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Russen nehmen Geiseln in Wohnungen„Wenn wir dein Handy finden, wirst du erschossen“

Eine Frau betritt in Kyjiw am 18. März ihre völlig zerstörte Wohnung. Russische Streitkräfte forcierten ihre Angriffe auf Großstädte. Anwohnerinnen und Anwohner eines Apartmentkomplexes in einem Vorwort Kyjiws berichten, wie die Soldaten ihre Wohnungen stürmten und Geiseln nahmen.

Eine Frau betritt in Kyjiw am 18. März 2022 ihre völlig zerstörte Wohnung. Russische Streitkräfte forcierten ihre Angriffe auf Großstädte. Anwohnerinnen und Anwohner eines Apartment-Komplexes in einem Vorwort Kyjiws berichten, wie die Soldaten ihre Wohnungen stürmten und Geiseln nahmen.

Unaufhörlich dringen russische Truppen in die Hauptstadt Kyjiw vor. Wie Kamerabilder nun belegen, stürmen Putins Soldaten einen Apartment-Komplex in einem Vorort und nehmen die Anwohnerinnen und Anwohner als Geiseln. Es sind unfassbare Szenen.

von Martin Gätke (mg)

Erst erobern die russischen Soldaten ihre Stadt, dann ihre Häuser. Ukrainerinnen und Ukrainer, die in der Nähe von Kyjiw in einem Appartment-Komplex leben, müssen die Hölle durchleben, als die Truppen eines Tages buchstäblich vor ihrer Haustür stehen.

Überwachungskameras zeigen, wie die Soldaten das Haus stürmen und schweres Gerät installieren.

Hostomel ist eine am Ufer des Irpin gelegene Siedlung, im Nordwesten von Kyjiw. Tagelang haben die Bewohnerinnen und Bewohner des Appartmentkomplexes namens „Pokrovsky“ dabei zugesehen, wie die russischen Streitkräfte erst versuchten, den nahe gelegenen Flughafen einzunehmen. Sie standen vor dem Gebäude, haben mit ihren Handys die Zerstörung gefilmt.

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Danach näherten sich die Soldaten mit jedem Tag dem Komplex, in dem einst 150 Familien in den 14 Gebäuden wohnten, wie ein Gebäudeverwalter der „New York Times“ erzählt. Bis sie vor der Haustür standen.

Kyjiw: Soldaten brechen die Haustür auf und stürmen in Wohnungen

Videos, welche der „New York Times“ vorliegen, zeigen die Aufnahmen der Überwachungskameras: Soldaten, die die Haustür aufbrechen. Und anschließend in den Fahrstuhl gehen, um dort die Überwachungskamera zu zerstören. Anschließend tragen sie schwere Maschinengewehre in das Haus. Und terrorisieren – fast nebenbei – die Menschen, die dort wohnen. Ein Mann wird mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen, in das Gebäude zu gehen.

Die US-Zeitung konnte mit sieben Bewohnerinnen und Bewohnern sprechen.

Kyjiw: Soldaten halten Anwohnerinnen und Anwohner als Geisel

Die Soldaten hätten die 200 Menschen in dem Wohnkomplex in den eigenen Kellern als Geiseln festgehalten, erzählen sie. Sie zwangen sie, die Telefone abzugeben, besetzten die Wohnungen und bauten Scharfschützennester auf.

„Es war wirklich beängstigend“, wird Lesya Borodyuk, eine 49-jährige Bewohnerin, zitiert, die in Tränen ausgebrochen sei, als sie sprach. „Ich habe meiner Tochter geschrieben. Ich verabschiedete mich von ihr. Ich habe ihr gesagt, dass wir jetzt wahrscheinlich getötet werden.“

In einigen Gebäuden hätten sich die Soldaten Stockwerk für Stockwerk vorgenommen, die Türen aus den Angeln gerissen, Wohnungen überfallen, sagen die Anwohnerinnen und Anwohner.

Kyjiw: „Wenn wir dein Handy finden, wirst du auf der Stelle erschossen“

„Menschen wurden aus den Wohnungen geworfen“, sagte Elena Anischtschenko, die am Tag der Ankunft der Soldaten ihren 33. Geburtstag mit Nachbarn feiern wollte. „Sie haben niemanden etwas gefragt, sie haben ihnen nur gesagt, sie sollen in den Keller gehen.“ Viele hätten rasch die Laptops und Telefone selbst zerstört. „Sie sagten uns: ‚Sei nicht böse auf uns, aber wenn wir dein Handy finden, wirst du auf der Stelle erschossen.‘“

Ein Bewohner habe sich erfolgreich im siebten Stock vor den Soldaten verstecken können, mitsamt seinem Handy. Einmal am Tag schalte er das Gerät ein, um seiner Familie zu schreiben. Dass er noch am Leben ist.

Kyjiw: „Meine Tochter ist auch acht Jahre alt. Ich liebe sie sehr“

Freunde und Verwandte der in „Pokrovsky“ Eingeschlossenen litten unter Qualen. In Chat-Gruppen und per SMS hatten sie noch Clips und Screenshots von russischen Soldaten gesehen, als sie den Komplex stürmten. Dann ebbten die Nachrichten ihrer Lieben einfach ab.

„Wir haben uns an die Schüsse gewöhnt und gelernt, sie voneinander zu unterscheiden“, sagt ein Anwohner. „Ob weit weg oder nah dran. Ob sie aus unserem Gebäude stammen oder über das Gebäude fliegen. Das können wir hören.“ Zynisch hätten die russischen Soldaten den Anwohnerinnen und Anwohner gesagt, dass die Ukraine bald befreit werde.

Eine Bewohnerin erinnert sich an einen älteren russischen Beamten, der versuchte, ein Mädchen im Keller zu trösten, wo sie festgehalten wurden. „Er sagte: ‚Meine Tochter ist auch acht Jahre alt. Ich liebe sie sehr. Ich vermisse sie. Keine Angst, kleines Mädchen, wir befreien dich.‘“

Kyjiw: Viele Menschen können aus dem Wohnkomplex fliehen

Die Anwohnerin sagte auch, dass viele Russen nicht einmal wüssten, warum sie in der Ukraine sind. Als die Gefangenen einen Soldaten fragten, warum der hier sei, habe er weinend geantwortet: „Wo bin ich? Was soll ich machen?“

Viele Menschen konnten bereits aus „Pokrovsky“ fliehen. Sie packten während einer kurzen Feuerpause die Sachen und rannten los. Sie flüchteten über die sogenannten humanitären Korridore. Als einige den Komplex verließen, habe sie ein russischer Soldat sie noch gewarnt, dass er nicht schießen würde, aber andere Patrouillen könnten das durchaus tun.