Strafen, Diskriminierungen und öffentliche Ăchtung prĂ€gen das Leben queerer Personen in Katar. Nasser Mohamed hat als homosexueller Mann seine Heimat deshalb verlassen. Doch sicher fĂŒhlt er sich dadurch noch immer nicht.
Flucht aus WM-LandHomosexueller Katarer gefĂ€hrdet â âIch habe Todesdrohungen erhaltenâ

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In Katar ist HomosexualitĂ€t verboen. Deshalb hat Nasser Mohamed als homosexueller Mann seine Heimat verlassen und kĂ€mpft fĂŒr die verfolgte queer-community.
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Todesdrohungen, Peitschenhiebe oder sogar GefĂ€ngnis â als homosexueller Mann könnte sich Nasser Mohamed in seinem Heimatland Katar nicht mehr öffentlich zeigen. Denn queere Menschen leben dort gefĂ€hrlich.
In Katar ist HomosexualitĂ€t verboten. Wer andere zu einer homosexuellen Beziehung âanstiftetâ oder gleichgeschlechtlichen Sex hat, kann mit bis zu drei Jahren GefĂ€ngnis bestraft werden. Der Grund, weshalb Nasser Mohamed nicht mehr in seiner Heimat lebt. âIch wĂŒrde dann sofort im GefĂ€ngnis landen und dort lange bleibenâ, sagte er in einem RTL/ntv-Interview. Doch die möglichen Strafen sind noch nicht alles, was den Katarer aktuell Angst bereitet.
Nasser Mohamed ist verĂ€ngstigt: âIch mache mir Sorgenâ
âSeit dem Beginn der WM habe ich konkrete Todesdrohungen erhaltenâ, erklĂ€rte Nasser Mohamed im Interview weiter. Mohamed berichtete von gezielten Anfeindungen, die sein Leben bedrohen. âIch mache mir Sorgen, dass ich nach der WM, wenn dem ganzen Thema die letzte Aufmerksamkeit geschenkt wird, noch mehr gefĂ€hrdet sein könnteâ, erklĂ€rte er weiter.Â
Nasser Mohamed ist der erste Homosexuelle aus Katar, der sich zu seiner SexualitĂ€t öffentlich bekennt. Mittlerweile ist er 35 und arbeitet als Arzt in San Francisco. Bereits vor elf Jahren flĂŒchtete Nasser Mohamed in die USA, wo er politisches Asyl erhielt. Inzwischen hat er auch die amerikanische StaatsbĂŒrgerschaft. Doch durch die Todesdrohungen fĂŒhlt sich der 35-JĂ€hrige selbst aus der Ferne noch nicht zu 100 Prozent wohl.
Seit dem zweiten Spieltag der WM dĂŒrfen die Fans auf den TribĂŒnen der WM-Stadien zwar ihre Regenbogenfarben zeigen. Allerdings haben diese Regelungen laut Nasser Mohamed âkeinerlei Auswirkung auf die lokale LGBT-Gemeinschaft. Im Gegenteil: Es isoliert uns sogar noch mehr.â
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In einem Interview mit dem Aktivisten und Filmemacher Fabian Grischka, der das GesprĂ€ch t-online zur VerfĂŒgung stellte, erklĂ€rte Nasser Mohamed, dass sich das Leben queerer Menschen wegen extremer Verfolgung eher im Untergrund abspielt. âEs gibt sogar Sexpartys, aber die sind alle ziemlich kleinâ, berichtete er im GesprĂ€ch.
Offizielle LGBTQ+-freundliche Bars oder Clubs gibt es nicht. Dort bestehe immer die Gefahr, dass sich Polizisten versteckt in die Community einschleusen, um queere Personen dadurch verhaften zu können. Nicht zuletzt kam es bereits vor, dass inhaftierte queere Personen in Polizeigewahrsam sexuell belÀstigt wurden.
Katar versucht mit allen Mitteln, die SexualitĂ€t queerer Personen zu unterdrĂŒcken. âEs gibt keine Beratungsstellen, keine Möglichkeit, sich medizinisch behandeln oder auf Geschlechtskrankheiten untersuchen zu lassenâ, erklĂ€rte der gebĂŒrtige Katari weiter. Laut Nasser Mohamed gĂ€be es einzig und allein Konversionstherapien, die angeboten werden, um sich dort beraten zu lassen. Dabei handelt es sich um eine Therapie, die sexuelle Orientierung und die GeschlechtsidentitĂ€t eines Menschen verĂ€ndern soll. In Deutschland ist diese Form von Therapie seit 2020 verboten.
Nasser Mohamed möchte queeren Menschen in arabischen LÀndern eine Stimme geben
Gemeinsam mit dem Aktivisten und Filmemacher Fabian Grischka möchte Nasser Mohamed auf die Lage queerer Menschen in Katar und anderen arabischen LĂ€ndern aufmerksam machen. Strafen, Diskriminierungen und öffentliche Ăchtung prĂ€gen deren Leben. Daher möchten die beiden alles dafĂŒr tun, ihnen eine Stimme zu geben.Â
Als Reaktion grĂŒndete Nasser Mohamed die Alwan Foundation. Sie dokumentiert Berichte von queeren Menschen in Katar und anderen Golfstaaten. Dabei wird vor allem deren Verfolgung thematisiert. Diese finanziert sich hauptsĂ€chlich ĂŒber Spenden, sodass ihm die Aufmerksamkeit auf die Alwan Foundation besonders wichtig ist.
Dass die WM womöglich positive Auswirkungen auf die Rechtslage in Sachen queere Community hat, bezweifelt Nasser Mohamed. âDie homophobe autoritĂ€re Diktatur in Katar denkt nicht, dass unsere LGBT-Rechte Menschenrechte sind. Sie lassen sich provozieren und warten nur darauf, bis die WM vorbei ist, um sich auf uns zu stĂŒrzen und genau das macht mir Sorgen.â (js)



