40-Seiten-KonzeptEx-Profi will beim FC aufräumen und prescht vor – Präsident Wolf lässt Treffen platzen

Christian Keller (Geschäftsführer) und Werner Wolf (Präsident des 1. FC Köln) beim FC-Mitgliederstammtisch in den MMC-Studios auf der Bühne.

Christian Keller (Geschäftsführer) und Werner Wolf (Präsident des 1. FC Köln) am 10. Januar 2024 beim FC-Mitgliederstammtisch in den MMC-Studios.

Taumelt der 1. FC Köln Richtung Abgrund? Die letzten Wochen waren turbulent. Jetzt will eine Klub-Legende aufräumen.

von Uwe Bödeker (ubo)

Das ist starker Tobak! Am 30. Januar 2024 überraschte Dieter Prestin (67) mit einem provokanten Interview. Der gebürtige Hürther, der zwischen 1975 und 1988 beim 1. FC Köln spielte, will beim FC aufräumen. Und zwar so richtig.

Transfersperre, Trainer-Wechsel und drohender Abstieg vor Augen – für Prestin sei jetzt Zeit, zu handeln.

Ex-FC-Profi Dieter Prestin kritisiert Kölner Klub-Führung scharf

Prestin, der seit 35 Jahren Versicherungs- und Finanz-Experte ist, hat in den vergangenen Monaten ein 40-seitiges Arbeitspapier entworfen, um beim 1. FC Köln viele Strukturen zu ändern. Er will aufzeigen, wie der Klub wieder zu alten Erfolgen geführt werden kann.

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Nach Informationen von EXPRESS.de fanden im Hintergrund in den vergangenen Tagen schon zahlreiche Gespräche zwischen dem aktuellen FC-Vorstand um Präsident Werner Wolf und Prestin statt. Es war sogar schon ein Gipfel angesetzt: Am 9. Februar 2024 sollte es zu einem Treffen kommen, um die Anregungen zu diskutieren. Doch daraus wird jetzt nichts!

Prestin preschte vor, gab der Münchner TZ ein denkwürdiges Interview. Er ließ kein gutes Haar am FC, attackierte auch den neuen Trainer Timo Schultz: „So wie der Klub aktuell dasteht, habe ich fast den Glauben an meinen 1. FC Köln verloren. Ich habe Angst, dass der Verein ins Niemandsland abrutscht. Timo Schultz, der neue Trainer, wurde sowohl bei St. Pauli als auch nach ganz kurzer Zeit beim FC Basel entlassen. Er hat eine Herkulesaufgabe übernommen, und ich wünsche ihm viel Glück und Erfolg. Dennoch hätte ich im Abstiegskampf einen Trainer bevorzugt, der schon einmal dieses Prozedere erlebt und gemeistert hat.“

Prestins Rundumschlag geht weiter: „Mit welcher ‚Professionalität‘ die Klub-Chefs zudem mit dem CAS bezüglich der verhängten Transfersperre umgegangen sind, ist an Arroganz nicht zu überbieten. In der Chefetage mangelt es absolut an Fußballkompetenz – sowohl im Vorstand, als auch bei den Beratern des Vorstandes. Da fehlt es einfach an der Qualität. Und das hat dazu geführt, dass die sportliche Situation so ist, wie sie ist.“

Ex-FC-Profi Dieter Prestin (l.) steht mit seinen damaligen Kölner Kollegen Pierre Littbarski und Flemming Povlsen auf dem Rasen.

Ex-FC-Profi Dieter Prestin (l.) am 22. August 1987 mit seinen damaligen Kölner Kollegen Pierre Littbarski und Flemming Povlsen.

Rumms! Prestin schießt äußerst scharf gegen die FC-Führung. Sätze, die am Geißbockheim und beim Vorstand einschlugen wie eine Bombe. Abgesehen von der Transfersperre steht der Klub laut Aussage der Bosse wirtschaftlich so gesund da, wie lange nicht. Beim Mitgliederstammtisch waren die Köln-Bosse dann nach massiver Kritik, die von vielen Seiten auf sie eingeprasselt war, um Transparenz bemüht.

Wolf betonte dabei, dass sich die handelnden Personen Kritik gerne anhören und darüber diskutieren wollen. Das war auch im Fall Prestin so. Doch nun sorgte der ehemalige FC-Profi mit seinen Aussagen dafür, dass die Köln-Bosse dicht machen.

