Fatale Krise der Ampel-RegierungSzene aus Parlament macht das ganze Desaster sichtbar

Die Ukraine befürchtet einen Einmarsch von Russland, der Westen einen Krieg inmitten von Europa. Viele Nato-Staaten suchen den Schulterschluss mit der Ukraine. Allein Deutschland sorgte zuletzt für Entrüstung in dem Land. Eine Szene aus dem ukrainischen Parlament bringt diesen Unmut auf den Punkt.

von Martin Gätke (mg)

Vor der ukrainischen Grenze, im Norden, im Süden sowie im Osten, hat Russland über 100.000 Soldaten zusammengezogen, laut Berichten ist dort ein gewaltiges Aufgebot an russischer Panzer, Artillerie und Raketen versammelt. Der Westen hat Angst vor einem russischen Einmarsch, die Nato sagt der Ukraine ihre Unterstützung zu, auch Deutschland sucht den Schulterschluss.

Doch zuletzt zweifelten Verbündete an der Verlässlichkeit Berlins in dem Konflikt, Deutschland hat mit einem Image-Desaster zu kämpfen. Eine Szene aus dem ukrainischen Parlament macht dieses Desaster sehr anschaulich.

Die Angst vor einem Krieg schwebt über Kiew – und viele Länder reagieren. Großbritannien hilft dem Land mit 105 Millionen Euro, Dänemark verlegt Kampfjets nach Litauen und schickt eine Fregatte in die östliche Ostsee, die USA versetzen ihre Truppen in Bereitschaft. Auch Polen versprach Kiew Verteidigungswaffen, darunter Drohnen und Flugabwehrraketen, aber auch humanitäre Hilfe.

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Auch von Deutschland hätte die Ukraine am liebsten Waffen, doch die Bundesregierung bleibt bei ihrer kategorischen Ablehnung. Stattdessen gibt es ein Feldlazarett inklusive der nötigen Ausbildung sowie 5000 Schutzhelme. Das sorgte für jede Menge Häme.

Ukraine dankt westlichen Verbündeten für die Unterstützung

Am Dienstag (1. Februar) lobte Wolodymyr Selenski die Unterstützung des Westens. „Die Unterstützung für die Ukraine ist die größte seit 2014“, sagte er den Abgeordneten bei einem Besuch der britischen und polnischen Staats- und Regierungschefs. Abgeordnete der Rada, des ukrainischen Parlaments, hielten zum Dank Flaggen der Länder hoch, die der Ukraine Hilfe angeboten hatten.

Die Flagge von Deutschland war nicht dabei. 

Eine Szene, die das Image-Desaster der deutschen Außenpolitik gut sichtbar macht, wie auch deutschen Politikern aufgefallen ist. „Gar keine deutsche Flagge dabei… Bei 5000 deutschen Helmen und einer Kanzlerpartei SPD ohne politischen Kompass nicht wirklich überraschend“, schreibt etwa der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer zu dem Foto auf Twitter.

Besonders negativ ist Deutschland international dadurch aufgefallen, dass das Land Estland verweigert hat, neun Haubitzen aus DDR-Beständen an die Ukraine weiterzugeben. Berlin begründete das mit der traditionell zurückhaltenderen Rüstungsexportpolitik. Aber auch die wirtschaftlichen Interessen werden immer wieder kritisch beäugt, allen voran die Abhängigkeit vom russischen Erdgas, die durch Nord Stream 2 noch einmal steigen wird. Der Skandal um die Äußerungen von Ex-Vize-Admiral Kay-Achim Schönbach, der über Putin und die Krim schwadronierte, die für die Ukraine verloren sei, taten ihr Übriges.

Ukraine: Deutschland steckt in der Image-Krise

Kritik kommt zuletzt auch vom ehemaligen tschechischen Außenminister Karl Fürst von Schwarzenberg und dem einstigen Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Europa-Parlament, Elmar Brok. Beide beklagten in einem offenen Brief: „Es entsteht der Eindruck, dass Deutschland nicht aktiv an der Entwicklung einer klaren westlichen Politik mitwirkt, sondern mehr an eigene wirtschaftliche Interessen (Nord Stream 2, Sanktionen) denkt.“

Auch der künftige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat einen stärkeren militärischen Beitrag Deutschlands gefordert – etwa mit der Lieferung von Waffen zur Verteidigung.

Die erste große außenpolitische Krise der neuen Ampel, sie wird immer mehr zur Image-Krise, auch weil Kanzler Olaf Scholz (SPD) in der Ukraine-Frage bislang so gut wie unsichtbar blieb.

Ukraine-Krise: Bruchlinien quer durch die deutsche Politik

Auch die neue Ampel-Regierung ist sich uneins über das Vorgehen in der Krise, mehrere Bruchlinien ziehen sich quer durch die deutsche Politik: Innerhalb der Ampel stehen Grüne und FDP für Härte gegenüber Russland, das hat auch Außenministerin Annalena Baerbock bei ihren Treffen stets klargemacht. Die SPD ist da wesentlich zurückhaltender, auch innerhalb der Partei selbst herrscht Streit. Der linke Parteiflügel setzt auf Entspannung, konservativere Sozialdemokraten plädieren für eine härtere Gangart. Hier mussten die SPD-Spitzen erst einmal eine einheitliche Position finden.

Deutschland muss das Image-Problem dringend lösen, denn seine Vermittlerrolle ist wichtiger denn je. Bislang waren die diplomatischen Gespräche in dem aufgeheizten Konflikt von wenig Erfolg gekrönt: Putin warnte am Dienstag erneut vor einer Kriegsgefahr in Europa, sollte die Ukraine Mitglied der Nato werden.

Er kritisierte die ablehnende Haltung zu den russischen Forderungen. Am Mittwoch stehen nun die nächsten Gespräche an: Der britische Premier Boris Johnson will mit Putin telefonieren. Der niederländische Premier Mark Rutte hat einen Besuch beim ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj geplant.