Das fiese Krabbeln: Schädlinge wie Bettwanzen oder Kakerlaken fühlen sich bei uns mehr und mehr zu Hause. Warum das so ist – und was helfen kann.
Bettwanzen, PapierfischchenSchädlings-Alarm – auch wegen Amazon & Co.

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Knuspert gern an Pappe und Papier: das Papierfischchen.
von Laura Schmidl
Sie krabbeln, brummen, knabbern oder kriechen. Ungebetene vier- bis achtbeinige Gäste will keiner in Haus oder Wohnung haben – mit mangelnder Hygiene hat es aber selten zu tun, wenn sich Schädlinge einnisten.
In NRW beispielsweise auf dem Vormarsch: Papierfischchen. Die kleinen Insekten kommen in Paketen, knuspern gern Pappe und Papier und können so großen Schaden anrichten. Expertin Sophie Scharrer erklärt, was es über Schädlinge zu wissen gilt.
Einmal um die ganze Welt: Wie Schädlinge reisen
Ratten, Mäuse, Wanzen und anderes Getier: Wo Menschen wohnen, fühlen sich häufig auch Schädlinge wohl. Sie finden in unseren Häusern und Wohnungen oft ideale Lebensbedingungen. Doch ekeln sich nicht nur viele Menschen vor ihnen – sie können manchmal auch echten Schaden anrichten, wenngleich wir es in Deutschland in der Regel mit harmlosen Nutznießern zu tun haben.
Sophie Scharrer ist Expertin der Plattform „Schädlingshero“, die den „Schädlingsreport 2024“ veröffentlicht hat. Aus Daten und Erfahrungen von Schädlingsbekämpfern gehe eine Veränderung hervor, sagt sie. „Generell nimmt das Vorkommen von Schädlingen zu. Das hat vor allem mit der Globalisierung und dem Klimawandel zu tun. Die Tiere können sich einfacher verbreiten und in mehreren Lebensräumen leben.“
Und so kommen auch Exoten bei uns an. Schlagzeilen machte so etwa kürzlich „Tapinoma Magnum“, eine invasive Ameisenart. „Die wurde eingeschleppt und richtet riesige Schäden an.“ In Baden-Württemberg hat sie etwa schon das Internet für ganze Häuserblöcke lahmgelegt. Auch bereits zurückgedrängte Arten kommen aufgrund des Menschen zurück. In manchen Fällen sei das besonders deutlich: „Die Bettwanze zum Beispiel war einst fast ausgestorben, es gab kaum noch Fälle. Durch viele Reisen ist sie jetzt wieder eine der häufigsten Schädlinge“, sagt Sophie Scharrer. Sie machten laut Schädlingsreport 2024 deutschlandweit 18 Prozent aller Einsätze von Schädlingsbekämpfern aus.
Auch immer mehr Ratten wuseln durch die deutschen Städte, kommen aber auch immer häufiger in Privathaushalte. Besonders im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen. „Mehr Menschen, mehr Restaurants, mehr Müll“, sagt Scharrer. Sie machten deutschlandweit sieben Prozent der Einsätze aus, in NRW sogar elf.
Am häufigsten rückten die Schädlingsbekämpfer aber wegen Wespen aus (34 Prozent deutschlandweit bzw. 37 Prozent NRW-weit). Wichtig! Auf gar keinen Fall ohne Genehmigung und/oder unter Hinzuziehen von entsprechendem Fachpersonal Wespen töten oder Nester zerstören. Das ist in Deutschland verboten und wird je nach Wespenart und Bundesland mit einer empfindlichen Geldstrafe zwischen 5000 und 50.000 Euro bestraft!