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Werner Wolf meint gegenüber EXPRESS.de: „So wie ich es auf dem letzten Stammtisch gesagt hatte, wollen wir in Zukunft auch weiter handeln. Kritik immer gerne, aber nur auf fairer und sachlicher Basis. Alles andere bringt den FC nicht weiter. Selbstverständlich gilt das auch im Umgang mit verdienten, ehemaligen Spielern des FC.“

Werner Wolf lässt Treffen mit Dieter Prestin platzen

Ein Treffen der FC-Bosse mit Prestin wird es also nicht geben. „Ich hatte immer wieder Kontakt mit Dieter Prestin, gerne habe ich ihn für den 9. Februar zu mir eingeladen, um mir sein Konzept anzusehen. Ich finde es jedoch verstörend, dass man mir ein Konzept vorstellen will, das vorher bereits in den Medien anmoderiert wird. Auf dieses Niveau will ich mich, will sich der Vorstand nicht begeben. Daher habe ich den Termin abgesagt. Wir kümmern uns hier mit Hochdruck um die Zukunft und den Verbleib in der 1. Bundesliga. Nochmal: Wir sind und bleiben weiterhin offen für Anregungen, aber auf dem direkten Weg“, so Wolf.

Zu hart findet Prestin sein Urteil über die FC-Führung übrigens nicht: „Das sehen auch andere, denen der 1. FC Köln am Herzen liegt, so oder ähnlich. Auch Christoph Daum hat zuletzt die FC-Bosse heftig kritisiert. Wie sollen diese Leute professionell bewerten, ob der Sport-Geschäftsführer, Sportdirektor, Trainer und die Transfers die richtigen sind? Da muss man ansetzen. Die Sportkompetenz muss beim 1. FC Köln wieder deutlich verbessert werden.“

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Prestin will das ändern: „In der freien Wirtschaft wäre das Problem relativ schnell gelöst: Hier sind die Schuldigen – und weg damit. Aber so etwas gibt es in Köln nicht. Und mir ist auch klar, dass immer nur Schimpfen nicht hilft. Deshalb habe ich in den letzten eineinhalb Jahren ein knapp 40-seitiges Konzept über eine mögliche Zukunft des FC geschrieben. Das werde ich bei einem Termin in zwei Wochen mit dem Vorstand des FC besprechen.“

Zu diesem Treffen wird es nun nicht mehr kommen, denn die Vorgehensweise von Prestin stört das aktuelle FC-Präsidium, die Anschuldigungen und Vorwürfe sind einfach zu heftig. Zudem waren die FC-Bosse verwundert über die Details, die Prestin zu seinem Konzept vortrug.

Prestin sagte: „Ich will damit den Finger in die Wunde legen. Ich möchte vorab nicht zu viel verraten. Es geht darum, den 1. FC Köln auf Dauer nicht nur wieder bundesligatauglich zu machen, sondern um ein bisschen mehr: wieder den Schritt Richtung Europa zu schaffen. Und dafür muss man wie bereits gesagt in den Vorstand, die Geschäftsführung, aber auch in die Nachwuchsabteilung wieder Sportkompetenz reinbringen.“

Dieter Prestin trommelte FC-Unterstützer zusammen

Dass Prestin dabei nicht auf moderne Vorgehensweise setzt, wurde deutlich: „Ich habe beispielsweise ein Problem damit, wenn ein Nachwuchsmensch aus der Sporthochschule Köln mit Laptop aufschlägt und erklären will, wohin die Jungen laufen sollen.“

Prestin habe sogar Unterstützer, um beim FC einiges zu bewegen: „Ja. Ich stehe ganz eng mit einigen Spielern aus meiner aktiven Zeit in Kontakt und auch mit einigen, die auch danach für den 1. FC Köln erfolgreich waren. Wir haben konkrete Personen im Kopf, die die dringend notwendige Sportkompetenz für den Klub mitbringen würden.“

Ob er selber in eine Funktion treten würde, ließ er offen: „Das ist die große Frage, die ich mir auch gestellt habe. Ich habe 23 Jahre für den 1. FC Köln gekickt. Beim FC hat sich seitdem vieles verändert. Seit einigen Jahren gibt es einen neuen Slogan des Vereins. Er lautet: ‚Spürbar anders‘. Natürlich ist Köln spürbar anders, aber in vielen Bereichen mittlerweile leider nicht positiv anders. Unsere Vereinshymne von den Höhnern: „Mer stonn zo Dir FC Kölle“ trifft auch auf mich weiterhin zu. Also, schaun mer mal….“

Es bleibt spannend: Findet Prestin mit seinem 40-Seiten-Konzept trotzdem noch irgendwie Zugang zum FC? Nach seinem Vorgehen lassen ihn die handelnden Personen jedenfalls erstmal abblitzen.