Sechs Tote bei BluttatTäter aus der Incel-Szene: Tötete er aus Hass und Sex-Neid?

Ermittlern sicher Spuren am Tatort im englischen Plymouth.

Ermittlern sicher Spuren am Tatort im englischen Plymouth. Nach und nach kommen neue Details ans Licht. 

Sechs Menschen sind im englischen Plymouth bei einem Gewaltverbrechen ums Leben gekommen. Viele Fragen zu den Hintergründen des Massakers sind noch völlig offen. Doch es gibt erste Details zum Täter.

Plymouth. Nach dem Blutbad im englischen Plymouth gibt es nun erste Details zum mutmaßlichen Täter. Es handelt sich demnach um einen 22-jährigen Mann. Er hatte fünf Mensche durch Schüsse getötet, ehe er sich selbst richtete.

Es herrschte Ausnahmezustand, nach der unfassbaren Gewalttat am Donnerstagabend (12. August). Wie Polizeichef Shaun Sawyer am Freitag mitteilte, tötete der 22-jährige Jake D. zwei Männer und drei Frauen, darunter ein „sehr junges Mädchen“, bevor er sich selbst erschoss. Zwei Menschen wurden schwer verletzt. Es handelt sich um den Vorfall mit den meisten Schussopfern in Großbritannien seit mehr als einem Jahrzehnt. Zum Motiv machten die Behörden zunächst keine Angaben.

Sechs Tote in Plymouth: Hintergründe der Bluttat unklar

Die Behörden stuften den Vorfall jedoch nicht als terroristische Tat ein, wie eine Polizeisprecherin der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Dies wurde von der Polizei später auf Twitter bekräftigt.

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Eine Augenzeugin, die in der Nähe des Tatorts wohnt, berichtete dem Sender BBC von etlichen Schüssen. Jake D. habe die Tür eines Hauses eingetreten und angefangen zu schießen. Danach habe er draußen weiter um sich geschossen. Sowohl Polizei als auch Rettungshelfer waren am frühen Abend in der Region mit einem Großaufgebot an Kräften im Einsatz. Ein BBC-Reporter vor Ort berichtete von unzähligen Einsatzwagen und Hubschraubern.

Polizeichef Sawyer bestätigte später, dass Jake D. zunächst in einem Haus in einer Sackgasse eine Frau erschossen hat. Opfer und Täter kannten sich demnach. Vermutlich waren sie verwandt - Medienberichten zufolge handelte es sich um die Mutter des Schützen, dies wollte Sawyer aber nicht bestätigen.

Draußen feuerte Jake D. weiter. Zunächst nahm er das Mädchen und einen Verwandten des Kindes unter Beschuss und tötete beide. Wie Medien berichteten, führte das Mädchen gerade seinen Hund aus. Anschließend verletzte der Täter einen Mann und eine Frau schwer. Dann floh er durch einen Park, wo er einen Mann erschoss und eine Frau so schwer verletzte, dass sie im Krankenhaus starb. Dann erschoss er sich selbst. Ob Jake D., ein Kranführer, die übrigen Opfer persönlich oder vom Sehen kannte, ist noch unklar.

Täter aus der Incel-Szene: Tötete er aus Hass und Sex-Neid?

Britische Medien berichteten am Freitag, der mutmaßliche Täter sei der sogenannten Incel-Szene zuzurechnen. Die Abkürzung stammt vom englischen Begriff „involuntary celibate“ und bezeichnet vorwiegend Männer, die unfreiwillig enthaltsam leben und Hass auf Frauen sowie auf sexuell aktive Männer entwickeln. In sozialen Netzwerken habe Jake D. entsprechende Aussagen getätigt, meldete auch die Nachrichtenagentur PA.

Die Bluttat sorgt auch deshalb landesweit für Entsetzen, weil Amokläufe in Großbritannien selten sind. Die Waffengesetze sind streng. Der bisher letzte Fall ist gut elf Jahre her: Im Juni 2010 erschoss ein Mann im nordwestenglischen Gebiet Cumbria zunächst seinen Zwillingsbruder und einen Anwalt, Auslöser war offenbar ein Erbstreit. Anschließend tötete er zehn weitere Menschen und verletzte etwa ein Dutzend, bevor er sich selbst erschoss. Der Täter verfügte über einen Waffenschein. Auch Jake D. hatte nach Angaben von Polizeichef Sawyer mindestens für das Jahr 2020 eine entsprechende Erlaubnis.

Die Menschen im Viertel seien durch die Brutalität des Angriffs „am Boden zerstört“, sagte Plymouths Parlamentsabgeordneter Luke Pollard dem Sender Times Radio. „Keyham ist eine wirklich eng verbundene Gemeinschaft - es ist die Art von Ort, an dem man seinen Nachbarn kennt und aufeinander aufpasst.“ Der Fußball-Drittligist Plymouth Argyle sagte eine Pressekonferenz ab und senkte die Fahnen am Stadion auf halbmast. Premierminister Boris Johnson sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. (dpa)