Der 11.11. in der Kölner Südstadt ist eskaliert! Tausende Feiernde, aber viel zu wenige Klos und kaum Sicherheit. Anwohner, Anwohnerinnen, Gastronomen und Gastronominnen sind stinksauer.
Chaos, Müll, wilde PartysKölner Südstadt der neue Ballermann am 11.11.?

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Am Chlodwigplatz feierten am Dienstag (11. November 2025) deutlich mehr Leute als sonst. Hier die Situation am Abend.
Ausnahmezustand in der Kölner Südstadt! Während das Zülpicher Viertel am 11.11. seit Jahren die Massen anzieht, verlagerte sich die Party-Eskalation in diesem Jahr spürbar Richtung Süden.
Der Chlodwigplatz wurde von Feiernden regelrecht überrannt – doch auf diesen Ansturm war niemand vorbereitet. Die Stadt Köln bestätigt auf Anfrage ein „hohes Besucheraufkommen“.
Ganz anders die Lage im berüchtigten Kwartier Latäng. „Im letzten Jahr haben Leute vor unsere Haustür geschissen. Solche Eskapaden gab es dieses Jahr zum Glück nicht“, berichtet ein Anwohner. „Überhaupt war es ruhiger: Um 12 Uhr konnte ich die Zülpicher Straße wieder normal entlang gehen.“
Dafür brach in der Südstadt das Chaos aus. „Ich hab den Chlodwigplatz und die Bonner Straße noch nie so voll gesehen“, schildert Anwohner Sven Kalmus (58). Das große Problem: Anders als die Zülpicher Straße war das Veedel auf die Menschenmassen nicht vorbereitet. Selbst am Tag danach, am Mittwoch (12. November) um 14 Uhr, türmte sich noch der Müll. „Das ist schon heftig“, so Kalmus.
Chlodwigplatz neuer Karnevals-Hotspot?
Vor allem junge Leute strömten zum Chlodwigplatz, hängten spontan Boxen in die Bäume und bauten DJ-Pulte auf. Doch für die Menschenmassen fehlte es an allem, klagt Hülya Wolf (56), die seit fast 30 Jahren die Kneipe „Torburg“ betreibt.
Die Wut der Gastronomin ist riesig: „Und dann hier zwei Pseudo-Ordner hinzustellen, bei den Tausenden von Menschen, das war 'ne Lachnummer“. Die wenigen Dixi-Klos seien regelrecht übergelaufen, es habe bestialisch nach Fäkalien gestunken. Zusammen mit ihrem Nachbarn musste sie am Tag danach Erbrochenes von der Straße kratzen.

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Eklig! Die Dixie-Klos am Chlodwigplatz am Mittwoch (12. November 2025) nach dem Sessionsauftakt.
Ihre düstere Prognose: „Irgendwann gehen wir hier auch durch den Ballermann-Karneval zugrunde.“ Sie versteht, dass junge Leute feiern wollen, aber fordert von der Stadt Köln, endlich geeignete Flächen dafür zu schaffen. „Bis dahin sollte die Stadt Köln sich endlich was Ordentliches überlegen.“
Auch Daniel Rabe, Betreiber der „Bagatelle“, macht seinem Ärger auf Facebook Luft. Sein Vorwurf: „Seit acht Jahren wird in großen und in kleinen Kreisen darüber gesprochen, wie der Karneval für junge Leute gelenkt und verändert werden kann und ein Scheißdreck ist passiert.“ Statt einer Lösung habe Köln jetzt zwei Party-Hotspots. Während für die Zülpicher Straße teure Maßnahmen ergriffen werden, werde der Chlodwigplatz sich selbst überlassen.
Stadt Köln will „mögliche Konsequenzen“ prüfen
Und was sagt die Stadt Köln? Auf Anfrage heißt es nur, man werde die Lage bewerten und „mögliche Konsequenzen“ in der Nachbetrachtung prüfen. Ob die Südstadt nun ebenfalls zur Sperrzone mit Glasverbot wird, bleibt offen.
Hülya Wolf von der „Torburg“ ist frustriert. Während Gastronomen und Gastronominnen hohe Auflagen für Musik erfüllen müssen, werde auf der Straße wild gefeiert. Sie fordert auch mehr Verantwortung von Kiosken und Supermärkten. Sie habe viel zu viele „zu junge Leute, fast Kinder“ gesehen, die an der Grenze zum Kollaps waren.
Die Stadt Köln betont zwar, dass der Jugendschutz ein Schwerpunkt war. Etwas mehr als 50 Jugendliche wurden mit Alkohol angetroffen. Doch die Kontrollen mit jugendlichen Testkäufern und Testkäuferinnen fanden laut Mitteilung vor allem in der Altstadt und rund um die Zülpicher Straße statt – nicht in der Südstadt.
Doch nicht alle sehen die Lage so dramatisch. In Kneipen, die nicht direkt am Chlodwigplatz liegen, war die Stimmung entspannter. „Eigentlich war es ‚Same Procedure as every year‘. Der Laden war voll, die Schlange wird von Jahr zu Jahr länger. Ich habe aber das Gefühl, die Klientel vom Zülpi kommt nicht in die Südstadt. Das sind hier eher Leute aus dem Veedel und aus Köln, nicht so Touristen-mäßig“, sagt Robert Hilbers, Wirt im Chlodwig-Eck. Er habe das Gefühl, in der Südstadt werde noch ein anderer Karneval gelebt.

