„Ping-Pong“ mit GranatenEx-Nationalspieler spricht über Erlebnisse im Ukraine-Krieg

Der frühere Nationalspieler Wladyslaw Waschtschuk steht auf einem Sportplatz in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw.

Der frühere Nationalspieler Wladyslaw Waschtschuk am 7. Oktober 2021 auf einem Sportplatz in Kyjiw. Nach Ausbruch des Kriegs floh er nach rund zwei Wochen aus Hostomel.

Der Kriegsausbruch in der Ukraine traf Ex-Nationalspieler Wladyslaw Waschtschuk komplett unvorbereitet in Hostomel vor den Toren Kyjiws. Nach 15 Tagen in der Stadt wagte er mit seinen Kindern die Flucht.

Knapp drei Wochen liegt der Beginn von Russlands Invasion in der Ukraine inzwischen zurück, weiterhin flüchten täglich Hunderttausende, um sich in weniger bedrohten Städten oder außerhalb des Landes in Sicherheit zu bringen. Wie Einheimische in besonders umkämpften Gebieten die dramatische Lage erleben, hat jetzt der frühere Fußball-Nationalspieler Wladyslaw Waschtschuk (47) in einem eindrucksvollen Bericht geschildert.

Der Ex-Profi von Dynamo Kyjiw (63 Länderspiele), der während seiner Karriere für kurze Zeit auch in Russland bei Spartak Moskau gespielt hatte, harrte vor seiner Flucht 15 Tage in Hostomel nahe der ukrainischen Hauptstadt aus. Wegen der Nähe zum strategisch wichtigen Anotonow-Flughafen im Nordosten Kyjiws ist die Siedlung mit einstmals 17.000 Einwohnerinnen und Einwohnern besonders umkämpft.

Ukraine-Krieg: Ex-Profi Waschtschuk schildert Kriegs-Erlebnisse

Die meiste Zeit habe er mit seinen beiden Kindern im Keller seines Hauses verbracht, verriet Waschtschuk dem Sportportal „Fanday.net“. Man habe ursprünglich nur Essensvorräte für gerade einmal drei Tage gehabt, später musste er auf offenem Feuer kochen, weil nach knapp zwei Wochen auch das Gas zuneige gegangen sei.

„Es war nicht viel Platz, aber ausreichend für uns drei. Im Haus gegenüber waren 23 Personen. Nicht alle Häuser hatten Keller, und einige Häuser wurden zerstört“, erinnerte sich Waschtschuk an die immergleichen Tagesabläufe zurück: „Ein paar Kartoffeln am Tag essen, eine Tasse Tee und man ist zufrieden. Meine Hauptaufgabe war es, dass meine Kinder auf andere Gedanken kamen.“

Wladyslaw Waschtschuk flog im Ukraine-Krieg aus Hostomel

Weil es regelmäßigen Beschuss in der Stadt gegeben habe, oft aus der Luft, teilweise auch am Boden, seien die Fluchtrouten aus Hostomel lange zu unsicher gewesen: „Es war wie beim Ping-Pong, die Granaten sind hin und her geflogen, ihre gegen unsere“, berichtete Waschtschuk: „Die Flugzeuge flogen tief wie Geschosse.“ Einmal habe der Luftalarm 15 Stunden gedauert.

In anderen Städten der Ukraine, etwa im bereits weitgehend zerstörten Mariupol im Süden des Landes, waren die humanitären Korridore zur Flucht immer wieder gescheitert. In Hostomel warteten viele Menschen schließlich nicht mehr auf grünes Licht für die Flucht, sondern machten sich nach 15 Tagen in einem Konvoi aus Autos auf eigene Gefahr auf den Weg aus der Stadt.

Während Waschtschuk inzwischen mit seinem Sohn bei seinem Bruder in Kyjiw untergekommen ist, wo aber weiterhin stete Feuergefechte herrschen, reiste der weibliche Teil der Familie mit Großmutter, Mutter und Tochter nach Lwiw in den Westen des Landes. An ein Erlebnis denken alle trotz der schlimmen Erfahrungen gerne zurück. Eine junge Frau brachte in den Rückzugsräumen in Hostomel ein gesundes Kind zur Welt: „Es gab nicht viele Neuigkeiten, also wusste bald der ganze Ort davon.“ (bc)