln von Verzeihung, Schuld und Gewissen. Er erlebe Menschen mit großer Last auf der Seele, die nach 20, 30 Jahren sagen: Jetzt kann ich das endlich loswerden. Als Priester erlebe er so „die tiefsten Momente“ in seiner Tätigkeit, und es käme auch vor, dass Tränen fließen. Tränen der Freude – auf beiden Seiten.

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Die Kirche unterscheidet zwischen lässlichen und massiven Sünden, bis hin zur Todsünde. Ja, antwortet Hofmann, er habe im Beichtstuhl auch von Kapitalverbrechen erfahren. Und ja, Mitwisser zu sein, bedeute unter Umständen durchaus eine Belastung für ihn.

Erstmal sei es wichtig, dass er dem Menschen helfe, diese Tat auch als schwerwiegend zu erkennen und sie zu bereuen. „Aber ich darf nicht sagen: Nur wenn du dich der Polizei stellst, erhältst du die Vergebung, die ich dir als Priester geben kann. Aber ich kann und werde ihm gegebenenfalls natürlich raten, sich der Polizei zu stellen, denn alles andere führt nur tiefer in die Sackgasse.“

Billige Gnade helfe niemandem. Gott lasse sich nicht betuppen. Hofmann sagt: „Das eine ist: Der Priester hat die Aufgabe, die Absolution, die Vergebung zuzusprechen und zu geben. Es sei denn, er hat den klaren Eindruck, dass die Haltung dessen, der da beichtet, nicht wirklich (auf)richtig ist. Und der Mensch nur pro forma kommt. Zu einer Beichte gehört nicht die Garantie, aber der ernste Vorsatz, nicht mehr zu sündigen.“