WinnetouNach Kritik im Netz: Verlag zieht Kinderbücher wieder zurück – Wirbel auch um Kinofilm

Große Debatte um den neuen Winnetou-Kinofilm und ein neues Jugendbuch. Der Verlag hat dieses nach einigen Kritiken wieder vom Markt genommen. Nun ist eine große Diskussion entbrannt.

von Marcel Schwamborn (msw)

Seit knapp zwei Wochen läuft in den deutschen Kinos „Der junge Häuptling Winnetou“. Passend dazu hatte der Ravensburger Verlag auch zwei Jugendbücher, ein Stickerheft und ein Puzzle auf den Markt gebracht. Doch schon nach wenigen Tagen zieht der Verlag diese wieder zurück.

Grund dafür: Heftige Vorwürfe aus dem Netz, wonach der Karl-May-Stoff „kolonialistische“ und „rassistische“ Vorurteile schüre und ein Fall von unerwünschter „kultureller Aneignung“ sei. Ein Nutzer kritisierte die „Romantisierung von Völkermord“. Dabei sei das Buch zum Film nur als „rein fiktionale Geschichte zu einem der beliebtesten Filmklassiker“ gedacht gewesen, hieß es ursprünglich.

Winnetou: Ravensburger Verlag entschuldigt sich öffentlich

Der Ravensburger Verlag reagierte via Instagram auf die Debatte: „Wir haben entschieden, die Auslieferung der Titel zu stoppen und sie aus dem Programm zu nehmen. Euer Feedback hat uns deutlich gezeigt, dass wir mit den Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben. Das war nie unsere Absicht und das ist auch nicht mit unseren Ravensburger Werten zu vereinbaren. Wir entschuldigen uns dafür ausdrücklich.“

Man beschäftige sich stets vor Veröffentlichungen intensiv mit Themen wie Diversität oder kultureller Aneignung. „Leider ist uns all das bei den Winnetou-Titeln nicht gelungen. Die Entscheidung, die Titel zu veröffentlichen, würden wir heute nicht mehr so treffen. Wir haben zum damaligen Zeitpunkt einen Fehler gemacht und wir können euch versichern: Wir lernen daraus!“, hieß es vom Verlag.

Seit Generationen feiern Kinder den von Karl May (1842 – 1912) erschaffenen Held Winnetou – sie verkleiden sich wie der Apachen-Häuptling, schauen sich die Filme an und lesen die Bücher. In dem neuesten Kinderbuch für 7-Jährige fällt auch wieder das Wort Indianer. „Was soll dieses Buch? Es reproduziert rassistische Stereotype, die ihren Ursprung im Kolonialismus haben“, schrieb eine Nutzerin.

„Karl Mays Bücher triefen vor Rassismus. Das habe ich schon als Kind kapiert (alle seine Bücher gelesen, manche mehrfach), vielleicht kapieren das andere halt ihr Leben lang nicht“, merkte ein weiterer Twitter-User als Reaktion zum Bücher-Stopp an.

Innerhalb kürzester Zeit sammelten sich unter dem Instagram-Post des Verlags über 800 Reaktionen. Viele reagierten fassungslos. „Die Aufmerksamkeit heute – oder sollte ich lächerliche, kleinliche, pingelige, empfindliche Idiotie sagen – ist bemerkenswert. Ihr könnt euch gerne den Spaß an allen nehmen. Ohne mich. I stand with Winnetou/Indianer“, schrieb ein Nutzer.

Ein anderer User schrieb: „Erwachsene sollten ihren Kindern nicht von den Märchen ihrer Kindheit erzählen, die sie als Kind gut fanden oder welche Kostüme sie im Karneval trugen – es könnte herauskommen, dass es rassistisch war.“

Auch um den neuen Kinofilm gibt es Debatten, zumal dieser mit 950.000 Euro von der bayerischen Filmförderung unterstützt wurde. Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) hatte die Winnetou-Fortschreibung als „besonders wertvoll“ eingestuft. Dabei war sich die Jury allerdings ganz und gar nicht einig.

Winnetou: Film-Jury bei Einstufung „absolut gespalten“

„Nach Sichtung des Films zeigte sich in der sehr langen Diskussion, dass in der Gesamtbewertung des Films die Jury absolut gespalten war – zwischen vehementer Ablehnung einerseits und großer Zustimmung andererseits“, ist auf der Homepage zu lesen. 

So sei es einerseits in unserer Zeit nicht mehr zulässig, einen Film und im Besonderen einen Kinder- und Jugendfilm im Geist der mythisch aufgeladenen und sehr klischeehaft darstellenden Karl May-„Folklore“ zu realisieren.

Andererseits sei allseits bekannt, dass Karl May seine Erzählungen im von ihm sogenannten „Indianerland“ und auch im „Orient“ aus seiner Fantasie geschrieben habe und selbst nie vor Ort der von ihm erdachten Abenteuer gewesen sei. Man könne ihn daher ruhigen Gewissens als „Märchenonkel“ bezeichnen.