Maidan-Proteste in der UkraineMenschen sterben für Freiheit und Demokratie – schon seit Jahren

Ein am 22. November 2014 veröffentlichtes Bild aus dem Archiv zeigt einen ukrainischen Demonstranten, der während der anhaltenden Euromaidan-Proteste in Kyjiw auf einer Barrikade Klavier spielt. Das Klavier ist in den Nationalfarben der Ukraine gestrichen. Es liegen Trümmer drumherum.

Ein ukrainischer Demonstrant spielt Klavier auf einer Barrikade in Kyjiw. Das Bild stammt aus dem Jahr 2014.

Ein bedeutsamer Punkt im bereits seit Jahren andauernden Russland-Ukraine-Konflikt: die Maidan-Proteste. Aber was genau ist darunter zu verstehen?

von Lara Hamel (hl)

Am 24. Februar 2022, einem Donnerstag, griff Russland die Ukraine an. Spannungen zwischen den beiden Ländern gab es jedoch schon deutlich länger – teilweise mit tödlichen Folgen für Militär und Zivilbevölkerung.

Im Jahr 2013, fast zehn Jahre vor Kriegsbeginn, kam es beispielsweise zur sogenannten Maidan-Revolution, die ihren Anfang in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw nahm. Der Name „Maidan“ lässt sich auf den Platz zurückführen, auf dem die Demonstrationen damals begannen.

Kyjiw: Maidan-Proteste weiten sich aus

Am 21. November 2013 verkündete die ukrainische Regierung unter dem damaligen Präsidenten Wiktor Janukowytsch, das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht zu unterzeichnen. Diese Nachricht war der Auslöser für die sogleich beginnenden Proteste auf dem Platz der Unabhängigkeit in Kyjiw, dem „Maidan Nesaleschnosti“. Wenige Tage später hat sich die Zahl der Demonstrierenden auf Zehntausende, Anfang Dezember sogar auf Hunderttausende erhöht.

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Allerdings hatte sich auch das Thema des Protests geändert: War es anfangs das verweigerte Assoziierungsabkommen, richteten sich die Demonstrationen schon bald gegen Präsident Janukowytsch und sein Regime. Dass die Polizei am 30. November 2013 sogar gewaltsam gegen die Protestierenden vorging, rief nur noch mehr Widerstand in der Bevölkerung hervor.

Die ukrainische Regierung versuchte am 16. Januar 2014 mittels Einschränkungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit, die sich ausweitenden Proteste zu beenden. Dieses Vorgehen hatte abermals nur weitere und gewaltsamere Demonstrationen zur Folge. Am 19. und 20. Februar 2014 erreichten diese dann ihren (traurigen) Höhepunkt: Damit es der ukrainischen Polizei nicht gelingen konnte, den Maidan-Platz zu räumen, schotteten sich die Demonstrierenden mit brennenden Autoreifen ab. Um den Barrikaden Herr zu werden, schoss die Polizei auf die Demonstrierenden – 100 Personen starben dabei, 1.000 wurden verletzt.

In der Folge kam es zu einem Seitenwechsel in der Regierung: Anhängerinnen und Anhänger von Polizei und Armee, aber auch Oligarchinnen und Oligarchen sahen sich mehr auf der Oppositionsseite. Das schwächte Janukowytsch so sehr, dass er mit der Opposition einen Kompromiss verhandelte, der unter anderem die Rückkehr zur Verfassung von 2004 und vorzeitige Präsidentschaftswahlen beinhaltete.

Den Demonstrierenden der Maidan-Revolution ging das allerdings nicht weit genug, sie forderten nach wie vor den Rücktritt des Präsidenten. 22. Februar 2014: Janukowytsch flieht schließlich über die Ostukraine nach Russland. Einen Tag später wählt das ukrainische Parlament eine Übergangsregierung mit Übergangspräsident Oleksandr Turtschynow.

Am 27. Februar 2014 begann die Annexion der Halbinsel Krim: Soldaten besetzten unter anderem Parlament und Regierungsgebäude in der Hauptstadt Simferopol. Unter diesen Umständen wurde eine neue Regierung gewählt, die am 3. März 2014 verkündete, dass die Krim nun zu Russland gehört.

Im April 2014 stürmen prorussische Demonstrierende die Verwaltungen in der Süd- und Ostukraine und besetzen den Donbas. Am 11. Mai 2014 werden die Städte Doneszk und Luhansk in einem umstrittenen Referendum für unabhängig erklärt. Zwei Wochen später, am 25. Mai 2014, wählt die Ukraine Petro Poroschenko zum neuen Präsidenten und dem Militär gelingt es, einige Städte von Russland zurückzuerobern.

Als prorussische Separatisten am 17. Juli 2014 das Zivilflugzeug MH17 über der Ostukraine abschießen und alle Menschen an Bord töten, verschärfen Deutschland und die USA die Sanktionen gegen Russland. Gut zwei Monate später wird am 3. September 2014 die erste Waffenruhe in Minsk vereinbart – das sogenannte Protokoll von Minsk. Wegen der Kämpfe im Donbas währte der Waffenstillstand jedoch nicht lange.

Am 12. Februar 2015 wurde mithilfe der damaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron die zweite Waffenruhe vereinbart – das Minsker Abkommen. Dadurch wurde es teilweise ruhiger, allerdings wurde die Vereinbarung in den folgenden Jahren immer wieder gebrochen. Unter anderem beschossen russische Küstenboote am 25. November 2018 ukrainische Kriegsschiffe im Schwarzen Meer.

Auch in den Jahren 2019 und 2020 gibt es keinen hundertprozentigen Waffenstillstand, sodass der Konflikt zwischen Ukraine und Russland von 2014 bis 2021 rund 15.000 Tote fordert – bis Russland in der Nacht auf den 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert.