„Lage ist mehr als ernst!“Drastische Warnung an Regierung: Supermarkt-Regale könnten bald leer bleiben

Die Lebensmittelbranche warnt in einem Brandbrief an die Regierung vor erheblichen Versorgungslücken, sollten finanzielle Hilfen weiterhin ausbleiben. Unser Archivfoto zeigt ein leeres Mehl-Regal in einem Lebensmittelmarkt im Frühjahr 2022.

Die Lebensmittelbranche warnt in einem Brandbrief an die Regierung vor erheblichen Versorgungslücken, sollten finanzielle Hilfen weiterhin ausbleiben. Unser Archivfoto zeigt ein leeres Mehl-Regal in einem Lebensmittelmarkt im Frühjahr 2022. 

Die Energiekrise in Deutschland hinterlässt bereits deutliche Spuren: Viele Unternehmen haben ihre Produktion gedrosselt, einige Branchen blicken nun skeptisch auf den Herbst und den Winter. Nun warnt die Lebensmittelbranche in einem Brandbrief an die Regierung vor dem Schlimmsten.

von Martin Gätke (mg)

„Ein Sturm zieht auf“. So titelt das Branchenmagazin „agrarheute“ die aktuelle Analyse von Inflation und Kostenexplosion. Die Abgabepreise der Industrie, also die Einkaufspreise für Bäuerinnen und Bauern sowie den Groß- und Einzelhandel, sind satte 45,8 Prozent höher als im Vorjahr – der höchste Stand seit Beginn der Erhebung 1949. 

Die Abgabepreise gelten als Frühindikator für die Inflation. Für Dünger, Futter und andere Mittel gehen die Preise durch die Decke. Haupttreiber sind die extrem hohen Preise für Gas, Strom, fossile Energieträger. Vor allem für Lebensmittel steigen sie erheblich – auf die Verbraucherinnen und Verbraucher wird wohl noch einiges zukommen. Industrieverbände erwarten eine schwere Wirtschaftskrise, die Bundesbank warnt bereits vor einer Rezession.

Lebensmittelbranche mit Brandbrief an Regierung: „Es ist 1 Minute vor 12!“

Nun hat die Lebensmittelbranche einen Brandbrief an die Bundesregierung verfasst. Sie fordert darin Energiebeihilfen – sonst drohe eine Lebensmittelknappheit.

Alles zum Thema Energiekrise

Es sind drastische Worte, mit denen die Vertreterinnen und Vertreter der Tiefkühl- und Frischewirtschaft ihren offenen Brief einleiten: „Es ist 1 Minute vor 12!“ Adressiert ist der Brief vom 21. September an Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (beide Grüne).

Die Lebensmittelwirtschaft erlebe gerade „die schwere Krise seit Ende des Zweiten Weltkrieges“, heißt es darin. Das betreffe in besonderem Maße die besonders energieintensiven Betriebe der mittelständischen Tiefkühl- und Frischewirtschaft, „die infolge der Energiekrise vor einer existenziellen Bedrohung stehen“.

All jene, die „Tag und Nacht“ für die temperaturgeführte Lebensmittelversorgung von Millionen Deutschen arbeiteten, seien gerade „mit dramatischen Preissteigerungen für ihre Strom- und Gasversorgung“ konfrontiert. 

Brandbrief an Regierung: Unternehmen befürchten „baldigen Stillstand“

Doch gebe es bislang keine finanzielle Unterstützung der Regierung, heißt es im offenen Brief weiter, nur vereinzelte Branchen seien beachtet worden. „Zahlreiche mittelständische Hersteller, Logistikdienstleister und Handelsunternehmen wurden bisher nicht berücksichtigt.“

Auch gestörte Lieferketten, Personalmangel und Rohstoffknappheit würden zusätzlich für steigende Preise sorgen. „Diese massiven Kostensteigerungen können die Unternehmen nicht mehr länger durch Einsparungen oder die anteilige Weitergabe in den Verkaufspreisen an die Kunden kompensieren.“

Unternehmen befürchteten bereits den „baldigen Stillstand von Produktionslinien und die Schließung von Kühllogistikzentren für die Lebensmittelverteilung“. „Manche bereiten sich sogar schon auf eine mögliche Insolvenz vor!“ 

Energie-Krise: „Es drohen erhebliche Versorgungslücken“

Dann folgt eine ausdrückliche Warnung der Branche: „Es drohen erhebliche Versorgungslücken bei der täglichen Lebensmittelversorgung der Menschen in Deutschland. Die Lage ist mehr als ernst!“

Der Appell an die Bundesregierung: Kurzfristige Energiebeihilfen für energieintensive Unternehmen, „Ankündigungen helfen und reichen nicht!“ Das Energiekostendämpfungsprogramm solle kurzfristig für alle Mittelständler in der Tiefkühlkette geöffnet werden – für Industrie, Kühlhäuser, Handel und Dienstleister. Und die Sicherung der Energieversorgung müsse mit höchster Priorität vorangetrieben werden. „Sonst bleiben die Kühlschränke und Tiefkühltruhen für die deutsche Bevölkerung bald leer!“

Zu den Unterzeichnern des Brandbriefes zählen unter anderem das Deutsche Tiefkühlinstitut e.V. (dti) und der Verband Deutscher Kühlhäuser und Kühllogistikunternehmen e.V. (VDKL). Das dti vertritt 140 Mitglieder aus allen Teilen der Tiefkühlkette von Industrie über Logistik und Handel. Der VDKL vertritt über 80 Prozent der gewerblichen Kühlhäuser in Deutschland. Auch der Verband der Fleischwirtschaft (VDF) sowie der Bundesverband Fisch haben unterzeichnet. Eine Reaktion seitens der Regierung auf das Schreiben blieb bislang aus.