+++ EILMELDUNG +++ Drama in Paris Beliebtes Wahrzeichen ist zum Teil eingestürzt

+++ EILMELDUNG +++ Drama in Paris Beliebtes Wahrzeichen ist zum Teil eingestürzt

„Für alle ein schwarzer Tag“Spannende Details zu Nizza-Krawallen vor Kölner Amtsgericht

Maskierte Hooligans des 1. FC Köln nähern sich Anhängern vom OGC Nizza auf der Tribüne. Ein Kölner versucht, mit einem Absperrpfosten nach den Heimfans zu schlagen.

Im Rahmen der Prozesse um die brutalen Nizza-Krawalle am 8. September 2022 wurden im Rheinland Urteile gefällt. Damals gingen gewaltbereite Fans des OGC Nizza und des 1. FC Köln unter anderem auf der Tribüne aufeinander los.

In der Aufarbeitung der Krawalle im Vorfeld des Spiels des 1. FC Köln bei OGC Nizza sind zwei weitere Urteile gesprochen worden. Gericht, Staatsanwaltschaft und Polizei kritisierten aber auch die Franzosen.

von Marcel Schwamborn (msw)

In der juristischen Aufarbeitung der Fußball-Krawalle im Vorfeld des Conference-League-Spiels des 1. FC Köln bei OGC Nizza ist am Dienstag (7. Februar 2023) das bisher höchste Urteil gefällt worden.

Dennoch war bei der Verkündung im Saal 29 des Kölner Amtsgerichts die Erleichterung deutlich hörbar. Beide Angeklagten hatten bereits am ersten Verhandlungstag vor einer Woche eingeräumt, an den gewalttätigen Auseinandersetzungen am Rande des Europapokalspiels beider Vereine in Südfrankreich beteiligt gewesen zu sein.

1. FC Köln in Nizza: Zwei weitere Urteile wurden gefällt

Nach fünfstündiger Verhandlung fällte der Vorsitzende Richter folgende Urteile: Ein 30-Jähriger wurde wegen schweren Landfriedensbruchs in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung sowie Verstoß gegen das Waffengesetz zu einer zweijährigen Haftstrafe, die fünf Jahre auf Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Der 32-jährige Angeklagte, der am Prozesstag sogar Geburtstag hatte, erhielt eine Haftstrafe von einem Jahr, für drei Jahre auf Bewährung ausgesetzt.

„Das sind die bisherigen Rekordstrafen im Zusammenhang mit Nizza“, sagte der Richter. „Beide Angeklagte haben aber von Beginn an kleine Brötchen gebacken, waren kooperativ und haben positive Sozialprognosen. Zudem muss berücksichtigt werden, dass die Versäumnisse der französischen Behörden das Geschehen erst ermöglicht haben.“

Dem einen Angeklagten konnte unter anderem durch Videoaufnahmen nachgewiesen werden, dass er einen Poller geworfen habe. Der zweite hatte neben einer Platte auch eine brennende Bengalo-Fackel Richtung Nizza-Fans geworfen. Versuchte gefährliche Körperverletzung und schwerer Landfriedensbruch lauteten daher die Anklagepunkte.

Vorangegangen waren leidenschaftliche Plädoyers der Staatsanwaltschaft, der beiden Verteidiger und ehrliche Einlassungen der Angeklagten. „Gewalt soll in meinem Leben ein Ende haben“, hatte der eine gesagt. „Die Reise nach Nizza war für alle ein schwarzer Tag“, ergänzte der zweite Angeklagte. „Ich kann mich nur aus tiefstem Herzen entschuldigen. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich es tun.“

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monate für den einen Angeklagten gefordert, beim zweiten Tatverdächtigen wurde eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten gefordert. Das Hauptargument: Der Angeklagte war zum Zeitpunkt des Nizza-Spiels unter Bewährung, weil er wegen des Werfens einer Mülltonne auf einen Polizeibeamten verurteilt worden war.

