Düsseldorf: Todeskreuze an den StraßenMahnmale der traurigen Erinnerung
Düsseldorf – „Karsamstag“, nach christlichem Verständnis der Tag der Grabesruhe zwischen Tod und Leid (Karfreitag) und Auferstehung (Ostern). Symbolhafte Tage. Für Angehörige von Unfalltoten aber auch ein Tag der unendlich traurigen Erinnerung an Opfer von Unglücken, denen sie an den Straßen Mahnmale errichtet haben.
Mit Todeskreuzen, Grablämpchen, oft frischen Blumen und persönlichen Widmungen zeigen die Angehörigen ihr immerwährendes Leid und ihre tiefe Liebe. Stadt und Polizei lassen sie gewähren, dulden die Mahnmale – auch als Mahnung an Vernunft und Vorsicht.
Das Unfassbare macht auch oft fassungslos, wenn diese Mahnmale wiederholt geschändet und zerstört werden …
August 2014: An diesem Baum vor Bauhaus „An den Mauresköthen“ flackerten mal Kerzen, lagen mal frische Blumen. Bryan wollte nachts in seinem aufgemotzten Golf auf den Parkplatz von Bauhaus einbiegen. Doch sein Wagen schleuderte gegen diesen Baum. Bryan und seine zwei Begleiter (17/18) wurden eingeklemmt. Dabei wurde der 19-Jährige tödlich verletzt. Viele Monate zeigten Freunde, aber auch viele Unbekannte, ihre Trauer, gedachten dem jungen Bryan.
Spritztour in den Tod
August 2008: Der 19-jährige Oliver (Name geändert) hatte sich Mamas Porsche „ausgeliehen“. Die verreisten Eltern wussten von nichts. Er hatte gerade den Führerschein gemacht. Mit seinem Freund M. fuhr er im Turbo (Spitze 310 Stundenkilometer) „in hohem Tempo und auf nasser Fahrbahn“ über die Reichswaldallee , krachte abends im Gegenverkehr gegen einen Daimler und schleuderte dann gegen einen Baum. Oliver überlebte, sein Freund M. nicht. Ein Mahnmal mit einem Kreuz erinnert an ihn.
Doppelter Tod auf dem Krad
Februar 2009: Die Torfbruchstraße in Gerresheim. Ein Lancia-Fahrer soll dem Erkrather Duo (22/24) auf dem Honda die Vorfahrt genommen haben. Was für ein tragisches Ende! Jasmin und Marcel waren sofort tot. Beide starben an schwersten Aufprall- und Sturzverletzungen. Noch heute, zehn Jahre danach, haben der Schmerz und die Trauer der Angehörigen und Freunde nicht nachgelassen. Die Unglücksstelle und die beiden Todeskreuze wurden in Gerresheim zur Pilgerstätte.
Max (21) tödlich erfasst
Juni 2015: Eine Haltestelle an der Further Straße. Student Max (21) wartet abends auf den Bus. EIn 18-Jähriger rast betrunken aus der Spanger Straße, verliert die Kontrolle, schleudert in die Haltestelle, erfasst Max tödlich.
Das Leben eines hoffnungsvollen Studenten und begabten Musikers war ausgelöscht. Er hatte noch so viel vor. Sein Tod stürzte die Eltern und alle, die ihn liebten, wie seine Freundin J., in tiefste Verzweiflung. Unbekannte haben seine Gedenkstätte zerstört. Es blieb eine Tulpe.
Der Tod eines Radfahrers
Oktober 2005: Adrian (41) fährt mit seinem Rad über die Lütticher Straße, will rüber zum „Seestern“, wird auf dem Überweg von einer Polo-Fahrerin (42) erfasst. Nahezu leblos bringt ihn ein Rettungshubschrauber in eine Klinik, wo er Stunden später stirbt. Die Schuld an seinem Tod wurde nie geklärt. Erschütterte Angehörige versanken in eine traurige Zukunft ohne ihn. Sie stellten ein Kreuz auf, doch in den beiden Töpfen fehlen neuerdings die Blumen. Eine traurige Trauerstätte.
Fahrer wollte dem Toten die Schuld geben
Mai 2015: Eine verhängnisvolle Mitfahrt im offenen BMW-Cabrio eines 29-Jährigen brachte Fortuna-Fan Dominick M. (26) den Tod. Der Fahrer raste mit 120 über den Hellweg, krachte in ein Taxi. Dominick schleuderte 26 Meter heraus.
Später im Gericht machte der 29-Jährige über seinen Anwalt die schwer verletzten Beifahrer und den zu Tode gekommenen Dominick verantwortlich. Sie hätten randaliert. Empörung im Saal! Die Gedenkstätte am Hellweg werde mehrfach mutwillig zerstört.
Erinnerung an Markus
Januar 2007: Zwölf Jahre sind schon vergangen, seit Markus M. (33) durch einen Geisterfahrer auf der Münchener Straße starb. Kurz zuvor hatte er sich von seiner Mutter verabschiedet – war auf dem Weg zur Arbeit. Die Mutter erinnert sich noch, wie die Polizei die Todesnachricht überbrachte: ein grausamer Moment. An der immer gepflegten Gedenkstätte liegt eine Uhr. Sie steht, sie zeigt 23.05 Uhr an. Immer. Da starb Markus. Seine Mutter, der Bruder und die Schwester sind ein Stück mitgestorben.
Notfallseelsorge in Düsseldorf hat einen Namen: Olaf Schaper, evangelischer Pfarrer
Olaf Schaper, evangelischer Pfarrer, Pantomime, Notfallseelsorger. Manchmal stellt er sich auch auf den Kopf, damit Kinder lachen, oder erzählt ihnen lustige Geschichten.
Ernst wird es oft genug. Es gibt kaum jemand in der Stadt, der dem Leid so nahe ist. Er ist der Gründer der Düsseldorfer Notfallseesloge. Vor 22 Jahren legte er den Grundstein. Immer, wenn ihn die Polizei, die Feuerwehr, wenn ihn die Not der Menschen ruft, ist er da. Oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Teams.
Schaper zu den Gedenkstellen: „Da drücken die, die mit den Toten auch zu Opfern wurden, ihre Liebe aus. Es ist Trost, Erinnerung und Wertschätzung. Leider gibt es auch Leute, die die Erinnerungsstellen schänden."