Vorschlag der WirtschaftsweisenLindner lehnt höhere Steuern für Reiche ab: „Enorm gefährlich“

Bundesfinanzminister stellt am 27. Oktober das Ergebnis der Herbst-Steuerschätzung vor.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hält einen Vorschlag der Wirtschaftsweisen zur höheren Besteuerung von Reichen für „enorm gefährlich“.

Die Wirtschaftsweisen schlagen eine höhere Besteuerung von Reichen vor. Bei Bundesgesundheitsminister Christian Lindner (FDP) stößt das auf Ablehnung.

Die Wirtschaftsweisen haben am Mittwoch (9. November 2022) eine höhere Besteuerung von Gutverdienenden ins Spiel gebracht. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hält von diesem Vorschlag wenig.

In ihrem Jahresgutachten erklärten die Wirtschaftsweisen, es könne eine „Teilfinanzierung“ der staatlichen Entlastungsmaßnahmen in der Energiekrise „durch eine zeitlich streng befristete Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder die Einführung eines Energie-Solidaritätszuschlags für Besserverdienende in Betracht gezogen werden“.

Lindner lehnt Reichensteuer-Erhöhung ab

Dies würde auch dazu beitragen, „die Zielgenauigkeit des Gesamtpakets aus Entlastungen und Belastungen zu erhöhen und zu signalisieren, dass die Energiekrise solidarisch bewältigt werden muss“, argumentierte das Gremium.

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Die Vorsitzende Monika Schnitzer verteidigte den Vorschlag. „Wenn man Gutverdienern unnötigerweise Staatshilfen ausschüttet, sollte man ihnen einen Teil wieder wegnehmen“, sagte sie dem „Handelsblatt“. Mögliche Steuererhöhungen sollten allerdings „wirklich nur die Topverdiener treffen“ und müssten gleichzeitig mit den Entlastungsmaßnahmen wieder enden.

Bei Lindner stieß der Vorschlag auf Ablehnung. Die Bundesregierung beabsichtige „keine Steuern zu erhöhen“, sagte er am Mittwoch in Berlin. Die Bundesregierung halte daran fest, „dass wir in dieser Situation eher entlasten müssen“.

Das Land erlebe eine Phase der wirtschaftlichen Verunsicherung – da wären zusätzliche Belastungen bei der Steuer „enorm gefährlich“, warnte der FDP-Chef. Außerdem leisteten Gutverdiener bereits einen „überproportionalen Beitrag“ zur Finanzierung des Staates.

Ähnlich äußerte sich Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. „Angesichts der multiplen Herausforderung für Unternehmen ist die Politik aufgerufen, alles zu tun, um Arbeitsplätze am Wirtschaftsstandort Deutschland und Wertschöpfung zu sichern. Steuererhöhungen gehören ganz sicher nicht dazu“, erklärte er.

SPD und Grüne wollen Besteuerung von Gutverdienern erhöhen

Unterstützung für den Vorstoß der Wirtschaftsweisen hatten hingegen am Dienstag bereits Vertreterinnen und Vertreter von SPD und Grünen geäußert. „Ich begrüße es, dass die Wirtschaftsweisen in ihrem Jahresgutachten Forderungen der SPD aufgreifen und vorschlagen, Besserverdienende und Menschen mit sehr hohen Vermögen stärker an der Bewältigung der Krisen zu beteiligen“, sagte nun auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ vom Mittwoch.

Positiv nahm auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) den Vorstoß auf. „Starke Schultern müssen in der Krise mehr tragen“, sagte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Daher brauchen wir auch eine stufenweise Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 53 Prozent, die Einführung einer Vermögenssteuer und eine höhere Erbschaftssteuer.“

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) erklärte Vorstandsmitglied Stefan Körzell, die Idee der Wirtschaftsweisen sei „genau richtig“. Allerdings brauche es „nicht nur temporär, sondern dauerhaft ein gerechteres Steuersystem“. Dazu seien auch die Wiedererhebung der Vermögensteuer und eine „gerechtere Erbschaftsteuer“ nötig.

Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, erklärte, er begrüße „ausdrücklich die Forderung des Sachverständigenrats nach einem höheren Spitzensteuersatz und einem Energie-Soli für Reiche“. Die Lasten der Krise müssten jetzt sozial gerecht verteilt werden. „Deswegen ist eine umverteilende Steuerpolitik überfällig“, urteilte Werneke. (afp)