Ende nach 20 JahrenCorona verhagelt Düsseldorfer Intendanten-Duo den Abschied

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Oliver Priebe und Philipp Kohlen-Priebe, 20 Jahre lang waren sie die Intendanten des erfolgreichen KaBARett FLiN.

von Nathalie Riahi (nari)

Düsseldorf – Mit viel Leidenschaft haben Philipp Kohlen-Priebe und sein Mann Oliver Priebe in Düsseldorf ein kulturelles Juwel betrieben: Über 20 Jahre lang führten sie das kleine, feine Theater „KaBARett FLiN" – zunächst 15 Jahre auf der Ackerstraße, danach über fünf Jahre an der Ludenberger Straße.

Über 40 Jahre bereicherten Beide insgesamt die Theaterlandschaft. Am 20. Juni wollte das Intendanten-Duo im Rahmen der ersten Langen Nacht der Theater in Düsseldorf seinen Abschied feiern. Doch daraus wird nichts.

Düsseldorfer Theater KaBARett FLiN: Corona macht alle Pläne zunichte

„Corona verhagelt uns unser lang geplantes Finale. Die Pandemie hat uns unseren krönenden Abschluss genommen", sagt Philipp Kohlen-Priebe.

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„Wir hatten sehr intensiv die erste Lange Nacht der Theater in Düsseldorf, die für den 20. Juni geplant war, mit vorbereitet. Und für diesen speziellen Abend hatten wir unsere Abschiedsfeier geplant. Aber wegen Corona haben wir uns in enger Abstimmung mit unseren Nachfolgern dazu entschieden, die Sommerpause schon ab dem 1. Juni anzutreten."

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Dass das Ehepaar nach 20 Jahren von seinem familiären KaBARett FLiN Abschied nehmen würde, hatte es schon 2017 beschlossen. „Wir waren an dem Punkt angekommen, dass wir uns klar wurden: Irgendwann können wir nicht mehr erfolgreicher werden. Unsere Auslastung im Jahr lag bei weit über 90 Prozent. Zuletzt waren wir über mehrere Monate immer ausverkauft. Und weil wir noch so viele anderen Pläne haben, suchten wir geeignete Nachfolger." Die fanden sie in Teresa und Kristof Stößel (Komödie Wuppertal).

Doch dann kam Corona – und am 13. März („Freitag, der 13., unser Schicksalstag ...") fiel vorerst der letzte Vorhang in dem gemütlichen Theater, das 99 Sitzplätze hat. Hier hat das Paar jeden Abend seine Gäste herzlich empfangen.

KaBARett FLiN in Düsseldorf: Unterstützung von Politik ist gefordert

„Von den politischen Verantwortlichen fühlen wir uns im Stich gelassen. Die Verantwortung wurde einfach wegdelegiert. Von der Hilfe, die OB Thomas Geisel und Kulturdezernent Hans-Georg Lohe am 16. März bei einem Treffen der privaten Theater verspochen hat, ist bei uns bisher nichts angekommen", sagt Kohlen-Priebe. „Wir hoffen, dass bald etwas passiert: Die CDU will am 4. Juni im Kulturausschuss ein Konzept für Finanzhilfen zugunsten von Düsseldorfer Privattheatern beantragen."

Dass ihr kleines Theater demnächst unter strengen Schutzmaßnahmen wieder öffnen könnte, wäre für sie im Moment keine Option. Man arbeite aber mit Hochdruck an Lösungen.

„Das KaBARett FLiN lebt von der familiären Atmosphäre. Wenn jetzt die Bühne mit Plexiglas als Spukschutz ausgestattet werden muss und alle tragen Mundschutz ... Stellen Sie sich mal Romeo und Julia mit Mundschutz vor! Dann müsste die Theke womöglich komplett mit Plexiglas umhüllt werden, wenn sie überhaupt öffnen darf. Das alles  würde dem Theater eine kalte Atmosphäre verleihen."

Zumal aufgrund der Abstandswahrung nur noch 23 Zuschauer maximal rein dürften. „Davon kann ein privates Theater doch nicht existieren. Alle anderen Kosten wie Künstlersozialkasse, Miete und Strom laufen ja weiter."

Düsseldorf: Appell an Stammgäste des KaBARett FLiN

Zudem fehle die Planungssicherheit. Schließlich gilt es, Künstler zu engagieren. Normalerweise passiert das zwei, drei Jahre im Voraus. Hinzu kommen lange Probezeiten.

Man könne im Moment nur an die Stammgäste appellieren: „Bleiben Sie dem FLiN treu." Auch ihren Nachfolgern wollen Oliver Priebe und Philipp Kohlen-Priebe mit ihrer Hilfe zur Seite stehen. Und gemeinsam hoffen sie, dass es seitens der Politik die versprochene Unterstützung gibt. Sonst sieht das Kulturleben in Düsseldorf bald sehr arm aus.

Davor warnen auch die anderen Theater-Direktoren in Düsseldorf

Wie die „WZ“ berichete, suchen René Heinersdorff (Theater an der Kö) und Kay Lorentz (Kom(m)ödchen) nach alternativen Spielstätten. Denn bei den überall geltenden Abstands-Regeln (1,50 Meter) können ihre Häuser keine Vorstellungen anbieten und dabei einen überlebensnotwendigen Gewinn erwirtschaften. Da hilft nur wenig, dass die Landesregierung Grünes Licht für die Öffnung der kleinen Theater gab. „Die NRW-Regierung schickt uns in die Wüste, aber ohne Wasser,“ sagt Heinersdorff. Knapp ein Viertel der Plätze dürften sie maximal verkaufen. Davon können aber weder Gagen noch Mieten bezahlt werden. Dann wäre es besser, die Theater dicht zu lassen. Heinersdorff: „Ein geschlossenes Theater kostet mich 20.000 Euro - das Fünffache aber, wenn ich es öffne.“ Zumal Abstands- und Hygiene-Regeln für Toiletten-Benutzung und Theater-Gastronomie unklar sind.

Kürzlich überraschten Lorentz und Heinersdorff mit dem Vorschlag eines Theatertauschs: Boulevard-Theater ziehen auf die Opernbühne um, Lorentz‘ Kabarett ins Große Schauspielhaus. Die Idee ist nicht neu, beleben doch die Hamburger einmal im Jahr mit diesem Tausch ihr Kulturleben. „Verrückte Stunde“ nennt Hamburg das Konzept, das in der Corona-Krise kaum geeignet wäre, um Privattheater finanziell über die Runden zu bringen. Aber: „In dieser Situation, bei den geltenden Vorschriften, wäre es aus Düsseldorf ein deutschlandweit wirkendes Zeichen des Aufbruchs und der Solidarität.“, sagt Heinersdorff. Das gehe jedoch nur, wenn es alle wollen.