Mysteriöser Chef hinter Milliarden-KonzernDas Geheimnis um Lidl-Boss Dieter Schwarz

von Susanne Scholz (susa)

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Das erste Lebensmittelgeschäft der „A. Lidl & Co. Südfrüchtenhandlung“ in der Sülmerstraße 54 in Heilbronn.

Heilbronn – Der Handelskonzern Lidl zählt zu den global Playern. Das Unternehmen, zu dem auch Kaufland gehört, ist zum größten Handelskonzern Europas und zum viertgrößten weltweit geworden. Doch wer ist der mysteriöse Chef hinter dem milliardenschweren Lidl-Konzern? Das ZDF hat sich für die Doku „Deutschlands große Clans: Die Lidl-Story“  auf Spurensuche gemacht.

Das weiß man über Dieter Schwarz

Er wurde am 24. September 1939 in Heilbronn geboren und gilt als die reichste Einzelperson Deutschlands (sein Vermögen wird auf 39 Milliarden Euro geschätzt). Das ist schon nahezu alles, was die Öffentlichkeit über Lidl-Boss Dieter Schwarz (79) weiß.

Der Vater zweier Töchter, die im Unternehmen keine Rolle spielen, ist ein Phantom. Nicht einmal in seiner Heimatstadt Heilbronn, wo er bis heute lebt, kennen ihn die Menschen.

Alles zum Thema USA

Offiziell existieren gerade einmal zwei Paparazzi-Fotos, die nicht gezeigt werden dürfen. Interviews lehnt Schwarz kategorisch ab.

Ein älterer Herr, der gerne ins Theater geht und die Kunst fördert – so lässt sich Schwarz wohl am ehesten beschreiben. Er ist ein Visionär und knallharter Geschäftsmann. Doch gegründet hat er Lidl nicht.

Die Autoren Annebeth Jacobsen und Frank Diederich stießen bei ihren Recherchen auf Chroniken, die bislang unbekannte Kapitel in der Geschichte des geheimnisvollen Clans aufschlagen.

Geheimnisvoller Familienclan

So räumen sie im Film mit etlichen Gerüchten über Dieter Schwarz auf und präsentieren Fakten. Darunter die Tatsache, dass Dieter Schwarz nicht der Gründer von Lidl ist, wie häufig kolportiert wird.

Bereits sein Vater, sein Großvater und sein Urgroßvater waren Kaufleute und legten das Fundament für das Firmenimperium. Die Kaufmanns-Karriere wurde Schwarz somit in die Wiege gelegt. 1836 hatte Urgroßvater August das Kaufhaus Schwarz gegründet. Sohn und Enkel – beide mit dem Namen Josef – übernahmen. Dieter Schwarz' Vater gründet 1930 gemeinsam mit einem Kompagnon, der Südfrüchte verkauft, die Lidl & Schwarz KG.

Aufschwung dank Wirtschaftswunder

Nach dem Ende des Krieges baut Vater Josef das Geschäft wieder auf, verkauft aus einer Garage heraus. Sohn Dieter geht ein Jahr lang in den USA zur Schule und lernt dort Konsum kennen.

Zurück in Heilbronn steigt er nach dem Abitur 1957 als Lehrling in die väterliche Firma ein. Das Wirtschaftswunder macht's möglich: Das Geschäft boomt. Großhändler Schwarz macht Millionen, die Firma wächst.

Firmenumzug nach Neckarsulm

Das beschauliche Heilbronn ist längt zu klein geworden. Dieter Schwarz ist es, der seinen Vater zum Umzug in die Nachbargemeinde Neckarsulm überredet. Dort entsteht in den 1960er Jahren der heutige Firmensitz.

Und Dieter Schwarz ist es auch, der verstärkt auf das Discounterprinzip nach Aldi-Vorbild setzt. 1973 eröffnet er den ersten Selbstbedienungsladen in Ludwigshafen. Doch noch fehlt ein einprägsamer Firmenname. „Schwarz Markt“ will er sich nicht nennen, für den Namen Lidl hat er nicht die Namensrechte – noch nicht.

