Das Nationalteam hat sich trotz Viertelfinal-Einzug erst mal aus dem Favoritenkreis der Fußball-EM verabschiedet. Nach dem 1:4 gegen Schweden ist klar: In dieser Form platzt der Titeltraum früh.
Gruppensieg verspieltHistorische Klatsche: DFB-Frauen fressen vier Schweden-Happen

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Die wohl spielentscheidende Szene: Carlotta Wamser verhindert mit ihren Händen ein Tor und sieht anschließend die Rote Karte.
Nach einer demoralisierenden Lehrstunde gegen Schweden gehen die deutschen Fußballerinnen ins Viertelfinale der Europameisterschaft!
Das Team von Bundestrainer Christian Wück verlor das letzte Gruppenspiel gegen den WM-Dritten in Zürich mit 1:4 – und offenbarte dabei frappierende Abwehrschwächen. Zu allem Übel sah Carlotta Wamser, die Vertreterin von Rechtsverteidigerin Giulia Gwinn, die Rote Karte wegen Handspiels.
Höchste deutsche EM-Niederlage
Am Ende stand die höchste EM-Niederlage der deutschen Frauen seit 1993 gegen Dänemark in Italien, als es im Spiel um Platz drei ein 1:3 gab. Dabei hatte Jule Brand den achtfachen Titelgewinner in einer starken Anfangsphase in Führung gebracht (7. Minute). Doch dann überrollten die Schwedinnen die deutsche Auswahl: Stina Blackstenius (12.), Smilla Holmberg (25.), Fridolina Rolfö (34.) per Handelfmeter und Lina Hurtig (80.) schockten ihren Gegner.
Beide Teams hatten schon vor dem Vorrundenabschluss die erste K.-o.-Runde erreicht. Die deutsche Auswahl verpasste nach diesem herben Rückschlag den Gruppensieg und spielt nun am Samstag in Basel gegen den Tabellenersten der Gruppe D, die derzeit Frankreich vor England und den Niederlanden anführt.
Die verletzte Kapitänin Gwinn war zum Spiel von ihrer Reha in München zurückgekehrt und saß im Letzigrund mit Knieschiene auf der Bank, brachte ihren Mitspielerinnen aber kein Glück.
Wück hatte seine Startelf auf einer Position verändert: Als Spielmacherin lief die Frankfurterin Laura Freigang für die Münchnerin Linda Dallmann auf. „Es ist an der Zeit, dass Laura die Chance bekommt. Sie hat als Einwechselspielerin gute Leistungen gezeigt“, sagte Wück vor dem Anpfiff im ZDF. Der 52-Jährige hoffte auf mehr Räume nach vorn, deshalb sei Freigang „die richtige Option“. Diese Rechnung ging aber nicht auf.
Vor rund 6000 deutschen Fans – darunter Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD), Beachvolleyball-Olympiasiegerin Laura Ludwig und Sprint-Europameisterin Gina Lückenkemper – begann die Partie verheißungsvoll: Lea Schüller und im Gegenzug Kosovare Asllani schossen jeweils nur knapp am Tor vorbei.
Wamser bereite mit einem herrlichen Steilpass dann die Führung vor, Brand vollendete zum ersten Gegentor für die Schwedinnen bei diesem Turnier. Die beeindruckende Anfangsphase der Deutschen machte dann Stina Blackstenius zunichte: Die Arsenal-Stürmerin enteilte Rebecca Knaak und ließ Ann-Katrin Berger keine Chance.
Torhüterin Berger verzichtet auf riskante Aktionen
Die 34 Jahre alte Torhüterin vom US-Club NY/NJ Gotham stand unter besonderer Beobachtung, nachdem Wück sie für ihre riskanten Dribblings beim 2:1 gegen Dänemark kritisiert hatte. Darauf verzichtete sie dieses Mal auch.
Denkbar unglücklich erlitten die Olympia-Dritten den nächsten Rückschlag. Sarai Linder versuchte im Strafraum zu klären, der Ball prallte von Holmberg zum 2:1 für Schweden ins Tor. Ein Ballverlust von Knaak hätte fast zum 1:3 geführt – da war sie mal wieder, die Abwehrschwäche der DFB-Auswahl.
Und es kam noch viel schlimmer: Wamser rettete nach einem Rolfö-Schuss für die geschlagene Berger mit der Hand auf der Linie. Schiedsrichterin Silvia Gasperotti (Italien) zeigte der Rechtsverteidigerin Rot und auf den Punkt: Barcelona-Star Rölfo verwandelte sicher zum 3:1.
Vogelwild wurde es, als Berger nach einem Fehlpass kurz vor der Pause fast das vierte Gegentor kassiert hätte. Konsterniert trabte das Wück-Team in der Kabine. Mit Sydney Lohmann für Freigang und Kathrin Hendrich für Knaak brachte Wück nach dem Wechsel zwei neue Kräfte.
Doch die Energie und Spielstärke für eine Wende brachten die deutschen Fußballerinnen nicht mehr auf. Im Gegenteil: In der Schlussphase machten die Schwedinnen sogar noch das 1:4 - und das ohne große Gegenwehr. Die DFB-Frauen mussten vier Schweden-Happen fressen! Offensiv gab es fast nichts mehr vom deutschen Team. (dpa)