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Robert Hilbers (65) ist Wirt im Chlodwig-Eck.
Auch Konrad Siegel von der Ubierschänke bestätigt, dass das Publikum jünger wird. „Ich kann da nur meine 19-jährige Tochter zitieren, die sind früher immer auf die Zülpicher, da wollen die jetzt aber nicht mehr hin.“ Dennoch sei bei ihm alles friedlich geblieben. „Gemessen daran, wie voll das mittlerweile ist, gehen die Leute erstaunlich gut miteinander um.“
Das sagen Geschäftsleute und Anwohnende
Omar Altouokhi vom Frisörsalon Headlounge: „Die Leute sollen feiern und glücklich sein, aber das war eine Katastrophe. Überall liegt Kotze, Jugendliche haben gegen unseren Laden gepinkelt. Gestern war ich kurz hier und habe das gesehen, aber was soll ich da sagen?“

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Omar Altouokhi (38) vom Friseursalon Headlounge
Melissa Wolf und Marvin Scheben aus der Südstadt: „Das war hier gestern ein Kindergeburtstag, ich hatte das Gefühl, hier war keiner über zwanzig. Jeder hat das Recht, zu feiern, aber nicht unter diesen Umständen, das war hier die Zülpicher 2.0. Keine Absperrungen, es war einfach nur pures Chaos hier. Gläser und Flaschen sind geflogen. Karneval ist schön, aber der Wandel hier in der Südstadt ist nicht positiv.“

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In der Südstadt am 11.11. war pures Chaos, finden Melissa Wolf (26) und Marvin Scheben (30).
Steffi Böing und Anna Rödinger arbeiten in der Südstadt und sagen: „Wir waren selbst nicht unterwegs, aber haben gesehen, wie Leute gegen unser Bürogebäude gepinkelt haben, vor allem sehr junges Publikum“, sagt Steffi. Anna fügt hinzu: „Ich war gestern Abend noch kurz im Rewe am Bonner Wall - das war krass. Es standen mehrere Security-Leute am Eingang, und die Leute sind trotzdem rein und haben dort ihren Müll verteilt.“

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Steffi Böing (38) und Anna Rödinger (30) arbeiten in der Südstadt.
Konrad Siegel, Wirt in der Ubier-Schänke: „Das Publikum ist etwas jünger gewesen als beim normalen Karneval, aber alles unproblematisch. Es gibt keinen Ärger, die Leute halten sich mit dem Trinken eher was zurück. Man weiß ja aber auch nicht, was die sich vorher schon am Kiosk geholt haben, wenn ich die Mengen an Glas, die hier rumliegen so sehe.“

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Konrad Siegel (70) ist Wirt in der Ubier-Schänke.
Hasan Bicici, Kioskbetreiber im Zülpicher Viertel: „Der Tag verlief gut und ohne Probleme. Aber er war anstrengend, weil wir wegen des Glasverbots unsere Kühlschränke einmal komplett umräumen mussten. Ich finde das Glasverbot gut, aber ich verstehe die Logik der Stadt nicht: Bei uns, wo es ruhig war, gab es das Verbot, aber am Barbarossaplatz, wo alle Menschen aufeinandertreffen, kein Glasverbot.“
Michael Neumann, Vorsitzender der „Bürgergemeinschaft Rathenauplatz“: „Der Andrang in diesem Jahr war deutlich geringer; insgesamt war es akzeptabel. Insbesondere die Absperrungen an den Uniwiesen sind die richtige Maßnahme. Man merkt: Wenn das Angebot im Zülpicher Viertel geringer wird, kommen auch weniger Leute dorthin. Nur vor den Frauentoiletten hat es sich gestaut, von ihnen bräuchte es mehr.“ (red)