Nehmen Sie hier an der EXPRESS.de-Umfrage teil:

„Auch wenn sie mir nicht unsympathisch sind. Die Chance auf ein Leben ohne Straftaten war für sie da, die Bewährung war da. Daher ist für mich eine weitere Bewährung nicht vertretbar“, argumentierte der Staatsanwalt. „Der Angriff ging zweifelsfrei von den Kölnern aus. Sie haben den Nizza-Block gestürmt. Die Kölner haben sich später als edle Ritter dargestellt, weil ihre Frauen und Kinder angegriffen wurden und sie die Kölner Ehre retten mussten.“

Die Verteidigung entgegnete: „Bei der Tat hat mein Mandant irrational gehandelt, da hat keiner mehr nachgedacht.“ Die bereits viermonatige Untersuchungs-Haft aufgrund der Nizza-Vorfälle habe schon Wirkung gezeigt. „Die war der nötige Schuss vor den Bug, den er gebraucht hat. Ich sehe eine positive Sozialprognose. Er hat kapiert, worum es geht.“ Unter anderem habe er bereits im Vollzug mit einem Anti-Aggressions-Training begonnen.

Dem stimmte am Ende auch das Gericht zu. „Sie haben ein krasses Bewährungsversagen begangen. Aber ein Urteil ohne Bewährung wäre unfair gewesen. Sie haben zeitnah alles gemacht, was sie machen können, um die Dinge positiver zu gestalten. Diese Fakten rechtfertigen eine weitere Chance für sie“.

1. FC Köln: Polizisten kritisieren Nizzas Sicherheitskonzept

Breiten Raum bei der Anhörung nahm auch noch das Thema der mangelhaften Vorkehrungen in Nizza in Anspruch. „Wir waren am Tag vor dem Spiel beim UEFA-Meeting, haben das Stadion besichtigt und schon da viele Dinge relativ kritisch gesehen“, sagte ein szenekundiger Beamter. „Vom Kölner Sicherheitsbeauftragten gab es im Vorfeld den Hinweis an die Franzosen, dass die Maßnahmen nicht ausreichend seien.“

Der Kölner Beamte führte weiter aus: „Die Franzosen waren überhaupt nicht auf Gästefans eingestellt. Es gab keinen Busparkplatz, keine richtigen Sicherungsmaßnahmen. Das war alles nur sporadisch.“ Der Polizist führte zudem aus, dass vor dem Stadion 20 bis 30 Vermummte die Kölner unter anderem mit Dachlatten angegriffen hätten.

Ein weiterer Beamter sagte als Zeuge aus, dass man „durchaus den Eindruck gewinnen konnte“, als ob die französischen Ordner Seite an Seite mit den Ultras aus Nizza agiert hätten. Zudem habe die französische Polizei „rigoros reingehauen“. Das räumte auch die Kölner Staatsanwaltschaft ein: „Die französischen Behörden und Ordner haben sich nicht gut verhalten.“

Ein Verteidiger gab deshalb auch noch zu bedenken, warum es im Zusammenhang mit dem Spiel nur in Deutschland zu Prozessen komme, in Südfrankreich hingegen nicht. „Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft Köln mit deutlich mehr Engagement geführt worden ist als von der französischen Seite. Offenbar war es der französischen Seite schon am nächsten Tag vollkommen egal, was da passiert ist.“

Außerdem wurde abermals der harte Einsatz in diesem Zusammenhang kritisiert. So wurde bei der morgendlichen Razzia Anfang Oktober 2022 die Haustüre der Wohnung eines der Angeklagten aufgebrochen. Plötzlich hätten drei bewaffnete Polizisten im Schlafzimmer gestanden. „Das war wie in einem schlechten Film. Dieser harte Tag hat was mit mir gemacht“, gestand der FC-Fan, der zum Einsatzzeitpunkt mit seiner im neunten Monat schwangeren Verlobten noch im Bett lag.

Inzwischen schon vier Urteile im Zusammenhang mit Nizza-Krawallen

Außer der Teilnahme an den Krawallen in Nizza wurde den beiden Angeklagten, die im Amateurfußball aktiv sind, noch eine Auseinandersetzung bei einem Freundschaftsspiel im Januar 2022 in Köln-Buchheim zur Last gelegt. Dort sollen sie an einer Körperverletzung beteiligt gewesen sein. Dieses Verfahren wurde jedoch eingestellt.

Am Montag war bereits ein 31 Jahre alter Kölner zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der Angeklagte des ersten Prozesses in diesem Zusammenhang hat inzwischen gegen das Urteil Revision eingelegt. Das Amtsgericht in Bergisch Gladbach hatte ihn Ende Januar zu einem Jahr und sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.