„Es ist erschreckend“Naturschützer sauer auf Günther Jauch – RTL-Moderator reagiert

Günther Jauch, hier im Oktober 2020 in Potsdam, moderiert in der Metropolis-Halle beim Festakt zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit eine Talkrunde.

Lidl erhielt für einen gemeinsamen Werbespot mit Günther Jauch heftige Kritik. Nun äußert sich der Moderator. 

Nach heftiger Kritik an einem Werbespot von Lidl in Zusammenarbeit mit Günther Jauch, äußerte sich nun der Moderator zu den Vorwürfen. 

„Lidl sagt, das hier sei eine der ökologischsten Flaschen. Ausgerechnet die hier: eine Einweg-Plastikflasche.“ Während Günther Jauch in die Kamera spricht, hält der Moderator eine dieser besagten Flaschen in den Händen und geht in Richtung eines Pfandautomaten. In Kooperation mit Lidl macht der RTL-Liebling nun Werbung für die angeblich besonders umweltfreundliche „Kreislaufflasche“ der Supermarktkette.

Umwelt-Expertinnen und Experten kritisierten den Werbespot jedoch heftig. Die Rede sei von „falschen Werbeversprechen“ verbunden mit der Warnung an Verbraucherinnen und Verbraucher, „nicht auf die Werbekampagne von Lidl hereinzufallen.“ Vor allem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt vor der aktuell laufenden Einwegplastik-Kampagne des Discounters.

Lidl-Werbespot mit Günther Jauch sorgt für heftige Vorwürfe

Zum Hintergrund: Der Konzern bewirbt mit Günther Jauch vor der Kamera eine vermeintliche Umweltfreundlichkeit seiner Einweg-Flaschen aus Plastik. Grundlage der Werbeaktion ist eine Ökobilanzstudie, die der Discounter beim ifeu-Institut in Auftrag gegeben hatte. Nach Einschätzung des Umwelt- und Verbraucherverbandes wurden dabei allerdings „Äpfel mit Birnen“ verglichen.

Alles zum Thema Lidl

Lidl vergleiche sein eigenes spezifisches Einwegplastik-System nicht mit dem eines spezifischen Mehrweg-Abfüllers, sondern stelle diesem Marktdurchschnittsdaten von Mehrweg gegenüber. Dabei seien für das Lidl-System neue technische Daten aus dem Jahr 2021/22 und für Mehrweg Zahlen verwendet worden, die teils vor mehr als zehn Jahren erhoben wurden. 

Sehen Sie hier den Werbespot von Lidl gemeinsam mit Günther Jauch:

Darüber hinaus verschweige der Discounter in seinen Werbespots und auf Plakaten, dass die 0,5-Liter-Lidl-Einweg-Plastikflasche aus 100%-Recyclingmaterial ökobilanziell schlechter als Mehrweg abgeschnitten habe. DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz kritisierte das Werbeversprechen von Lidl daher folgendermaßen:

„Wir warnen Verbraucherinnen und Verbraucher davor, auf die Werbekampagne von Lidl hereinzufallen. Videos mit Günther Jauch in futuristischen computergenerierten Fabriken sollen offenbar von den eigentlichen Fakten ablenken: Lidl vergleicht Äpfel mit Birnen und verschweigt in ihren Werbespots für sie unangenehme Ergebnisse.“

Nehmen Sie hier an unserer Umfrage teil:

Perfide sei nach Einschätzung des Umwelt- und Verbraucherschutzverbandes auch die Vortäuschung eines 100-Prozent-Lidl-Materialkreislaufs. Tatsächlich gäbe es bei jedem Recyclingvorgang einen Materialschwund zwischen zwei bis fünf Prozent – also Plastik, das verloren geht und aus anderen Quellen ersetzt werden müsse. Ohne eine Auffrischung mit Neumaterial stünde nach einer gewissen Zeit gar kein ursprüngliches Recyclingmaterial mehr zur Verfügung.

Thomas Fischer, DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft, äußerte sich zu dieser Tatsache ebenfalls kritisch: „Um das beim Recycling verloren gegangene Material wieder aufzufüllen, bedient sich Lidl bei anderen Marktakteuren und bezieht von ihnen alte Einweg-Plastikflaschen. Diese Unternehmen müssen das Material dadurch anderweitig ersetzen. In der Regel greifen sie dazu auf fossil basiertes Neuplastik zurück. Der angebliche 100-Prozent-Recyclingkreislauf von Lidl wird so zur Farce.“

Heftige Vorwürfe gegen Lidl-Werbespot: Das sagt Günther Jauch

Nach der harschen Kritik rund um das Werbeversprechen von Lidl äußerte sich nun Günther Jauch zu den Vorwürfen: „Es ist eine ökologische Getränkeverpackung, zu der es allerdings noch Aufklärungsbedarf gibt“, sagte der Moderator zur „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). 

Zu den umstrittenen Vergleichswerten der in Auftrag gegebenen Studie zur Ökobilanz durch das Ifeu-Institut äußerte sich Günther Jauch folgendermaßen: „Über den ‚Einsatz von Parametern‘ sollen sich die Fachleute austauschen.“

Auch Greenpeace kritisierte den Moderator und warf ihm „falsche Werbeversprechen“ vor: „Es ist erschreckend, dass Günther Jauch sich vor den Karren einer Einwegfirma spannen lässt, die den Wandel zum Mehrweg boykottiert“, erklärte Greenpeace-Expertin Viola Wohlgemuth der NOZ. Die NGO lud Jauch auf eine Müllhalde in Tansania oder Kenia ein: „Als guter Journalist kann er sich dort informieren, wie nachhaltig seine Plastik-Flaschen sind.“

Auf die Frage, ob er die Einladung annehme, sagte Jauch: „Ich weiß, dass es, insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent, Plastikmüllhalden gibt. Auch deshalb halte ich das System der Kreislaufflasche erst recht dafür geeignet, dass dieser Irrsinn aufhört.“ Auf seinem eigenen Weingut plane Jauch keine Umstellung auf das PET-Flaschen-System.

Heftige Vorwürfe gegen Werbespot: Das sagt Lidl

Auch der Discounter äußerte sich zu den Vorwürfen. Wie „Stimme“ berichtete, erklärte die Lidl-Pressestelle, dass sie der Kritik, dass der Getränkemarkt im Sinne des Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutzes transformiert werden muss, zustimme. „Wir treten mit unserer Kampagne und der zugrundeliegenden Ökobilanz für eine datenbasierte Debatte ein und sind an einem sachlichen Dialog interessiert“, so die Pressestelle. Pauschal die Mehrwegsysteme zu bevorzugen, halte der Discounter dagegen nicht für zielführend.

Auch Wolf Tiedemann, Vertriebs- und Logistikvorstand bei Lidl Deutschland, erklärte laut „Stimme“: „Im Sinne des Klimas muss die Ökobilanz entscheidend sein.“ Ein Wettbewerb der Systeme nehme alle in die Verantwortung. „Ob bepfandete Einweg-Getränkeverpackungen oder Mehrweg – alle sollten verpflichtet sein, sich zu optimieren.“ (dpa, js).