„Gehen mit dir um, als wärst du kriminell“Deutscher berichtet bei Maischberger von Abschiebehaft in den USA

Fabian Schmidt wurde bei der Einreise in die USA inhaftiert. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Fabian Schmidt wurde bei der Einreise in die USA inhaftiert.

Ein Mann kommt nach Hause. In die USA. Er freut sich auf seine Familie. Doch dann wird er am Flughafen verhaftet. Das ist Fabian Schmidt passiert. Er ist am Dienstagabend Gast bei Sandra Maischberger in der ARD.

„In den Vereinigten Staaten herrscht ein diffuses Gefühl der Angst vor der Willkür des Staates.“ So beschreibt die Juristin Sandra Navidi die Situation in den USA.

Dort lebt sie seit nunmehr 25 Jahren. Und dort werden immer wieder Menschen bei ihrer Einreise festgenommen. Warum, wissen sie nicht. „Das jagt uns Angst ein“, sagt Navidi, die am Dienstagabend Gast bei Sandra Maischberger im Ersten ist. „Aber auch geborene Amerikaner haben ein ungutes Gefühl.“

Deutsche Juristin in den USA spricht über „Willkür des Staates“

Fabian Schmidt stammt aus Deutschland. Seit 18 Jahren lebt er in den USA. Was ihm passiert ist, hat auch in Deutschland hohe Wellen geschlagen. Schmidt ist aus Washington zugeschaltet. Im Februar hatte der Elektrotechniker seinen Großvater in Deutschland besucht. Am 7. März fliegt Schmidt wieder nach Hause, in die USA, zu seiner Frau und seiner kleinen Tochter. „An diesem Tag hatte ich keine schlechten Gefühle“, erzählt er. Ein wenig nervös sei er gewesen, wegen all dem, was in den letzten Wochen politisch passiert sei. „Aber ich hatte meine Green Card und meinen deutschen Pass. Die Green Card war gerade erneuert worden. Angst hatte ich wirklich keine.“

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Als er auf dem Flughafen in Boston landet, ändert sich alles. Man nimmt ihm seine Green Card weg, Beamte befragen ihn nach seinem Vermögen. Dann wird er in einen separaten Raum geführt. Das Verhör beginnt. Schmidt: „Es gab ganz viele Fragen. Ich wurde gefragt, wo ich arbeite, wo ich wohne, was meine Familie so treibt. Die haben nicht aufgehört mit ganz vielen persönlichen Fragen. Die gingen ganz tief. Und sie waren auch ein bisschen peinlich, um ehrlich zu sein.“

„Man fühlt sich als Opfer“

Fünf Tage dauert die Tortur. Schmidt darf weder die Botschaft noch seine Familie anrufen. „Die haben mir keinen Kontakt erlaubt und auch der Botschaft nicht Bescheid gesagt“, so Schmidt. „Es hat sieben Tage gedauert, bis sie die Botschaft informiert haben. Und das kam auch nicht vom Flughafen oder vom Zoll, das kam direkt vom Gefängnis.“

Die Juristin Sandra Navidi weiß: „Das sorgt für Angst und Panik in der Bevölkerung.“ (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Die Juristin Sandra Navidi weiß: „Das sorgt für Angst und Panik in der Bevölkerung.“

Gut behandelt fühlte Schmidt sich nicht. „Die haben sich total lustig gemacht über mich“, berichtet er. „Man fühlt sich als Opfer. Man hat Angst, man weiß nicht, was da grade passiert. Und man hat auch keine Connection mit seinem Anwalt oder mit der Familie. Gar nichts. Das war sehr schwer für mich.“ Selbst eine Anklage habe es nicht gegeben. „Ich wusste gar nichts, außer, dass ich eine Flagge auf meiner Green Card hatte.“ Eine Flagge auf der Green Card bedeutet: Dieser Mensch hat was auf dem Kerbholz.

Und tatsächlich hatte Fabian Schmidt schon mal Erfahrungen mit einem US-Richter. Zehn Jahre ist das her. Da wurde in Kalifornien gegen ihn ermittelt. Wegen vermeintlichem unerlaubtem Drogenbesitz. Doch das Verfahren wird eingestellt. Endlich, nach fünf Tagen, darf Schmidt das erste Mal telefonieren. Mit seiner Mutter - für fünf Minuten, aus einem Hochsicherheitsgefängnis in der Nähe von Boston. Dabei erzählt er, er sei mit einem Waffendieb in einer Zelle. Drei Tage danach habe er auch mit seiner Frau telefonieren dürfen, so Schmidt.

Die Haftbedingungen in dem Sicherheitsgefängnis seien „extrem“ gewesen: „Man sieht die Sonne nicht, da sind keine Fenster. Die gehen mit dir um, als wärst du ein Krimineller. Man ist in einer kleinen Zelle, und die passen ganz doll auf, dass da nichts passiert.“ Jeden Tag habe er Besuch von einem Beamten bekommen. Der habe ihn überreden wollen, seine Green Card abzugeben. Dann hätte Schmidt zurück nach Deutschland fliegen müssen. „Aber ich habe abgelehnt. Aber die haben mir öfter gesagt, dass ich wahrscheinlich deportiert werde.“

Schmidt ist kein Einzelfall

Nach zwei Monaten wird Schmidt aus der Haft entlassen. Er ist wieder bei seiner Familie. Doch wirklich sicher fühlt er sich nicht mehr. „Zu viele Sachen passieren unkontrolliert“, sagt er. „Es fühlt sich so an, als würde das aus dem Nirgendwo passieren. Und das ist sehr intensiv.“

Fabian Schmidt ist nicht alleine, erzählt Sandra Navidi. „Das fing schon im Januar an“, sagt sie. „Sein Fall war relativ spät. Ich habe mich gewundert, wie lange es gedauert hat, bis er in die Presse kam.“ Es habe schon Hunderte ähnlich gelagerter Fälle gegeben. „Da werden Rechte systematisch missachtet“, sagt Navidi.

Das Problem: Wer in die USA einreist, hat zunächst keine Rechte. „Die Grenze ist erst einmal ein rechtsfreier Raum. Wer mit einem Visum kommt, hat erst einmal gar keine Rechte und kann sofort weggeschickt werden. Das ist in der Vergangenheit auch passiert, meistens mit Grund.“ Eine Ausnahme sind Menschen wie Fabian Schmidt, der Besitzer einer Green Card ist. Damit hat er ein dauerndes Aufenthaltsrecht und darf nicht des Landes verwiesen werden. Er hat das Recht auf eine Anhörung vor einem Richter.

„Doch was alle diese Fälle gemeinsam haben ist, dass sie erst mal verschwinden in irgendwelchen Gefängnissen, dass die Anwälte keinen Kontakt aufnehmen dürfen und dass sie tagelang keinen Kontakt zu ihrer Familie haben. Und das sorgt für Angst und Panik in der Bevölkerung.“ Inzwischen seien Pläne bekannt geworden, Einreisende in die USA in Guantanamo zu verhören. Auch Deutsche, sagt Navidi.

Fabian Schmidt lässt sich davon nicht beeindrucken. „Ich komme im Dezember wieder nach Deutschland“, sagt er. „Ich mache das noch mal mit, denn ich denke, dass es uns allen gut tun wird, wenn ich wieder in den Urlaub fliegen kann. Die Leute sollen keine Angst haben. Jetzt kommt ja auch die WM, und da ist es wichtig, dass viele Deutsche hierherkommen können ohne Probleme.“ (tsch)