Namensrechte an Lidl gibt es für 1000 DM

Denn ein Zufall spielt dem pfiffigen Geschäftsmann laut ZDF-Doku in die Hände. In der Zeitung liest er einen Bericht über einen Maler Namens Ludwig Lidl. Er kontaktiert ihn und kauft ihm die Namensrechte für lächerliche 1000 D-Mark ab.

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Klaus Gehrig ist Manager bei Lidl. In seinem Vertrag soll stehen, dass er abgelöst werden kann, wenn er dement ist.

Aldi-Manager Klaus Gehrig übernimmt Posten

Schwarz eröffnet einen Lidl-Markt nach dem nächsten. 1976 holt er Manager Klaus Gehrig – Spitzname Killerwal – ins Boot. Der hatte zuvor den Konkurrenten Aldi an die Spitze gebracht.

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Je erfolgreicher das Unternehmen wird, umso mehr zieht sich Dieter Schwarz zurück.

Aus gutem Grund, wie Insider dem ZDF berichten. Schwarz sollen die Entführungen von Richard Oetker und Theo Albrecht in den 1970er Jahren verängstigt haben. Von Entführungsdrohungen gegenüber seinen Töchtern Regine und Monika ist die Rede.

Deutschlands reichste Familien scheuen die Öffentlichkeit – hier mehr darüber lesen

Kein Wunder also, dass sich Dieter Schwarz aus der Öffentlichkeit heraushält. Dem Erfolg seines Unternehmens schadet das nicht. Im Gegenteil: die Schwarz-Gruppe expandiert. Nach der Wende etabliert Schwarz Kaufland im Osten, verkauft seine Ware aus Zelten.

Auch Lidl expandiert. In Deutschland, Europa und inzwischen auch in den USA entstehen Filialen.

Lidl-Geschäft in den USA läuft nicht an – hier die Infos.

Bis heute, so heißt es in dem TV-Bericht, fällt keine Entscheidung ohne den inzwischen 79-Jährigen, der sich 1999 offiziell aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat.

Vorwurf: Lidl bespitzelt Mitarbeiter

Die Lidl-Erfolgsgeschichte, sie hat auch Schattenseiten. Und die besonders für die Mitarbeiter. 2004 schlagen Gewerkschaften Alarm. Bei Lidl herrsche ein „System der Angst“.

In der ZDF-Doku kommen ehemalige Mitarbeiter zu Wort. Die ehemalige Lidl-Filialleiterin Ulrike Schramm-de Robertis berichtet: „Du musst jeden Tag Angst haben, dass du deine Arbeit verlierst.“ Stets auf Abruf, unbezahlte Überstunden und Schikane, so die Vorwürfe.

Heftige Vorwürfe! Schüchtert Lidl seine Mitarbeiter systematisch ein?

Als 2008 bekannt wird, dass Lidl heimlich Kameras in den Filialen anbringt, um Mitarbeiter auszuspionieren, ist der Skandal groß. Die Umsätze sinken.

Die Bewachung der Belegschaft – ein Unding. Lidl reagiert. Mit Klaus Gehrig tritt erstmals ein Lidl-Macher in einer Talkshow auf. Bei Johannes B. Kerner bestreitet er, von den Überwachungen gewusst zu haben.

Imageschaden für Lidl

Der Imageschaden für Lidl ist enorm. Das Unternehmen denkt um. Werbespots („Lidl lohnt sich“) werden geschaltet. Das Unternehmen holt sich Promis wie Heidi Klum ins Boot.

Die Verkaufszahlen erholen sich.

Dieter Schwarz fördert Wissenschaft, Bildung und Kultur

Dieter Schwarz aber bleibt weiter der Mann im Hintergrund. Seine Dieter-Schwarz Stiftung fördert Wissenschaft, Bildung und Kultur – und ist laut Doku ein lukratives Steuermodell.

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(susa/ots)