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Karstadt-Abriss in Porz1971-2018: Ruhe in Frieden, Kaufhaus meines Lebens

von Ayhan Demirci (ade)

Abriss Karstadt

Die Abrisszange nagt an der Ruine des ehemaligen Kaufhauses, das 1971 als Karstadt in der Porzer City eröffnete.

Köln – EXPRESS-Redakteur Ayhan Demirci (49, geb. 1968) stellvertretender Leiter der Kölner Lokalredaktion, wurde in der Südstadt geboren und wohnt heute in Ehrenfeld.

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Ayhan Demirci ist stellvertretender Ressortleiter der Kölner Lokalredaktion.

Die längste Zeit seines Lebens verbrachte er aber in Porz – ab 1973. Hier erinnert er an das wohl größte Wahrzeichen der 1975 nach Köln eingemeindeten ehemaligen Stadt: Den 1971 eröffneten Karstadt, der dieser Tage abgerissen wird.

Kann man eine besondere Beziehung zu einem Kaufhaus aufbauen? Klar, wenn es dein zweites Zuhause war!

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Ein Ort der Kinderträume

Ich hab als Kind nachts von dir geträumt, mein lieber Karstadt. Seit 1971 bist du das Wahrzeichen von Porz. Du warst gebaut wie ein Flaggschiff, aber du gingst mit der Zeit unter. Wurdest zu Hertie, gingst pleite, wurdest zur Bauruine und warst nur noch ein gigantischer Klotz am Bein.

So geht unsere Geschichte

Jetzt machen dich die Bagger platt. 100.000 Porzer werden verstehen, wenn ich zum Abschied unsere Geschichte erzähle. Du warst unser Herz. Rock´n-Rolltreppe!

Mit Mutter in der Textilabteilung

Runter in die Lebensmittelabteilung, was für unsere Aldi-Verhältnisse Feinkost war. Rauf zu Technik, Teppich und Textil. Da stand man sich als Panz die kurzen Beine in den Bauch, bis Mutter aus den Stoffballen endlich das Muster fürs nächste Kleid ausgesucht hatte. Sie hat sie selbst genäht: Super, Mama!

Kampf an den Teppichen

Eine Traumlandschaft waren die für uns mannshohen Teppichhaufen in den langen Gängen. Augen zu und Film ab: Wir Kinder aus der nahen Siedlung ließen uns nachts im Karstadt einschließen und bildeten dort kämpfende Einheiten. Peng, duck dich, hinterm Teppich! Gerettet. Aufwachen!

Ladendieb aus dem Jugendzentrum

In der Realität rollte uns später einmal ein Freund aus dem Jugendzentrum entgegen. Er trug einen Schlagbohrer bei sich. Aber er war weder vorher noch nachher an der Kasse. Ich sehe ihn bis heute abwärts weiterrollen.

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Der junge Ayhan Demirci im Sheriff-Kostüm aus dem Karstadt.

Über das Kaufhaus unseres Lebens hat mein Schulkamerad Bernd Wilberg in der „Stadtrevue“ rückblickend geschrieben: „Die Kassiererinnen sind strenge Damen. Jugendliche sind verdächtig: Schulschwänzer, Ladendiebe. Der Kaufhausdetektiv ist so auffällig, dass ihn jeder kennt.“ Nicht nur das, Bernd. Er war auch pervers. In der Fußgängerzone lud er Teenies zu sich nach Hause, „Micky-Maus-Filme gucken“.

Der Meister vom 1. FC Köln

Unser Kaufhaus kannte auch Helden. Wenn Meister und Pokalsieger Wolfgang Weber, ganz früher SpVg. Porz, in halblangen Hosen vor einem fuhr, dachten wir: Mensch, die Beine standen 1966 auf dem Finalrasen von Wembley.

Karstadt war Schauplatz letzter Augenblicke und schmerzhafter Wiedersehen. Zehn Jahre war der so gut aussehende, smarte Junge aus unserer Spielhalle vom Radar verschwunden, jetzt stand er plötzlich im Kaufhaus-Eingang: mit Islam-Bärtchen und schwarzem Umhang. 

Am Karstadt sah ich einen anderen Jungen aus der Spielhallen-Clique das letzte Mal lebend. Er trug eine Sporttasche. Das Gespräch kam aufs Rauchen. Niemals würde er das tun. Er wurde später Schutzgelderpresser. Er wurde vor einer Disco in Wahn vom Türsteher erschossen.  

Karstadt früher

So war es einmal: Karstadt war das Zentrum der Porzer Innenstadt.

Yps und Maxell-Kassetten

Aber wir reden immer noch von einem Kaufhaus. Was haben wir beim Karstadt also gekauft? Zum Beispiel Maxell-Kassetten und Rubics Cube, Minitrix-Waggons und die Jules-Verne-Bände vom Fischer-Verlag, ein Geodreieck, das nächste Lustige Taschenbuch, das nächste Yps-Heft, den Musik-Express.

Das Kaufhaus in der Krise

Aber das Kaufhaus wurde immer leerer, nach Verkäufern musstest du immer öfter suchen. Karstadt war in der Krise. 2007 übernahm Hertie das Haus samt der maroden Tiefgarage. 2009 war Hertie bankrott. Die letzten 56 Mitarbeiter wurden entlassen.

Was blieb, war die lebendige Erinnerung. Vor allem an die Samstage, als auch Markt war am Karstadt, und der Platz voller Händler und Menschen. Jeder Porzer blickt mit Wehmut auf diese Jahre zurück. Am Ende war nur noch Tristesse.

Seitdem gammelte das für Porzer Verhältnisse gigantische Gebäude vor sich hin. Nicht, dass es zu nichts gut gewesen wär. Mit dem Kinderwagen habe ich um den Klotz eine Runde nach der anderen gedreht – auch mitten in der Nacht. Das Geräusch des Kopfsteinpflasters war Musik in den Ohren unseres Babys.

Danke, also, altes Haus! Die nächste Generation ist gespannt, was an deiner Stelle entsteht.

Was sind ihre Erinnerungen an den Porzer Karstadt? Schreiben Sie uns!

Per Post an: EXPRESS Lokalredaktion Köln, Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln

Oder per Mail: koeln@express.de

(exfo)