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Ratten belegen mit 7 Prozent Platz 3 des Schädlingsrankings. Vor allem in den kalten Monaten suchen sie die Wärme, im Müll finden sie Futter. Werden bis zu 60 cm lang (inkl. Schwanz). Vor allem Kot und Urin können Krankheitserreger in sich tragen.
Vom immer beliebter werdenden Onlinehandel profitieren nicht nur Amazon und Co., sondern auch Papierfischchen: Machten sie 2023 in NRW nur fünf Prozent der nicht wespenbedingten Einsätze aus, waren es 2024 schon neun Prozent. Papierfischchen sehen Silberfischchen sehr ähnlich. „Optisch unterscheiden sie sich durch die kleinen Schwanzanhänge, die sind bei den Papierfischchen länger. Sie ernähren sich von Cellulose-Fasern. In Bibliotheken oder überall dort, wo viele Bücher sind, können sie großen Schaden anrichten. Sie mögen es warm und trocken.“
Silberfischchen, die viele aus Bad und Küche kennen, bevorzugen eine höhere Luftfeuchtigkeit. Sie futtern am liebsten Hautschuppen, Hausstaubmilben und Schimmelpilze. „Sie können also sogar zu einem gewissen Grad nützlich sein – aber auch ein Anzeichen für ein Schimmelproblem.“ Meist sind Silberfischchen aber keine Folge schlechter Hygiene. Gern leben sie auch in Neubauten, weil sie dort ihre bevorzugte Luftfeuchtigkeit vorfinden.
Bettwanzen: Kampf auf verlorenem Posten
Papierfischchen werden durch Pakete und Verpackungen eingeschleppt. „Sie sind nachtaktiv und können sich am Tag sehr gut in Ritzen und Hohlräumen verstecken“, sagt Scharrer. Vorbeugen lasse sich nur, indem man Pakete vor der Wohnungstür auspackt und die Pappe sofort entsorgt – auch, wenn das etwas umständlich ist. Ein stärkerer Befall lasse sich nur vom Profi effektiv bekämpfen, sagt Scharrer. Die Insekten haben bestimmte Laufwege, die man kennen müsse, um Köder sinnvoll aufzustellen. „Sonst spazieren die einfach an den Ködern vorbei.“ Zumindest bei den Silberfischchen rät sie zudem zu Gelassenheit: „Wenn ab und an ein einzelnes Silberfischchen gesichtet wird, liegt nicht zwingend ein Befall vor, der bekämpft werden muss.“

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Bettwanzen sind mit 18 Prozent mit Abstand auf Platz 2 des aktuellen Schädlings-Rankings. Werden von draußen eingeschleppt und hinterlassen fiese Bissspuren. Die Beseitigung ist ein Fall für den Profi.
Anders sieht es bei Bettwanzen aus. Wer da einen Verdacht hat: „Schnellstmöglich handeln! Da gibt es auch keine Hausmittel, die funktionieren.“ Einen Befall bemerke man überwiegend erst anhand von Bissen. „Sie hinterlassen Bisse in Gruppen oder kleinen Straßen“, sagt Scharrer. Dann sollte sofort der Kammerjäger gerufen werden. Keine gute Idee ist es, einfach aufs Sofa auszuweichen. So verteilt man die Bettwanzen nur. Leider sind die kleinen Plagegeister mit bloßem Auge nur schwierig zu entdecken. Zwar könne man in Hotels das Bett vorsichtshalber absuchen, „aber die sind sehr gut im Verstecken“, so Scharrer.
Durchaus möglich also, sich die Tiere unbemerkt einzuhandeln. Die Expertin empfiehlt: „Das Gepäck nicht direkt am Bett lagern. Zuhause die Wäsche in der Badewanne auspacken und ausschütteln, dann bis zur Wäsche in der Maschine in einem geschlossenen Behälter aufbewahren.“ Generell rät sie, gebraucht gekaufte Gegenstände immer ordentlich zu säubern und genau zu untersuchen. Verpackungsmaterial sollte man schnellstmöglich entsorgen. Und angebrochene Lebensmittel in luftdichten Behältern aufbewahren. Bei allen Tierchen gilt: „In der Regel kommen sie selten allein. Je früher man das Problem angeht, desto einfacher ist es.“