„An den Rand ihrer Existenz getrieben“Corona trifft Obdachlose im Rheinland hart

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Ein Obdachloser liegt in Düsseldorf unter einer Brücke, die ein Jogger passiert. (Symbolfoto)

Duisburg/Düsseldorf – Die Not der Obdachlosen ist durch die Corona-Pandemie größer denn je. Deshalb sind sie gerade jetzt auf Hilfe angewiesen.

Die Düsseldorfer Organisation „fiftyfifty“ arbeitet auf Hochtouren, um eine bestmögliche Unterstützung bieten zu können. Auch Pater Oliver Potschien hat es sich mit seiner Gemeinde aus Duisburg Marxloh zur Aufgabe gemacht, für die Menschen in Not da zu sein.

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Die Gemeinde hat eine medizinische Notversorgung für Hilfsbedürftige in der Kirche eingerichtet.

Duisburg: Die Gemeinde ist sich dem Risiko bewusst

Schon seit Jahren bietet der Petershof Marxloh Obdachlosen und Hilfsbedürftigen seine Unterstützung an. Normalerweise sind außer der 22 angestellten Mitarbeiter noch um die 100 Ehrenamtler in der Gemeinde tätig. Momentan sieht die Situation jedoch anders aus. Schuld daran ist die Pandemie.

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Aktuell sind aus Gesundheitsgründen sehr viel weniger Helfer vor Ort, dafür kommen aber umso mehr Menschen, die dringend Hilfe benötigen: „Zurzeit sind ungefähr zwei Dutzend weniger Mitarbeiter in unserer Gemeinde tätig, als sonst", erklärt Potschien. Er ist sich dem Risiko durchaus bewusst und möchte den Kreis der Leute in der Kirche deshalb so klein wie möglich halten.

Auch an Schutzmaßnahmen hat die Gemeinde nicht gespart: „Wir haben zum Schutz eine Schleuse eingerichtet, wo es beispielsweise Desinfektionsmittel gibt. Wir haben Abstandhalter und verteilen Masken. Die Beratungsstellen sind mit einem Schutz aus Plexiglas ausgestattet und Essen gibt es aus einem Imbisswagen heraus“, berichtet der Pfarrer.

Duisburg: Die Situation der Obdachlosen verschlimmert sich dramatisch

Zu den Hilfsangeboten des Peterhofs gehören schon immer Notschlafstellen und medizinische Versorgung, Dusch- und Waschräume, sowie die Lebensmittelversorgung. Auch zu Zeiten der Pandemie wird diese Unterstützung gewährleistet: „Die Situation der Obdachlosen ist zunehmend dramatisch“, sagt Potschien. „Gerade die letzten Wochen haben viele an den Rand ihrer Existenz getrieben.“

Grund dafür ist unter anderem, dass Geschäfte geschlossen bleiben mussten. Dementsprechend waren auch weniger Leute auf den Straßen unterwegs, Spenden vielen weg und auch die Suche nach Pfandflaschen entpuppte sich als mühsam.

Duisburg: Die Gemeinde Petershof  für viel Hilfsbedürftigen eine Anlaufstelle

Die Zahl der Hilfesuchenden ist seit Beginn der Corona-Krise enorm gestiegen, bestätigt auch Pater Oliver Potschien: „Es kommen bestimmt doppelt so viele Menschen zu uns, als sonst.“

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Pater Oliver Potschien weiß, dass gerade jetzt die Nöte der Menschen besonders groß sind. Deshalb unterstützt er die Leute, so gut es nur geht.

Er betont auch, dass es nicht nur Obdachlose sind, die Unterstützung suchen. Auch für Senioren, die mit ihrer kleinen Rente nicht auskommen, ist die Gemeinde eine Anlaufstelle: „Hier ist jeder willkommen und die Türen stehen für alle offen“, betont der Pfarrer.

Obdachlosenhilfe in Düsseldorf: Routine trotz Krisenmodus

In einem Gespräch mit Julia von Lindern von „fiftyfifty“ wird deutlich, dass wieder Routine in den Alltag eingekehrt ist: „Alle wissen wieder, was zu tun ist, wir haben uns an den Krisenmodus angepasst.“

Mit großer Erleichterung kann sie dem EXPRESS mitteilen, dass auch Angebote, die zeitweise eingestellt werden mussten, wieder anlaufen: „Dazu gehören zum Beispiel einige Tafeln, die wieder Essen ausgeben und auch die Sozialarbeit läuft besser, als am Anfang der Krise. Die Leute auf den Straßen werden wieder mehr unterstützt.“

Außerdem werden wieder mehr Zeitschriften auf den Straßen verkauft. Dazu kommt sogar ein neues Angebot: „Es gibt jetzt Masken für drei Euro zu kaufen, also sozusagen eine 'mask to go'. Diese sind natürlich hygienisch verpackt und luftdicht eingeschweißt“, erklärt Julia von Lindern.

Düsseldorf: Im Fokus liegt die Regelversorgung

Von Lindern ist für jede Hilfe dankbar. So richtet sie auch ein großes Lob an die Stadt Düsseldorf, die drei Hotels für die Hilfsbedürftigen angemietet hat. Trotzdem sei dies nur eine vorläufige Lösung. Ziel der Organisation ist es, den Menschen wieder eine Regelversorgung bieten zu können. Das bedeutet, dass der Bedarf an Lebensmitteln weiterhin groß ist.

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Viele freiwillige Helfer gehen Lebensmittel und Getränke für die Essensausgabe einkaufen. Das Geld für den Einkauf bekommen sie dann direkt erstattet.

Gemeinsam mit dem Kulturzentrum „zakk" hatte „fiftyfifty“ bereits am Anfang der Krise eine Lebensmittelausgabe organisiert (hier lesen Sie mehr: Hilfe in der Corona-Not - fiftyfifty und das zakk versorgen Obdachlose in Düsseldorf), die bestens funktioniert: „Wir versorgen dort mittlerweile circa 100 Menschen pro Tag mit Essen“, berichtet von Lindern.