Prozess-Auftakt in DuisburgTodesschubser (28) von Voerde mit verhängnisvoller Geste

Neuer Inhalt (3)

Der 28-jährige Jackson B., der im Juli letzten Jahres eine Frau in den Tod schubste, ist am Donnerstag vor Gericht. 

von Michael Kerst (mik)Madeline Jäger (mj)

Duisburg/Voerde – Es ist ein Fall, der Zuhörern das Blut in den Adern gefrieren lässt. Am 20. Juli fasste Jackson B. am Bahnsteig in Voerde den Entschluss „einen Menschen sterben sehen” zu wollen, wie er später gegenüber der Polizei erklärt.

Er schubst eine Frau (34) vor einen Zug. Sie stirbt noch am Bahnhof in Voerde an ihren Verletzungen.

Voerde: Mann schubst Frau (34) vor Zug

Als er am Donnerstag (09-Januar 2020) den Gerichtssaal des Duisburger Landgerichts betritt, wirkt er irritiert, viele Kameras sind auf ihn gerichtet. Selbstbewusst marschiert er weiter zur Anklagebank, bis er sich schließlich doch einen Aktenordner vor sein Gesicht hält.

Alles zum Thema Polizeimeldungen

Voerde-Spurensicherung

Ermittler sichern am Bahnsteig in Voerde Spuren.

„Mein Mandant beginnt zu begreifen, was passiert ist und er bedauert es sehr", erklärt Anwältin Marie-Helen Lingnau gegenüber der Presse. Ihr Mandant habe schließlich selbst Familie. Eine psychische Erkrankung sei der Grund für die schreckliche Tat in Voerde.

Hier lesen Sie mehr: Frau in Voerde vor Zug gestoßen: Täter tyrannisierte sein ganzes Dorf

Voerde: Todesschubser leidet an psychischer Erkrankung

Die Staatsanwaltschaft findet deutlichere Worte für die grauenvollen Ereignisse im Sommer 2019. Der 28-jährige Jackson B. habe am 20. Juli 2019 „heimtückisch und aus Mordlust gehandelt”.

Er sei außerdem heroin- und kokainabhängig, habe die Drogen auch vor der Tat konsumiert. Er leide an einer Form einer schizophrenen Erkrankung.

Voerde: Todesschubser wartete bereits am Bahnsteig

„Der Angeklagte hat am Bahnsteig gewartet. Davor ist er einen anderen Passanten in Voerde verbal angegangen, er habe ihn provoziert. Dann hat er das Opfer mit beiden Händen aufs Gleisbett gestoßen. Wie vom Beschuldigten gewollt, verstarb das Opfer noch am Tatort”, so die Staatsanwaltschaft.

Der Angeklagte macht nur kurz persönliche Angaben zu sich, er spricht deutsch und serbisch, hat die serbische Staatsangehörigkeit. In einer persönlichen Erklärung, die seine Anwältin dem Gericht vorliest wird klar, in welchem Zustand Jackson B. während der Tat war.

Neuer Inhalt (3)

Voerde: Angeklagter war vor tödlichem Stoß vor Zug am Vorabend feiern

Der 28- Jährige war am Vorabend in Düsseldorf feiern. Mehr als zehn Flaschen Bier hat er dort getrunken, wie ein medizinischer Gutachter vor Gericht erklärt. „Mir ging es nicht so gut, mein Kopf tat weh und alles drehte sich“, so Jackson B. gegenüber seiner Anwältin dazu.

Am nächsten Tag wollte er seinen Bruder besuchen und dann nach Hause nach Hamminkeln. „Am Bahnhof in Voerde haben mich alle angeguckt, so sehr habe ich geschwankt“, liest die Anwältin aus seiner Erklärung weiter vor.

Voerde: Todesschubser will sich an Tat nicht erinnern

Es sei zu Ärger am Bahnsteig gekommen, als er auf einen Iraker stieß. Dann habe er die Frau mit blonden Locken am Bahnsteig gesehen. „Die Frau stand da und hat nach unten geguckt.“ Nur daran könne er sich noch erinnern.

„Da waren keine Schreie, nur zwei Männer, die dann auf mich drauf sind.“

Neuer Inhalt (4)

Mit Blumen und Kerzen trauerten am Bahnhof im niederrheinischen Voerde Passanten um die im Juli 2019 getötete Frau.

Der Angeklagte gibt an, nicht glauben zu können, dass er die Frau „extra geschubst“ habe. „Ich weiß, dass ich eine Frau nicht extra schubsen würde.“

Voerde: Prozess um tödlichen Schubser am Bahnsteig

Der nächste Zeuge ist der Iraker (34), den der Angeklagte am Bahnsteig beobachtet und provoziert hat. „Ich war mit meiner Familie am Bahnsteig und bemerkte, wie der Angeklagte uns beobachtet. Darauf habe ich ihn angesprochen, um meinen Sohn zu schützen.“ Jackson B. sei aggressiv gewesen.

Kurz danach sei es zur Tat gekommen. „Die Frau ist mit dem Zug mitgelaufen und schaute auf ihr Handy, sie sah den Angeklagten nicht kommen. Sie hatte keine Chance sich zu schützen“, sagt der Zeuge aus. Selbst er als Zeuge habe die Tat so nicht kommen sehen.

