„Sommer kann gut werden“Virologe Drosten macht Hoffnung, aber warnt vor Grippe-Welle

Virologe Christian Drosten auf einer PK

Virologe Christian Drosten (hier am 22. Januar bei einer Pressekonferenz) macht den Deutschen Hoffnung für den Sommer 2021.

Berlin – Der Virologe Christian Drosten schätzt, dass die Bevölkerung in Deutschland ungefähr in den kommenden eineinhalb Jahren immun gegen das Coronavirus wird. Dies werde durch die Impfung oder durch natürliche Infektion geschehen, sagte der Wissenschaftler der Charité Berlin im Podcast „Coronavirus-Update“ (NDR-Info) am Dienstag (11. Mai 2021).

  • Christian Drosten mit Corona-Ausblick
  • „Der Sommer kann ganz gut werden in Deutschland“
  • Im Herbst muss nachgeimpft werden 

„Dieses Virus wird endemisch werden, das wird nicht weggehen. Und wer sich jetzt beispielsweise aktiv dagegen entscheidet, sich impfen zu lassen, der wird sich unweigerlich infizieren.“ Dagegen könne man nichts tun, da die Maßnahmen mit der Zeit immer weiter zurückgefahren würden.

Virologe Christian Drosten: Coronavirus wird weiter zirkulieren

Danach zirkuliere das Virus in der Bevölkerung, zum Beispiel unbemerkt im Rachen von Geimpften und bei kleineren Kindern, die noch nicht geimpft werden können. „Das Virus wird unerkannterweise unter einer Decke des Immunschutzes sich weiter verbreiten. Und dann trifft es immer auch auf Leute, die nicht immunisiert sind durch eine Impfung, die voll empfänglich sind.“

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Auch im Winter wird es Covid-19-Intensivfälle geben

Auch im kommenden Winter wird es daher nach Einschätzung des Virologen noch Covid-19-Fälle auf Intensivstationen geben. Er glaube, „diejenigen, die sich aktiv gegen die Impfung entscheiden, die müssen wissen, dass sie sich damit auch aktiv für die natürliche Infektion entscheiden. Ohne jede Wertung“, sagte der Virologe Christian Drosten. Es sei eine freie Entscheidung.

Der Leiter der Charité-Virologie hatte bereits vor einigen Tagen im ZDF gesagt, er sei für die Zeit ab Juni zuversichtlich, denn zu dem Monat würden sich erstmals die Impfungen spürbar auswirken.

Christian Drosten macht Hoffnung – Sommer kann ganz gut werden

„Der Sommer kann ganz gut werden in Deutschland.“ Am Dienstag sagte er, dass sich die Situation stark konsolidieren werde, wenn auch die jungen, sehr mobilen Menschen geimpft seien. Diese hätten besondere Funktionen im Übertragungsnetzwerk des Virus. Reisen von frisch Geimpften steht der Virologe recht gelassen gegenüber: Er sehe bei ihnen derzeit keine Veranlassung für Quarantäne nach der Rückkehr.

Die Möglichkeit, sich die zwei Astrazeneca-Impfdosen in Absprache mit dem Arzt in einem Abstand von vier Wochen verabreichen zu lassen und dann in den Urlaub zu fahren, hält der Virologe für nicht verwerflich, wie er sagte. Im Vergleich zu den von der Ständigen Impfkommission empfohlenen zwölf Wochen seien dann zwar Durchschlagskraft und Nachhaltigkeit der zweiten Dosis nicht so stark. Aber es sei immer noch besser, als nur eine Dosis zu haben. Man könne sich auch in einigen Monaten erneut impfen lassen.

Christian Drosten warnt vor Grippe-Welle

Drosten bekräftigte, er gehe ohnehin davon aus, dass im Herbst bestimmte Gruppen in Abhängigkeit von Alter und Risiko großzügig gegen Covid-19 nachgeimpft werden sollten. Ihm schwebe vor, dies auch mit der Immunisierung gegen Grippe zu verbinden. „Jemand, der ein Risiko hat für Influenza, der hat auch dieses Risiko für Covid.“

Es sei zu befürchten, dass die nächste Grippe-Welle schwer ausfalle, wenn man nicht mit Impfungen gegensteuere, sagte Drosten. Hintergrund ist, dass die Influenza-Welle im zurückliegenden Herbst und Winter in Deutschland, aber auch in anderen Ländern ausgefallen ist – auch wegen der Maßnahmen gegen die Pandemie.

Christian Drosten beurteilt indische Corona-Variante

Die indische Corona-Variante, die von Großbritannien und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mittlerweile als besorgniserregend eingestuft wird, hat derzeit in Deutschland aus Drostens Sicht noch keinen besonderen Verbreitungsvorteil. Die Bevölkerung hier sei noch nicht so stark immunisiert wie in Großbritannien. Die Mutante sei etwas weniger beeinträchtigt durch Impfung und Immunität.

Die Voraussetzungen für die Verbreitung solcher Varianten dürften sich laut dem Virologen aber auch in Deutschland mit dem Impffortschritt zum Herbst hin ändern. Welche Variante dann vorherrsche oder noch neu auftauche, lasse sich nicht vorhersagen. Die Mutanten bescherten dann auch keine neue Pandemie mehr, „sondern wir werden auch gegen diese Viren in der Symptomatik geschützt sein“, sagte Drosten. Es werde auch Auffrischungsimpfstoffe geben.

„Das Virus hat ein bisschen mehr Fitness, aber das bedeutet jetzt überhaupt nicht, dass das eine Riesengefahr für uns unmittelbar darstellt“, sagte Drosten über die Variante aus Indien. „Wir können dagegen animpfen. Wir sind nicht mehr so wehrlos wie letztes Jahr um diese Zeit.“ (mt/dpa)