Zeugen: Jackson B. hat sich auf den Stoß vorbereitet

„Der Angeklagte hat sich mit beiden Händen vorbereitet, die Frau auf die Gleise zu schubsen. Er rannte in den Rücken der Frau, als der Zug auf ihrer Höhe war und stieß sie auf die Gleise.“

Dann habe er mit einem anderen Mann Jackson B. daran hindern müssen, vom Tatort wegzulaufen. Jackson B. soll den Zeigefinger gehoben haben. Eine Geste, die laut dem Richter auch Anis Amri bei seinem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt gemacht hat.

Zeugin: Kind hat aufgehört zu sprechen

Eine weitere Zeugin spricht am Donnerstag vor dem Duisburger Landgericht davon, wie traumatisiert ihre Kinder seit dem Vorfall in Voerde sind. Die Familie stand bei der Einfahrt des Zuges unmittelbar hinter dem Opfer. „Eines meiner Kinder hat aufgehört zu sprechen. Bis heute“, erklärt sie.

Anwältin von Jackson B. fliegt quer durch den Saal

Der nächste Zeuge schildert den Vorfall. Daraufhin bittet der Richter ihn, genau zu zeigen, wie der Angeklagte das Opfer geschubst haben soll.

Rechtsanwältin Marie-Helen Lingnau erklärt sich bereit, die Situation mit ihm nachzustellen und zieht dazu ihre hochhackigen Schuhe aus. Der Zeuge stellt sich hinter sie.

Dann schubst der Zeuge die zierliche Person so fest, dass sie quer durch den Raum fliegt und schließlich vom Staatsanwalt aufgefangen wird. So sei es abgelaufen, erklärt der Zeuge.

Damit endet der erste Prozesstag im Fall Voerde. Am 16. Januar soll in Duisburg weiter verhandelt werden.

Die Tat von Voerde löste bundesweit Entsetzen aus. Wir fassen die Geschehnisse noch einmal zusammen: 

Todesschubser: So passierte die brutale Attacke in Voerde

Warten auf den Regionalzug nach Oberhausen, an jenem Samstagmorgen im Juli 2019. Es ist ein kleiner Regionalbahnhof im niederrheinischen Voerde mit nur zwei Bahngleisen. Alles ist ruhig - bis um 8.45 Uhr der Regionalzug nach Oberhausen einfährt.

In diesem Moment geht laut Staatsanwaltschaft ein 28-Jähriger von hinten auf eine wartende Frau zu – und stößt sie wortlos vor den einfahrenden Zug ins Gleisbett. Die 34-jährige Mutter einer heute 14-jährigen Tochter wird überrollt und stirbt noch im Gleisbett.

Todesschubser: So läuft der Prozess gegen ihn

Gegen den Beschuldigten, einen in Deutschland geborenen Serben, hat am 09. Januar 2020  vor dem Landgericht Duisburg der Prozess begonnen.

Zum Prozessauftakt waren nach Angaben einer Gerichtssprecherin sechs Zeugen geladen. Der letzte von vier terminierten Verhandlungstagen soll am 31. Januar stattfinden.

Hier lesen Sie mehr: Nach Absturz in den Kö-Graben - Video zeigt, wie das Auto geborgen wird

Todesschubser: Staatsanwalt geht von Mord aus Heimtücke aus

Die Staatsanwaltschaft geht von heimtückischem Mord aus. Der 28-Jährige wollte laut Staatsanwaltschaft einen Menschen sterben sehen, wie das Gericht schon zuvor mitgeteilt hatte. Es hätte offensichtlich auch jeden anderen Wartenden am Bahnsteig treffen können: Der mutmaßliche Täter und das Opfer kannten sich nach früheren Angaben nicht.

„Sie war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort“, so die Rechtsanwältin Lingnau dazu am Donnerstag in Duisburg.

Täter soll in die Psychiatrie kommen

Der Mann soll sich aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit befunden haben. Auch eine gänzliche Schuldunfähigkeit ist nach Gerichtsangaben nicht ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund hat die Staatsanwaltschaft anstelle einer Anklage eine Antragsschrift im sogenannten Sicherungsverfahren gestellt.

Statt einer Gefängnisstrafe droht dem Beschuldigten jetzt die Psychiatrie, und zwar auf unbestimmte Zeit. Dort sei er bereits jetzt - vor dem Verfahren - untergebracht, sagte eine Gerichtssprecherin. 

Todesschubser von Voerde ist Vater von neun Kindern

Der 28-Jährige ist nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft Vater von neun Kindern. Wegen Diebstahls, Körperverletzung und kleinerer Vergehen war er zuvor zu Geldstrafen verurteilt worden.

Die Tochter des Opfers war bei der Tat nicht dabei. Aber der Vertreter der Nebenklage, Reinhard Peters, machte deutlich, wie schwierig die Situation für die Jugendliche ist.

Peters vertritt nach eigenen Angaben die Schwester des Opfers und den relativ frisch verheirateten Ehemann. Das Paar sei gerade dabei gewesen, mit der Tochter ins neue Familienleben zu starten.

Todesschubser von Voerde: Seine Tat hinterließ Fassungslosigkeit

Die Tat in einer ganz alltäglichen Situation, wie sie unzählige Menschen erleben, machte bundesweit fassungslos.

In Voerde gab es über Wochen Zeichen der Trauer und der Betroffenheit. Menschen legten Kerzen und Blumen auf dem Bahnsteig nieder. Ausdruck dieser Fassungslosigkeit war aber auch der Satz einer Polizeisprecherin, als klar wurde, wie der Mann die Frau gestoßen haben soll: „Einfach so. Er hat nicht vorher mit ihr gesprochen, geredet. Er soll zu ihr hingegangen sein und sie gestoßen haben.“ (mit dpa)